Pazifikueberquerung – Polynesien

Die Reiseberiche 2012 Kolumbien – San Blas – Panama – Galapagos – Pazifikueberquerung – Polinesien können als PDF hier im komprimierten ZIP Format heruntergeladen werden:  zum download hier klicken

 

 

PAZIFIKÜBERQUERUNG APRIL/MAI 2012 – Tagebuch von Bernhard und Annemarie

 

A=Annemarie; B=Bernhard

 

Samstag, 21.4.2012 – Abreisetag

A:

Als ob die Tiere von ISABELA, Galapagos, es merkten, dass wir kurz vor der Abreise stehen – sie merken es und deshalb geben sich ein Pelikan und ein Pinguin ein Stelldichein direkt neben unserem Boot. Ist das Frühgymnastik, was die da betreiben? Der Pinguin schwimmt immer ganz nah vor des Pelikans Schnabel. Dieser schnappt dann nach dem Pinguin, oder tut einfach so, als ob. Jedenfalls ist der Pinguin immer der Schnellere. Eine willkommene Aufheiterung in unserer Anspannung. 2‘900 Seemeilen sind zu bewältigen, wollen wir in Hiva Oa, franz. Polynesien ankommen. D.h. 4-5 Wochen non-stopp. Und der Pazifik ist gross – riesig – enorm!

Unsere befreundeten Schiffsnachbarn kommen uns verabschieden. Auch sie wollen eine Woche später in dieselbe Richtung. Wir wollten ursprünglich zusammen reisen, doch manchmal kommt was dazwischen und schon stimmen die Pläne nicht mehr überein. Schade. Auf beiden Seiten wird gegen das Aufkommen von Emotionen gekämpft.

 

Jetzt aber Anker auf, sonst bleiben wir noch hängen. 2 Schiffe sind 3 Stunden vor uns Richtung Marquesas abgefahren. Schon sehr bald sehen wir keines mehr. Nach einem Tag segeln verschwindet auch schon ISABELA, so als würde diese Insel gar nicht existieren. Nur noch Wasser rund um uns. Sonst nix!

 

Bernhard schneidet sich Schnauz und rasiert sein Gesicht, damit der traditionelle Bart auf Langstrecken, der schon bald spriessen wird, auch einen gepflegten Untergrund bekommt. Bis zum Ziel rasiert sich Bernhard nicht mehr. Gewöhnungsbedürftig. Zumindest für mich, A.

 

Welch ein Glück, wir haben Wind und kommen gut voran. Vor 2 Wochen starteten die meisten Boote in dieselbe Richtung. 1 Woche später eine zweite Staffel. Wir geraten schon leicht unter Gruppendruck, wollten wir uns ja noch ISABELA anschauen und deshalb noch nicht reisen. Doch diese ersten Boote hatten die ganze erste Woche mit keinem Wind oder Schwachwind zu kämpfen und mussten schon vom kostbaren Diesel verbrauchen. Wir aber haben wirklich Glück. Die geblähten Segel auf raumen Kurs eingestellt, relativ niedrige Wellen. Das ist doch Wohnkomfort. Die Sonne lacht. Was will man mehr?

B:

Einmal mehr ist es wieder ein Tag des Abschieds, wo wir uns wehmütig von liebgewonnenen Freunden trennen müssen .Hie und da ist ein Tränchen nicht zu vermeiden. Zudem haben wir Kribbeln im Bauch und etwas Kopfschmerzen. Es behagt mir nicht besonders, mehr als einen Monat ganz auf sich allein gestellt zu sein. Wir starten am Mittag und nehmen zusammen mit dem Hauptsegel die Maschine zu Hilfe, damit wir hart am Wind besser Distanz zum Land bekommen. Nach etwa zwei Std. fängt es an aus dem Motorraum zu rauchen und so stellen wir die Maschine ab. Was stimmt hier nicht? Wir entscheiden, nicht umzukehren, weil wir auf Galapagos schlechte Voraussetzungen für Reparaturen haben würden. Zudem haben wir ja Segel!

So., 22.4.

A:

3 Segler überholen uns nachts. Ein Katamaran, der 3 Stunden nach uns gestartet ist. Er soll fast 1 Woche vor uns in den Marquesas ankommen! Ja, bei diesen Gefährten und dann noch ausgerüstet mit dem modernen Parasailor (ein Spinnacker ähnliches Segel) „geht die Post ab“. Die fahren dann manchmal fast doppelt so schnell wie wir. Die fliegen. Wahnsinn. Morgendämmerung: der Schreck! Ganz in unserer Nähe erblicken wir ein kleines Fischerboot, das im Wellental völlig verschwindet. Nicht allzu viel fehlte für eine Kollision. Uff. Glück gehabt!

B:

Ein Test mit dem Motor verläuft positiv. Vermutlich hat die Schräglage wegen dem hart am Wind segeln mit mitlaufendem Motor der Maschine nicht gefallen. Ich erinnere mich, dass der Auspuff wo auch das Kühlwasser vom Seewasserkreislauf raus kommt, ständig unter Wasser war.

Mo., 23.4.

A:

Mein Blick richtet sich auf eine Hand Bananen, die unter einem Solar Panel baumelt. Natürlich alle Früchte gleichzeitig gereift. So entschliesse ich mich, einen Kuchen zu backen. Eine willkommene Abwechslung im Menü und Tagesablauf.

B:

Squalls (Gewitter) zwingen uns zum Reffen. Danach Flaute. Motor läuft wieder problemlos. Dann 9kn Wind. Wir gleiten still und ohne Motor mit 5kn Fahrt über die fast wellenlose See dahin.

Di., 24.4.

B:

Sehr ruppige See. Wir kommen schnell voran. Habe etwas Kopfschmerzen und Nackenverspannung. Ich bin noch nicht an die raue See gewöhnt. Nachtwache halten wir abwechselnd etwa drei Stunden. Der pechschwarze Himmel enthüllt eine noch nie erlebte Sternenvielfalt. Am Zenit schimmert die Milchstrasse in  unendlicher Weite. Die helle Venus lässt die Wasseroberfläche nur erahnen, deshalb liebe ich mondlose Nächte nicht.

Mi., 25.4.

A:

Manchmal stockt mir fast der Atem, wenn mir bewusst wird, dass wir auf so einem riesigen Meer segeln. Mit Wassertiefen bis zu 5000 Metern. Kein Schiff in Sichtweite. Da ist kein Gegenverkehr. Niemand der an dir vorbei zieht. In einem Notfall bist du ziemlich allein!

B:

Schon drei Tage kein anderes Schiff gesehen. Eine Taktik hat sich etabliert: Wenn der Wind stärker wird, fallen wir vom Raumschotkurs, soweit es geht bis fast „Vor dem Wind“ ab: Dadurch bringen wir mehr Laufruhe ins Schiff. Wenn der Wind schwach wird, luven wir mehr an, fahren dadurch schneller, weil der scheinbare* Wind stärker wird. (*=Summe vom wahren- + Fahrtwind). Dass wir beim Anluven mehr Süd und beim Abfallen mehr West machen, spielt so weit vom Ziel entfernt, eine weniger grosse Rolle. Hauptsache, wir haben immer gleichmässig gute Fahrt.

Do., 26.4.

A:

Heute scheint unser Glückstag zu sein mit einem Traumetmal von 159 Seemeilen! (zurückgelegte Strecke innerhalb 24 Stunden). Das schlechteste im Vergleich über den Atlantik: 26 sm.

 

Und jetzt gegen den frühen Abend – Petri Heil. Bernhard im Anglerglück! Er zieht eine wunderschöne Goldmakrele an Bord. Fast schade, sie zu essen. Aber unsere Frischfleisch-Vorräte sind schon aufgebraucht. Extrem, wie schnell die goldene Haut während des Verwesungsprozesses ins Grau übergeht.

B:

Die emotionelle Teilnahme von den Daheimgebliebenen hält sich in Grenzen. Wir konnten wegen dem Internetzusammenbruch unseren Start nicht bekannt geben. Umso grösser ist verständlicherweise die Anteilnahme von Mitseglern auf dem Funknetz. Ca. 10 sind auf der Strecke und wir geben täglich unsere Position und unser Wohlergehen bekannt. Wir treffen auf einen Frachter der still steht. Über Funk erfahren wir, dass sie Maschinenschaden haben und auf Hilfe ihrer Kompanie warten. Sie haben wenig zu Essen und zu Trinken, fragen uns aber nicht nach Vorräten. Ueber das Woher und Wohin erhalten wir nur unklare Antworten. Wir segeln weiter und überlegen, ob wir ihnen vielleicht doch etwas von unseren Vorräten hätten abgeben sollen?

Fr., 27.4.

A:

Beide empfinden wir, dass uns die Schaukelei nichts mehr ausmacht und wir uns nun gut an das Bordleben gewöhnt haben. Die sogenannten Seebeine sind gewachsen!

B:

1/3 des Weges ist geschafft. Annemarie öffnet eine Bilge zwischen Motor und Küche weil Vorräte darin rumpeln. Da sieht und riecht sie Diesel! Woher mag der nur kommen? Nach der Wachablösung um Mitternacht fange ich an, die Umgebung abzusuchen. Die Leitungen sind trocken. Ein Rinnsal läuft weiter. Ich vermute, dass beim letzten Filterwechsel Diesel in die Schallisolierung des Motorenraumes gelangte und es von dort kommt und sicher bald aufhört!

Sa., 28.4.

B:

Diesel rinnt weiter in die Küche. Ich säge die Verbauung unter dem Kühlschrank weg um mehr zu sehen. Die dahinter liegende Bilge ist ziemlich voll dieses agressiv riechenden Saftes. Später entdecke ich zwischen den beidenachterlichen Backskisten Diesel hin und her schwappen. Wir räumen sie aus, entdecken drei Dieselkanister, deren Entlüftungsschrauben lecken. Reinigen alles und räumen wieder ein. Wir sind erleichtert, im Glauben, das Problem gelöst zu haben. 2 Stunden später schwappt wieder Diesel zwischen den Backskisten. So viel kann doch nicht von lecken Kanistern kommen?

So., 29.4.

B:

Ich ahne Schlimmes. Es muss vom Haupttank kommen. Was ist, wenn ein Leck an einem unzugänglichen Ort besteht? Dann müssten wir jeden Tag die Bilgen ins Meer entleeren, weil wir keine Behälter dafür haben. Das wäre dann aber nicht sehr umweltgerecht.

Mo.,30.4.

B:

Wir räumen die steuerbord Backskiste, so gross wie eine Kabine, aus um an den Dieseltank zu kommen. Trepp ab und durchs ganze Schiff zügeln wir das viele Material eine Stunde lang in die Vorkabine. Ich finde das Leck. Es ist der Anschluss vom Überlauf, der halb abgebrochen ist und bei den Rollbewegungen des Schiffes Diesel heraus schwappen lässt. Ich dichte es mit selbstverschweissendem Band provisorisch ab und reinige die Umgebung. Auch die beiden achterlichen Backskisten müssen nochmals ganz ausgeräumt und gereinigt werden. Das sind mehrere Stunden Arbeit im Dieseldampf tief unten in diesen Kisten, während das Schiff mit 7kn durch 2m Wellen torkelt! Ich glaube jetzt bin ich wirklich seefest.

Di., 01.5.

B:

Gegen Morgen wache ich durch wunderbare Düfte von frischem Brot und Kuchen auf. Annemarie hat während ihrer letzten Wache gebacken. Welch herrliche Überraschung. Wir haben viel Wind und hohe Wellen. Auf dem Funknetz hören wir, dass andere Segler Flaute haben, vor allem südlich. Auf dem Wetter-Grib werden schwachwindige Tage vorausgesagt. Heute feiern wir Bergfest (Streckenhälfte) mit einem fantastischen Kuchen.

A:

Entzückt verfolgen wir während dem Frühstück die abrupt aus dem Wasser schnellende Silberwolke, die sich schwebend über Wellenkämme und –Täler verschiebt. Ein Schwarm fliegender Fische ist wohl wieder auf der Flucht vor dem Feind.

Mi., 02.5

A:

Wie so an manchen Morgen sammeln wir alle übernachteten toten Gäste auf Deck ein. Der Verwesungsprozess hat längst eingesetzt und dieser Geruch erzeugt bei uns Übelkeit. So veranstalten wir ein Seebegräbnis. Es handelt sich um mindestens ein Dutzend fliegender Fische und mehrere Sepias, die den nächtlichen Räubern in falscher Richtung entflohen.

B:

Ein bekanntes Funknetz ist das Günternetz um 03:00 Uhr UTC auf 14135kHz. Es gibt uns das Gefühl von Sicherheit, wenn jemand an Land und viele Segler unsere Reise verfolgen.

Do.,03.5.

B:

Günter betreibt das Funknetz seit 30 Jahren ehrenamtlich. Er ist begeisterter Amateurfunker und hilft auch mit Ratschlägen bei der Installation der Seefunkstation. Wir haben dieses 81 jährige Original und seine Frau in Contadora, Las Perlas besucht. Ich finde, er macht das sehr gut, damit er auf dieser kleinen Insel nicht vereinsamt.

Fr.,04.05.

B:

Ich ändere die Segeltaktik und probiere es mit ausgebaumter Fock backbords und ausgebaumter Genua steuerbords. Wir fahren direkt aufs Ziel und das klappt gut. Dies ist die Typische Passatbesegelung. (Und sieht aus wie ein Schmetterling)

Der Fotograf getraut sich das erste Mal während der Fahrt in den Mast.

Sa.,05.05.

A:

Vollmondnacht – Silberpracht! Meine Nachtschicht geht zu Ende. Ergriffen und gebannt verfolge ich ein spektakuläres Wunder der Natur. Im Morgengrauen bettet sich der orange-leuchtende Vollmond im Westen in eine flauschig-weiche, hellgraue Wolke und legt sich behaglich schlafen. Währenddessen versucht die goldene runde Sonnenkugel im Osten, dem Mond die Show zu stehlen und verzaubert innert Minuten die Wolken und das Meer in eine entflammte Landschaft.

B:

Es stinkt immer noch nach Diesel aber es bleibt trocken. Wenig Wind, eklige Kreuzsee bei wunderschönem Sonnenschein.

So.,06.05.

B:

Die ganze Nacht begleitet uns der helle Vollmond. Wir segeln ohne Toplicht um Strom zu sparen. Wir sehen alles auf der seidenglänzenden Meeresoberfläche. Wir segeln unter blassweissen Passatwolken vor pastellblauem Himmel.

Mo.,07.05

B:

Während Annemaries Wache höre ich im Schlaf das Rattern der Winsch. Das bedeutet, Annemarie ist am Reffen. Ich stehe vorsorglich auf. Sie sagt sie sei mit fantastischen 10kn wie auf Schienen davon gebraust. Mutig, mutig. MARIPOSA kann theoretisch 8kn nicht überschreiten; Maximale Rumpfgeschwindigkeit bei Verdrängern =Quadratwurzel der Länge unseres Bootes = 3,55m x 2,43= 8.6kn. Beim Vorwindkurs merkt man die Geschwindigkeit nicht so recht, weil der Fahrtwind genau von vorne kommt und damit den wahren Wind reduziert. Zudem kommen in der Regel die Wellen genau von hinten was zur Laufruhe beiträgt.

Di.,08.05.

B:

Wir hören am Funk laut und deutlich die SY ASPASIA2, die mehr als eine Woche vor uns gestartet ist, auf dem Funk. Sie segelt ganz in unserer Nähe. Ihnen ist das Genua gerissen aber jetzt wieder genäht. Wir hätten sie gerne getroffen, aber dazu müssten wir stark in den Norden segeln, weil sie langsamer sind als wir. Die SY MISS GOODNIGHT, die mit uns gestartet ist, ist in Hiva Oa bereits angekommen. Es ist eben ein Katamaran und erst noch mit Parasailor ausgerüstet, einer Weiterentwicklung vom Spinnaker.

Mi.,09.05.

B:

Vereinzelte Wellen sind drei Meter hoch und wenn sie gerade hinter uns brechen besuchen sie uns im Cockpit.

Do.,10.05.

B:

Während der Wassermacher läuft, geht immer wieder die Kippschalter-Sicherung bei der Schalttafel raus. Ich beobachte, dass sich die Pumpe zuerst verlangsamt, auf der Ampereanzeige 20 statt 4 Amps angezeigt werden. Wenn ich die Pumpe ausschalte bleiben die 20amps bis die Sicherung “rausfliegt“. Was kann das wohl bedeuten? Ich habe leider von der Elektrik wenig Ahnung. Das ist mir ein Rätsel.

Fr.,11.05.

B:

Wir verzichten auf weitere Tests mit dem Wassermacher weil wir so weit draussen keinen Schwelbrand, der schwer zu löschen wäre, riskieren wollen. Wir haben schon das Gefühl etwas zu riechen.

A:

Frischwarenbestand nach 19 Tagen auf See:

 

1 gr. Stück Ingwer, 2 Zwiebeln, Knoblauch, 1 Apfel, 1 kl. Stück Butter, 1 kl. Stück Käse, 2 Limonen

Sa.,12.05.

B:

Sollen wir eher nach Futu Hiva oder Hiva Oa? Es sei sehr schön in Futu Hiva, aber es ist kein Einklarierungs-Ort. Wir hören auf dem Funk, es seien schon Yachten weggeschickt und gebüsst worden.

So.,13.05.

B:

SY MARIPOSA rollt wie verrückt. Nicht um sonst hat sie den Übernahmen „Gampiross“ erhalten. Kreuzsee mit bis zu 3m hohen Wellen. Ich sehne mich nach meinem standfesten Bett zu Hause.

Mo.,14.05.

B:

Der bewölkte Himmel ist pechschwarz. Der Mond kommt erst um 2 Uhr morgens. Plötzlich bricht die Sollbruchstelle bei einer Umlenkrolle der Transmission des Windpilots. Wieder ein Beispiel mehr, warum Wache halten von Vorteil ist. In so einem Fall verliert jedes Schiff den Kurs und legt sich quer zu den Wellen. Man muss das Steuer sofort selbst übernehmen.

Di.,15.05.

B:

Wir verlangsamen die Fahrt, damit wir nicht nachts ankommen. Wir sind noch nie irgendwo nachts angekommen. Eine zerklüftete Berglandschaft taucht aus dem Morgennebel. Wir haben Hiva Oa nach nur 24 Tagen erreicht. Es wurden mit dem teilweisen Raumschotkreuzen 3078sm. (Für den Atlantik brauchten wir 33 Tage obwohl die Strecke wesentlich kürzer war).

Mi.,16.05.

B:

Die Leute denken vielleicht, ich würde die Flaggenparade als Feier unserer Ankunft setzen. Aber so ist es nicht. Annemarie kann ihren Geburtstag mit Boden unter den Füssen begehen. Das Gehen macht uns allerdings Mühe. Ich schwanke und mir wird übel. Sagt man dem jetzt immer noch Seekrankheit oder bin ich landkrank?

Paul Gaugin liebte die Farbenpracht dieser Insel. Das Bild entstand auf dem Weg zu seinem Grab

 

Do.,17.05.

B:

Wir müssen uns hier wie überall zuerst bei den Behörden einklarieren. Die Vorahnung bestätigt sich. Wir Schweizer müssen einen Bond, eine Kaution von umgerechnet ca. 2500 SFr. pro Person zahlen, weil franz. Polynesien das Schengen Abkommen nicht umsetzt. Das wäre ja noch nicht das Schlimmste, weil wir das Geld vor Verlassen des Landes ja wieder zurückfordern können, sofern man vorher kein Sozialfall wird. Denn dann wird es für das Rückflugticket verwendet. Die Bank verlangt leider eine Gebühr für das Abheben und eine für das Wechseln in Euro. Beim Verlassen des Landes, wird es jedoch in polynesischer Währung zurückgegeben. Es fallen wieder Wechselgebühren an. Seit Jahren reklamieren natürlich viele Touristen. Aber dann heisst es einfach, man müsse das ja nicht machen. Heisst das, das Land nicht besuchen oder was? Trotzdem – Franz. Polynesien ist wirklich eine Reise wert. Leider ist alles unverschämt teuer. Nicht etwa wegen den Transportkosten, sondern weil hohe Steuern auch auf Inlandprodukten verrechnet werden. Wie uns verschiedene Polynesier erklärten, wollen sie trotzdem nicht von Frankreich unabhängig sein. Sie befürchten, dass der Fiskus dann noch mehr will. Wir hätten weniger Mühe an allen Orten, wo wir momentan leben, die vielen Steuern, Gebühren, Taxen und Zölle zu zahlen, wenn wir nicht auch noch in der Schweiz die Steuer bezahlen müssten.

Fr.,18.05.

B:

Wir werden auf unseren Entdeckungs-Ausflügen mehr als entschädigt. Durch die Dörfer schlendernd gehen wir einkaufen und werden überall freundlich begrüsst. Diese liebenswürdigen Menschen sind auch meist nicht auf Geld aus. Segler werden oft mit Früchten aus ihren üppigen Gärten beschenkt.

Sa.,19.05.

B:

Die eindrückliche Landschaft mit seinen bizarren Basaltspitzen im ständig wechselnden Licht ist atemberaubend. Das feucht-heisse Klima sorgt für eine üppige Flora. Es ist schon erstaunlich. Das Land ist extrem fruchtbar, jedoch dünn besiedelt. Währenddessen leben wir dicht besiedelt in Europa , wo doch im Winterhalbjahr nichts wächst und wir Schweizer können uns nicht mal ganz vom eigenen Grund und Boden ernähren. Unsere Bauern müssen für den Winter horten. Und wir horten für das ganze Leben, während die Polynesier darin keinen Lebenssinn sehen. Sie möchten lieber ein gemütliches Leben, in froher Gesellschaft geniessen. Recht haben sie. (Bevor die Europäer hier ankamen, war die Bevölkerungszahl wesentlich höher)

So.,20.05.

B:

Die Tagestemperaturen bewegen sich um die 30 Grad im Schatten. Zum Glück sind die Nächte recht kühl (23 Grad), was für einen guten Schlaf sorgt. Wenn wir nicht unterwegs sind, gehen wir um etwa 20 oder 21 Uhr ins Bett, weil es um 19 Uhr stock dunkel wird. Dafür stehen wir voll ausgeschlafen um 06 Uhr auf. Ein Grund mehr für unsere neuen Schlafgewohnheiten ist der Bord-Strom, den wir sparen müssen.

Mo.,21.05.

B:

Wir haben wegen der hohen Luftfeuchtigkeit überall im Schiff, vor allem in Holz, Leder oder Kunststoffabdeckungen Pilzbefall. Bis jetzt haben wir etliche Putzmittel,Javelle und Essig ohne Erfolg ausprobiert.

B:

Nach 13 Tagen Hiva Oa übersegeln wir in einem Nachtschlag nach Oa Pou. Als es schon dunkel ist, wollen wir das Grosssegel hissen. Da jedoch etwas klemmt, ziehe ich es wieder herunter, indem ich beim Vorliek von Hand nachhelfe und dabei in ein Westpennest greife, das sich dort in den Falten eingenistet hatte. Zum Glück erhielt ich nur einen einzigen Stich von den aufgescheuchten Viechern.

Wir werden auf jeder Insel von meist herzlichen Einheimischen empfangen, die noch viel Zeit zum Schwatzen haben. Privateigentum wird hier noch nicht abgeschlossen. Hier wird so gut wie nichts gestohlen. Fast in jeder Bucht treffen wir wieder befreundete Segler. Es ist wirklich ein grossartiger Fleck auf der Erde, von dem wir lange geträumt haben. Mehr davon in unserem nächsten Bericht.

AUSGETRÄUMT …EIN TRAUM WIRD WAHR! FRANZ. POLYNESIEN 2012 – TEIL 1

 

So manches Jahr verfolgten uns Südsee-Träume. Dorthin zu gelangen auf eigenem Kiel – das wär schon was Abenteuerliches für uns zwei so Sicherheitsbedürftige. So verinnerlichen wir uns die Ermutigung:
„Man entdeckt keine neuen Erdteile ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren“ (André Guide)
Et voilà – hier sind wir nun, leben unseren Traum und werden aufs Herzlichste von vielen Inselbewohnern begrüsst und willkommen geheissen. Viel Freundschaft und Lebensfreude verbreiten diese mehrheitlich stämmigen und muskulösen Menschen mit ihren dunklen Augen, ernsthaft, in sich ruhend und doch so freundlich dreinbli-ckend. Die Nase breit, die Lippen voll. Die Haut kaffeebraun, die Haare schwarz. So, die unvermischten Polynesier, wie wir sie wahrnehmen. Captain Cook beschrieb sie 1769 in seinem Logbuch als gross und schlank. Wir aber treffen inzwischen auf meist Übergewichtige.

 

MARQUESAS

HIVA OA
Pfingsten. Strahlend blauer Himmel. Einmal mehr. Wir spazieren in das Dorf und werden von wunderbaren, kräftigen, reinen Chorstimmen angelockt. Da sitzen sie, in der offenen Kirche – Männer, Frauen, Kinder. Alle singen sie aus Leibeskräften und voller Hingabe. Diese Stimmen, sie gehen unter die Haut. Die ganze Predigt scheint an diesem Morgen gesungen zu werden. Wir sitzen vor der Kirche draussen. Aufmerksames Lauschen. Die mehrstimmigen Melodien berauschen.
Kontrastreich das alltägliche und frühmorgendliche Konzert rund um die Ankerbucht. Hähne krähen um die Wette. Das Federvieh läuft hier überall frei herum, kann sogar auf Bäume hochfliegen um sich einen Schlafplatz zu sichern oder Mamma Huhn spaziert mit ihren Jungen durch bewaldete Hügel, auf der Strasse, auf der Hafen-mauer oder wo es gerade beliebt. Von Einheimischen hören wir, dass diese Tiere jedem gehören, der will. Also, willst Frischfleisch – fang dir ein Güggeli.
Mit Seglerfreunden mieten wir ein Auto. Die berühmten TIKI (Steinskulpturen aus der alten polynesischen Zeit, die Götter darstellen) wollen wir uns in einer abgelegenen Waldgegend aufsuchen. Die Landschaft bis dorthin veranlasst uns immer wieder anzuhalten und zu staunen oder auch zu fotografieren. Kurz vor der Kultstätte machen wir eine Rast und fragen Einheimische nach dem Weg. Haben wir das falsch verstanden? Immer mehr geraten wir in dichten Dschungel und schon bald schafft es unser 4-Rad-Antrieb durch den motorhaubenhohen grasbewachsenen, steil abfallenden Weg nicht mehr. Doch da, ein Wendeplatz ganz unten am Meer. Nein, das ist definitiv nicht der Ort, wonach wir suchten. Alles wieder zurück und nochmals genau fragen und hinhören. Jetzt klappt’s. Diese Götterskulpturen, höher als 2 Meter, stehen in einer Waldlichtung und lassen alte Geschichte der Polynesischen Kultur aufleben. Auffallend sind die grossen Augen, wie Darstellungen von Ausserirdischen. Wir fragen Einheimische, die etwas mehr Kulturkenntnisse haben, was das wohl bedeuten mag. Sie meinen, diese Götter hätten vorausschauend gewirkt um das Volk vor Unbill bewahren zu können.

Eine andere Frage ist uns, weshalb auf allen Marquesas Inseln auffallend viele Transvestiten anzutreffen sind. Diese Menschen werden aber völlig auf natürliche Weise im alltäglichen Leben integriert. Die Einheimischen scheinen da keinen Unterschied zu machen. Eine etwas heikle Frage. Doch wir bekommen eine Erklärung – Die frühen Polynesier der Marquesas waren ein Kriegervolk. Um die Götter weiterhin
auf ihrer Seite zu wissen, opferten sie Menschen – mit Vorliebe kräftige Krieger. Niemand in den Familien wusste, wann ein männliches Familienmitglied als Opfer ausgewählt wurde. Um den Fortbestand von Familienblut zu sichern, wurde 1 männliches Familienmitglied wie ein Mädchen erzogen und auch gekleidet. So ihr Ausweg. Diese Tradition hat sich bis heute gehalten. Für den Wahrheitsgehalt dieser Erklärung
übernehmen wir keine Garantie.
Eine Wanderung führt uns zuerst auf einen Dorf-Hügel, wo der alte Friedhof zu finden ist. Dort liegen bekannte Grössen wie Paul Gaugin und Jacques Brel begraben.

Die Gräber umschmeichelt vom Blütenduft der Frangipani-Bäume und von Yasmin- Hecken. Die Aussicht in die Berge und hinunter auf das Meer sind atemberaubend. Wir aber wollen noch höher. Hinauf, bis zum weissen Kreuz, das weitherum sichtbar ist. Dort angekommen, verändert sich die Aussicht. Abwechslungsreich. Was doch so ein kleiner Höhenunterschied ausmacht. Wir kommen auf den Geschmack und
machen noch mehr Höhe bis wir von aggressivem Hundegebell über unseren Köpfen „ausgebremst“ werden. Mir, A, stehen wieder alle Haare zu Berge und somit geben wir klein bei und steigen ab.

Beinahe vergessen wir die Navigation beim Herannahen an die Insel. Was sich uns da als Kulisse bietet, übertrifft alles. Eine grandiose Landschaft mit hohen Basaltzacken – einem Dom oder Märchenschloss ähnlich.
Auf unserem Weg ins Dorf zur Gendarmerie werden wir von Jung und Alt freundlich gegrüsst. Sie scheinen mit den „Touris“ keine Berührungsängste zu haben. Zurück auf dem Schiff nähert sich uns ein Dinghy. Ein französischer Mann lädt uns für den Abend auf den Hafenquai ein, seine Zirkusshow, die er zusammen mit seiner Frau aufführt, anzusehen. Beide sind Zirkusprofis und leben auf einem Segelschiff. Sie finanzieren sich ihre Reise auf diesem Weg. Ein wirklich lohnenswertes Erlebnis.

Ihr Schiff wird zur Zirkusbühne und das Rigg zum Trapez. 1. Stück – eine Parodie auf das Alltagsleben eines Seglerpaares. Ei, was haben wir und ganze Schulklassen herzhaft gelacht. 2. Stück – romantische Akrobatik und „Trapezkünste“ unter Einsatz von Stagen, Wanten und Fallen des Schiffes. Eine entsprechende Musik begleitet ihre vollendeten, geschmeidigen Bewegungen. Ein gelungener Abend mit einer natürlichen Hintergrundkulisse, die dramatischer nicht hätte sein können. Bilder

Morgendämmerung. Wir trinken Tee und machen uns frühmorgens auf „Baguettes-Jagd“. Spätestens um 0700 wollen wir in der Bäckerei stehen. Noch im Halbdunkel lassen wir uns per Weckerläuten aus den Federn schütteln. Also, ab ins Dinghy, strammen Schrittes dem Strand entlang und ins Dorf. „Désolé, plus de Baguettes!“ Wie bitte? Wir sollen in Zukunft zwi-schen 0400 und 0600 kommen um sicher zu gehen, ein so herrlich, knuspriges Brot zu bekommen. Ja, die Polynesier sind ab 0400 auf den Beinen!

Auf unserem Rückweg zum Dinghy stehen wir vor einer geschnitzten Holztafel eines Schulgebäude-komplexes. Wir versuchen die Symbolik zu interpretieren, bekommen dabei glücklicherweise die Hilfe des in der Gartenanlage stehenden Schulleiters. Sein Nebenberuf: „sculpteur“. Er und vier weitere Künstler schnitzten diese Tafel. Also bekommen wir kompetent Auskunft. Im Anschluss lässt er uns ein TIKI (Götterskulptur), den er in Bearbeitung hat, „unter die Lupe nehmen“. Auf unsere Frage, weshalb dieser TIKI so gekrümmt und mit traurigen Augen dasteht, erklärt er: „Ihm gefällt die weltweite Entwicklung unter den Menschen gar nicht!“ – Übrigens will er diese Holzskulptur für mindestens 2000 Dollars verkaufen. Liegt dann doch nicht in unserem Budget. Schade.

Wechsel in die HAKAHETAU-Bucht.– Jeder Buchstabe wird einzeln ausgesprochen.
Versuchts doch mal!

Gegrüsst wird in den Marquesas: in Tahiti hingegen:

Taoha : guten Tag iaorana

Apae: auf Wiedersehen, tschüss nana

Wir sind ja anpassungsfähig!
Jetzt aber wollen wir mal in die Höhe steigen. Zusammen mit 2 jungen Norwegerinnen wandern wir aufs „Gratwohl“ los. Nach ca. 1 Stunde stehen wir vor der Zufahrt zu einem Bergbauernhaus. Mit viel Liebe scheint da jemand das terrassierte Gelände zu gestalten. Pflanzen in allen erdenklichen Farben in blauen Terracotta-Töpfen, Bananenstauden, Grapefruit-Bäume, Zitronengewächs, Kokospalmen, Wildäpfelbäume, Carambole(Sternenfrucht)-Sträucher, Papaya und Mangobäume, Kakao- und Kaffee dazwischen und überall picken Hühner, Hähne und Küken im organischen Abfall. Gespart wird auch nicht mit allerlei Kräutern für die Küche. Wir stehen da und bewundern und rufen, ob jemand zu Hause ist. Ja, da kommt sie schon, die Bäuerin. Thérèse. Eine Polynesierin. Sie spricht französisch und so fällt mir einmal mehr die ÜbersetzerinnenRolle zu. Ihr Mann, ein Deutscher, würde sich über Besuch freuen, der seine Sprache spricht. Meint sie. Sogleich ruft sie ihn über Handy an und 10 Minuten später kommt Manfred mit seinem Allrad-Gefährt aus dem Dorf zum Haus gefahren. Gerne zeigt er uns all seine Erfindungen. Er will möglichst autark leben. Gelingt ihm mit seinem Einfallsreichtum recht gut. Wir werden zu selbst geröstetem Kaf-fee eingeladen. Ein Löffel Eigenproduktion von Schokoladepralinen durchsetzt mit eigenen Macadamia-Nüssen. Könnte was werden mit einer grösseren Produktion, hätte er die notwendigen finanziellen Mittel. Doch er gibt sich zufrieden mit von uns geschenkten alten Seilen, um seine vielen Pferde, die sich in den Wäldern aufhalten, anzubinden. Zu guter Letzt präsentiert er mit Stolz seine, aus einfachsten Mitteln, selbst gebaute Wasserkraft-Anlage.

Seit über 20 Jahren leben dieser Mann und seine Frau, der das ganze Grundstück gehört, dort oben in den Bergen von Ua Pou. Ein bescheidenes Leben. Von dem, was sie an Früchte haben, kaufen wir ihnen gerne eine tragbare Menge ab. Wir haben ja auch noch den ganzen Rückweg vor uns. Sie beschenken uns grosszügig aus ihrem Garten, so, wie viele der Inselbewohner dies tun. Eines Tages stehen wir vor dem Garten von Myriam und gucken zu, wie sie ihn fein säuberlich pflegt. Wir grüssen, wechseln ein paar Worte und schon offeriert sie uns von ihren köstlichen, saftigen Mangos. Frisch gepflückt schmecken sie um Welten besser!
Ein anderer Spaziergang führt uns oberhalb der Bucht zu Yvonne & Etienne. Beide ein älteres polynesisches Paar. Wenn ich älter sage, wird mir (A) bewusst, dass wir ja auch bald dazu gehören, da fast gleichen Alters. Während Etienne gerne einiges über ihre alte Kultur leidenschaftlich erzählt, zeigt uns Yvonne mit leuchtenden Augen ihr selbst erschaffenes Kunsthandwerk aus Naturmaterialien. Ich (A) komme nicht umhin, diesen Ort nach einer spontanen Einladung zum Mittagessen erhobenen Hauptes, das ein raffiniert geflochtener Hut ziert, zu verlassen.
NUKU HIVA
4 Ankerversuche. Dann endlich beisst unser Anker im schlickigen Grund der Hakatea-Bucht. Befreundete Segler legen uns ans Herz, das kleine Dörfchen im Tal hinter dem an die Bucht grenzenden grünen Baum und Busch bestandenen Hügel aufzusuchen. Dort können wir uns wieder mit Frischwasser und Früchte eindecken und die Bewohner werden als sehr freundliche Leute gelobt. So machen wir uns also am darauffolgenden Tag auf den Weg. Aber welchen müssen wir nehmen? Das haben wir total vergessen zu fragen. Ein Trampelpfad, der muss es sein. So folgen wir ihm, kommen an Rindvieh vorbei, die sich in den Mangroven im Schatten aufhalten, wohl, um keine Sonnenallergie zu bekommen. Immer höher windet sich der Pfad. Spuren von Huftieren sichtbar, verlassen wir diesen Pfad nicht. Ein Fragezeichen für uns sind die vielen Spinnfäden auf Gesichtshöhe. Sollen da vor kurzem Menschen den Weg begangen haben? Wir bezweifeln das. Doch Steinmännchen als Wegmarkierung sind doch ein deutliches Zeichen dafür. Plötzlich raschelts im Tamarinden-Wald. Eine aufgescheuchte Waldkatze springt schnellstens davon und versteckt sich hinter einem grossen Felsblock. Ein paar Minuten später öffnet sich der Wald zu ei-ner Lichtung und wir stehen inmitten einer uralten Kultstätte. Im Hintergrund eine senkrechte Felswand. Eine riesige Plattform aufgebaut aus auf und ineinander geschichteten Felsbrocken. Ein Ziegenkopfskelett ziert das Gebilde. Perfekt, uns die wildesten Geschichten auszudenken! Weiter führt der Weg nicht mehr und so steigen wir unverrichteter Dinge wieder ab. Wo aber führt der Weg ins Dorf? Kurz vor der Bucht gelingt es uns, in den Mangroven fast verloren zu gehen. Nichts zu trinken, nichts zu essen. Wir müssen den Weg finden! Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute….
Zurück im Ankerfeld informieren wir uns nun genau über diesen Weg zum Dorf und stehen dann anderntags tatsächlich nach dem Durchwaten eines Baches vor dem Haus von Kua und Teiki (jeder Buchstabe einzeln…) Ungestüm kommt Teiki aus seiner Früchtekultur zum Haus gerannt. Eine Gesichtshälfte tätowiert, ein Ohr mit Holz-keil perforiert (selber), dunkle Augen, schwarze Locken, kräftig sportliche Figur, kaffeebraun seine Haut. Abrupt bleibt er vor uns stehen, gestikuliert, ruft seine Frau Kua, und begrüsst uns per Handschlag. Beide jung, dynamisch. Bauersleute. Früchteanbau grösseren Stils. Wir kommen ins Gespräch und vereinbaren gegen Bezahlung ein Mittagessen bei ihnen zusammen mit anderen Seglern. Menu surpirse. Garantiert alles frisch, gesunde und einheimische Küche.

Teiki wird nervös über all meine vielen Fragen und zerknüllt spontan meinen Notizzettel, wo ich mir die Namen aufschrieb. Ich könnte ja eine Journalistin sein – so sei-ne Erklärung für sein Tun. Konsterniert machen wir uns Gedanken über diese Reaktion und kommen zum Schluss, dass in den Medien ja wirklich viel Unsinn verbreitet wird. (Vor einem Jahr wurde ein Deutscher Segler tot aufgefunden. In den Medien wurde von Kannibalismus gesprochen. Uns werden hier von Einheimischen mindestens 3 verschiedene, aber deutlich weniger dramatische Varianten vorgelegt). Deshalb nehmen wir seine Entschuldigung per Handschlag an. Er scheint erleichtert zu sein.

Das Mittagessen anderntags ein volles lukullisches Vergnügen:
– Frischer Bach-Kresse/Gurkensalat an Bananendressing
– Brotfrucht vom Feuer, Taro in Olivenöl
– Tintenfisch (nachts gefangen von Teiki) mit grünen, gekochten Papayawürfeln an sauce lait de coco
– Nachts gefangene Flusscrevetten auch an Cocos-Sauce
– Dessert: Chaussons aux bananes, fruit de passion et limon
– Zum Trinken eisgekühlter, gesüsster, frischer Limonensaft
Wir verlassen die beiden Jungbauern nicht, ohne dass uns Kua ein wunderbares Teerezept mit Zutaten mitgibt:
1 Zweig frischer Basilikum oder Zitronenthymian
1 Fingerbeeren grosses Stück frischen Ingwer in Stücke geschnitten
½-1 Limone gepresst
Alles mit gekochtem Wasser übergiessen
Süssen
Auskühlen und in einer Flasche in den Kühlschrank
Kalt trinken. Herrlich erfrischend!
Dicker Bauch, schwere Beine. Das schreit nach Wanderung! Deswegen entschliessen wir uns anderntags, 2 Stunden durch das Tal bis zum Wasserfall zu wandern. Abwechslungsreich führt uns der Weg durch Früchteplantagen, Bäche, deren Steinbett mit gurgelndem Wasser um- oder überspült werden, wollen durchquert werden (das geht nicht ohne nasse Füsse zu bekommen), mal windet sich der von Baumwurzeln überwachsene Weg in die Höhe, dann wieder runter. Mangobäume stehen inmitten des Waldes. Behangen mit unzähligen Früchten. Herrlich saftig und süss. Wohl extra für durstige Wanderer. Weniger herrlich die Fruchtfleischfäden, die dann zwischen den Zahnspalten hängen bleiben. Aber was soll‘s. Geschmeckt hat’s köstlich. Für das letzte Wegstück liegen Sturzhelme bereit für den Fall von Steinschlag den Felswänden entlang. Gespannt suchen wir das über 300 Meter in die Tiefe stürzende Wasser. Welche Enttäuschung. Nur das aller unterste Stück, das ins Becken fliesst, wird sichtbar. Na ja, der Weg als solcher hierhin hat sich doch gelohnt.

Bevor wir nun die Bucht verlassen, tauschen wir mit einer Einheimischen auf deren Wunsch 1 Flasche Olivenöl gegen Früchte. Sie überhäuft uns mit Pomelos, Grapefruits, Bananen, Mangos, Limonen, Papaya, Kokosnuss, Kürbis. Wir sind kaum in der Lage, diese Menge in unseren Rucksäcken bis zum Dinghy zu tragen. Mit dieser kostbaren Fracht reisen wir anderntags in die benachbarte Taiohae-Bucht und treffen hier im Hauptort von Nuku Hiva auf altbekannte Gesichter. Dieses Aufeinandertreffen löst jedes Mal grosse Freude aus. Nicht lange und wir sitzen zu sechst in einem Mietauto und erkunden die Insel.

Ein Ereignis löst das andere ab. So lassen wir uns an einem Abend von traditionellen Kriegs.- und Feuertänzen sowie einer mitreissenden Perkussion der Gruppe „Henua-Haka“ verzaubern. Schon die Kleinsten tanzen und trommeln mit voller Konzentration und Hingabe. Alles wirkt recht spielerisch.

Aber wie das im Leben so ist – nicht alles eitel Sonnenschein! Unser Hauptmotor stottert und schlottert. Stunden vergehen für Bernhard um Verschleissteile zu wechseln, div. Filter zu wechseln und schliesslich findet er den Übeltäter. Der Diesel-Vorfilter sieht schwärzer wie die Nacht aus. Ein Austausch bringt den vollen Erfolg. Der Motor schnurrt zufrieden.
Getragen von der Freude über diesen Erfolg setzen wir uns ins Dinghy und wollen das unseren Freunden mitteilen, die auch ihre Überlegungen zu dieser Motorengeschichte beisteuerten, Ihr merkt es schon! Wollen! Auf halber Strecke zu ihnen, bringt unser Aussenbordmotor nur noch halbe Leistung. Seglerwahnsinn! Reparieren, an den schönsten Ankerplätzen der Welt!

Zurück, wieder auf Fehlersuche. Teile auseinander nehmen. Reinigen. Ersetzen. Aber diesmal ohne Erfolg. Wir lesen das ganze Handbuch mit dem Fehler/Ursachen-Abschnitt durch und finden nichts, was wir nicht schon getan haben. Nun hilft nur noch, ein Segler, von dem wir wissen, dass er grosse technische Kenntnisse besitzt um Hilfe zu fragen. Dabei werden auch gleich unsere Englischkenntnisse gefordert, da er Engländer ist. 1 Stunde wird gemeinsam gearbeitet und hurraaaaa – alles wieder o.k. Das, gegen 1 Nachtessen bei uns auf dem Schiff. Geld will er keins annehmen.

So lernen wir ihn uns seine humorvolle Frau bei dieser Gelegenheit besser kennen. Mit ihnen und Schweizer Seglerfreunden reisen wir im Verband während 7 Tagen in die Tuamotus. Gar nicht so einfach, über die ganze Strecke alle 3 Schiffe beieinander zu halten. Immer kommt mal einer über Nacht „vom Weg ab“ oder ein anderer wird zu schnell. Am Morgen suchen wir einander und finden – oh Wunder der Technik – wieder zusammen.

Früher und letzter Morgen vor dem Einlaufen in das grösste Atoll dieser Inselgruppen:

RANGIROA
Die Spannung steigt. Noch in der Morgendämmerung erblicken wir die Leuchtfeuer des Tiputa-Passes. Es handelt sich hierbei nicht um einen Bergpass. Nein! Es ist eine Öffnung im Ringriff um in diese Riesenlagune rein zu gelangen. Nur – durch die Gezeiten und der schmalen Öffnung (es könnten sich 2 grosse Segelschiffe an der engsten Stelle kreuzen) wegen entsteht teilweise starke Strömung. Jetzt gilt, Niedrigwasser abzuwarten und dann noch ca. 1 Stunde dazu, bis das sog. Stillwasser eintritt. So sollten wir dann nicht gegen Strömung und hohe Wellen, die entstehen, wenn Strömung gegen Wind steht, kämpfen müssen. Über Funk bekommen wir von drinnen am Ankerplatz liegenden Yachties ein paar nützliche Hinweise. Gegen die Mittagszeit ist es dann so weit. Die Wellen beim Pass werden deutlich kleiner bis sie dann fast abflachen. Wir fahren unter Maschine als Erste rein, die beiden anderen Schiffe mit Motorenschaden unter Segel hinterher. Über Funk geben wir den beiden nachfolgenden Boote durch, wie sich die Strömung „anfühlt“. Alles geht reibungslos und jeder findet seinen geeigneten Ankerplatz.

Nun bleibt uns Zeit, sich über die Ausmasse dieses gigantischen Atolls Gedanken zu machen. Es gilt als zweitgrösstes der Welt. Sein Riffring kommt auf ca. 180 km und. besteht aus ca. 240 kleinen oder kleinsten Inselchen, die kleine Öffnungen mit meist seichtem Wasser lassen. Teilweise bewohnt sind diese schmalen Erdstreifen mit einem beachtlichen Kokosnuss Palmenbestand.. In seiner Längsausdehnung wurden ca. 73 km! gemessen und die breiteste Stelle zählt stolze 31 km! Jetzt versuchen wir uns eine Strecke von unserem damaligen Wohnort in der Schweiz vorzustellen. Wir
können nur noch staunen. Versucht es mal selber. (Natürlich ist das völlig unseemännisch – oder frauisch – in km und nicht in Seemeilen zu rechnen).
Ein vielfältiger Fischbestand in glasklarem Türkiswasser lädt zum Schnorcheln und
Tauchen ein.

Die Taucher, zu denen wir nicht gehören, geniessen einen Tauchgang besonderer Güte durch den Pass. Da begegnen sie einer anderen Salzwasser-Tierwelt. Haie, Rochen, Delfine. Moränen …Wir lassen es uns erzählen und spüren ihre Begeisterung.
Der Archipel TUAMOTUS hat aber in der Schmuckbranche Weltberühmtheit erlangt. Perlenfarmen. Meist Familienunternehmen. Schwarze Perlen! Eigentlich sind sie in den schillerndsten Regenbogenfarben im Verkauf. Wirklich schwarz sind keine. Die sind in verschiedenste Güteklassen eingeteilt. Interessierte finden bestimmt im Internet genügend Informationen. Natürlich beschenkt mich Bernhard mit einem dieser dekorativen Schmuckstücke, bevor wir nach ein paar Tagen Aufenthalt weiter zu den Gesellschaftsinseln reisen. Die Zeit drängt. Den Schweizern werden nur 3 Monate Aufenthalt in dem wunderschönen Gebiet Franz. Polynesien gewährt. Für uns heisst das konkret, Mitte August raus! Wie sind wir doch enttäuscht, dass das Schengen Abkommen mit Frankreich hier nicht umgesetzt wird! Also, Anker hoch.
Wir steuern in einer ruppigen Fahrt am Wind direkt Moorea an. Nicht Tahiti. Dorthin gibt’s Fährbetrieb, den wir nutzen wollen. Das ergibt eine 1 1/2 Tagesreise. Unterwegs holen wir per Funk-E-Mail die Wetter-Daten. Da kommt gleichzeitig noch ein Mail rein von unserem Agenten, der uns in Franz. Polynésien einklarierte. „La loi pour le séjour des personnes suisses vient de changer. Vous pouvez rester autant vous voulez en polyn. Française ! » Fassungslos. Dann Freudensprung.
PLÄNE GEÄNDERT ! WIR BLEIBEN BIS NÄCHSTES JAHR IM MAI UND IN DER ZWISCHENZEIT NEHMEN WIR UNS VIEEEEEEL ZEIT FÜR DIE GESELLSCHAFTSINSELN.
Davon erzählen wir im nächsten Bericht. Momentan sind wir mit dem Schiff in Tahiti und natürlich gab‘s auch hier am Ankerplatz Begrüssungsszenarien und andere erfreute Schweizer Segler, die kurzum auch ihre Tempo verlangsamen. Mit den einen oder anderen werden wir sicher ein Stück gemeinsames Reisen verbringen.

MOOREA

Nach 4 Tagen mit sehr unterschiedlichen Winden fahren wir durch die umbrandete Riff-Passage und bis weit nach hinten in die Cooks Bay. Nachdem wir in den Tuamotus keine Erhebung über vier Meter gesehen haben, erfreuen wir uns an den satt-grün bewachsenen Hängen, wohin das Auge reicht und besonders an einer sehr abwechslungsreichen, langen Waldwanderung. Der Weg, gesäumt von Nadelbäumen, die wir noch nie gesehen haben, führt in einen Dschungel und durch eine Schlucht, die an einer Stelle nur mit riesiger Bambusvegetation überwachsen ist. Fast glauben wir uns in einem Labyrinth. Vor dem Ziel noch eine kurze Kletterpartie und schon erreichen wir den mit niedrigem Buschwerk bestandenen Bergrücken mit grandioser Rundumsicht. Unser Aussichtspunkt heisst: „Les trois Cocotiers“. Wir zählen allerdings nur noch zwei Kokospalmen, aber anhand von Jungpflanzen, die wir entdecken, scheinen Bemühungen im Gange zu sein, dem Namen dieses Aussichtspunktes wieder zur vollen Grösse zu verhelfen.

TAHITI

Schlaraffenland. Ein riesiges Einkaufcenter, Carrefour. Hier ist alles zu bekommen, was das Herz begehrt. So etwas haben wir seit Monaten nicht mehr erlebt. Da unsere Vorräte auf dem Schiff sich doch sehr dünn gemacht haben, nutzen wir die Gelegenheit reichlich. Auch sind wir Tag für Tag hauptsächlich damit beschäftigt, für unseren schwimmenden Untersatz Bestandteile zusammen zu suchen. Hier machen wir auch die nötig gewordenen medizinischen Vorsorgeuntersuchungen. Die medizinische Versorgung ist hervorragend. Die Ärzte nehmen sich viel Zeit für jeden Patienten und arbeiten sehr genau. Dennoch kostet es nur einen Bruchteil wie in der Schweiz. Umso mehr sind wir erstaunt und enttäuscht, dass unsere teuren Krankenkassen EGK und CSS im Ausland nur Notfälle bezahlt. Noch mehr erstaunt, aber nicht enttäuscht sind wir schon in den ersten Tagen auf dieser Insel. Trotz Grossstadtnähe werden wir unweit von unserem Ankerplatz bei einem Spaziergang von einer Polynesierin angesprochen. Sie will offensichtlich nur etwas mit uns plaudern. Kurz bevor wir uns trennen offeriert sie uns Früchte aus ihrem Garten. Dazu nimmt sie uns mit dem Auto mit, stellt uns zu Hause Mann und Kinder vor und die Taschen vollbeladen, fährt sie uns wieder zurück. Telefonnummern werden ausgetauscht. Der Kontakt bleibt vorläufig bestehen. Papeete, Grossstadt, lärmig durch den intensiven Strassenverkehr. Die Polynesier sind sehr Auto orientiert. Da gibt’s nur wenige Ausnahmen ohne Fahrzeug. Entsprechend schlecht dann auch die öffentlichen Verkehrsmittel. Es ist Sonntag. Unser Schiff liegt ausserhalb der Stadt an einem Ankerplatz. Wir aber wollen in der Stadt Seglerfreunde treffen, laufen guter Dinge zur Bushaltestelle. Da keine Busfahrpläne bestehen, warten wir. Warten wir. Warten wir. Wir bleiben allein an der Haltestelle. Schon eine halbe Stunde vorbei und weit und breit kein Bus. Was nun? Daumen raus. Autostopp. Es klappt. Wir werden bis in die Stadt mitgenommen. Auf unsere Frage, wie oft denn die Busse sonntags fahren bekommen wir zur Antwort: „Nie!“

HUAHINE
Mt. Tapu
Eine Bergwanderung, ganz nach des Schweizers Geschmack. Um 7 Uhr Frischmorgenzeit decken wir uns auf dem Früchte/Gemüsemarkt hier in Fare, dem Hauptort, mit einer natürlichen Magnesium Bombe (Bananen) ein. Abmarsch, los. 1 ½ Std. entlang einer wenig befahrenen Auto-Strasse und eines idyllisch gelegenen Salzsees, bis wir am Ausgangspunkt unserer Berg-Wanderung unsere zu vielen Bananen in ein Gestrüpp hängen. Wer in diesem Moment mehr erschrickt, das aufgescheuchte und laut gackernde, buntgefiederte Huhn im Dickicht oder wir Ungefiederten, das ist schwierig auszumachen!
Von dort geht’s einen zementierten Weg zu einer Radio und Fernseh-Antenne den Berg hoch. Wo aber beginnt hier unser Bergweg? Ja, genau, rechts hinter dem Gitter der Antennenstation lässt sich ein winziger Pfad ausmachen. Den nehmen wir! Stillstand vor ein paar grösseren Felsbrocken. Da hoch???? Wirklich. Da hoch! Über den Felsbrocken ist er deutlich erkennbar, der schmale Pfad. Steil. Steil. Und das während 1 ½ Stunden. Wir kraxeln, schnaufen unüberhörbar, ziehen uns an Baumwurzeln, Baumstämmen und Felsbrocken hoch. Höher, immer höher schlängelt sich der Pfad zwischen sattgrünem Gestrüpp. Zwischenhalt mit Prachtaussicht hinunter auf die Nordküste der Insel. Dann weiter. Kurz mal ein Zögern. Sehr exponiert, diese Stelle. Jetzt bloss nicht runter gucken. Doch wir erreichen die Anhöhe und stehen nur auf ca. 430 M über Meer. Doch das fühlt sich luftig hoch an. Was macht bloss dieses Grab hier auf dem Gipfel? Ein Tiki-Steingesicht als Grabstein. Schirmmütze, Muscheln, Münzen und ein Pflänzchen. Die Antwort auf Mont Tapu (Tabu!)? Auch wir hinterlassen ein kleines Andenken, setzen uns dann in der Nähe unter einen Schatten spendenden Busch und geniessen die Aussicht. Wahnsinn. Wir überblicken die Motus (vorgelagerte Inselchen) auf der Nord-Ost-Seite Huahines mit all den Nuancen von Türkisblau und Grün der Lagune. Am Festland erheben
sich üppig bewachsene grüne Hänge. Welch eine Pracht und Belohnung für den anstrengenden Aufstieg.

Gestärkt machen wir uns nun wieder an den Abstieg. Der lässt sich besser bewältigen, als angenommen. Kurz vor der Antennen-Station verliert Bernhard eine Sekunde den Halt. Kein Wunder. Seine neu gekauften, bequemen Wanderschuhe zersetzen sich in Bestandteile. Die Gummisohle schon zur Hälfte losgelöst und Teile davon zerbröselt und verloren, der Rest der Sohle zersetzt mit Rissen. Unten an der Hauptstrasse angekommen, bleibt kaum noch was von der Sohle am Schuh. Also reisst Bernhard den Rest weg und schleicht auf leisen und extrem weichen Schuh-Innen-Gummis den Rest des Weges bis zum Dorfladen . Die Kassierin wundert sich ob des federnden Ganges. Wir erzählen ihr den Grund. Sie ist aber mehr entsetzt, dass wir ohne Führer diesen Berg in Angriff nahmen, sind doch schon Leute von dort oben abgestürzt. Ein Kunde hört mit und blickt belustigt drein. Den fragen wir dann gleich, ober er zufällig in unsere Richtung fährt und uns ein Stück in seinem Auto mitnehmen kann. Er kann und tut es. Trotz Schuhe zum Wegwerfen (waren diese als Einwegschuhe gedacht?) – die Wanderung hat sich allemal gelohnt. Es ist Mitte September. Wir kommen vom Einkauf zurück und fragen uns: „Wie kommt die MARIPOSA“ zu ihrem Kind. Da schwimmt und kuschelt ganz nah ein riesengrosses Baby an des Schiffes Rumpf. Ja. Ein Baby. Ein Walmädchen, ca. 4 ½ Meter lang. In unserer Nachbarschaft liegt ein Schiff mit einer Gruppe, die angeblich Meeressäuger studieren und machen sich grosse Sorgen, dass dieses Walbaby bald stirbt. Es scheint seine Mutter draussen im tiefen Gewässer verloren zu haben und nun sucht es verzweifelt danach. Dockt von Schiffsrumpf zu Schiffsrumpf an und hofft auf eine Adoptivmutter.

Aber unsere MARIPOSA eignet sich schlecht dazu. Dafür wird sie zum Aufenthaltsort unzähliger Schnorchler und Taucher (auch hübsche Nackedeis sind darunter), die diese einmalige Gelegenheit nutzen, einen Wal aus nächster Nähe zu betrachten oder gar zu streicheln. Wir haben Verständnis, aber für das arme Tier wird dieser viele Besuch dann doch etwas stressig. Zum Glück dunkelt es ein und so verschwinden dann auch all diese Bewunderer, Streichler, Schmeichler, Trauernde, Entzückte, Experten oder Möchtegernexperten. Nachts hören wir ab und zu ein Schaben, Saugen oder Klopfen am Schiffsrumpf.
Am Morgen sucht uns der stolze Chef der Gruppe für Meeressäugerstudien auf und fragt uns, ob wir unser Schiff an einen anderen Ankerplatz verlegen würden in der Hoffnung, dass sich das Baby löst und er und seine Equipe dieses Tier nach Draussen in die Tiefe zur Walgruppe begleiten könnten. Doch noch vor dieser Frage wollte die Gendarmerie, dass sich alle Boote aus der Bucht entfernten, so dass das Tier dann draussen bliebe und die Boote später wieder ankern könnten. Nachdem dies alles besprochen (die meisten Boote blieben), die Gendarmerie, die Pompiers, der Chef der Studiengruppe sich mit ihren Booten von uns entfernen, taucht ein anderes Boot auf. Zwei Einheimische mit einem riesigen Topf (ca. 30 l) Milchgemisch für das Baby und ein junger Mann, der eine Reportage für das Fernsehen drehen will. „Dürfen wir die Pfanne auf euer Deck stellen und von da einen langen Schlauch runter ins Wasser ziehen, damit der Taucher dem Baby die Milch einflössen kann?“ – „Ihr dürft.“ Wir denken, die gehören zur selben Equipe der Studiengruppe. Doch weit gefehlt. Während sie beginnen, das Walbaby vor dem Hungertod zu retten, braust der Chef der Studiengruppe heran. Beide Interessens-gruppen beschimpfen sich lauthals. Die Wünsche gehen weit auseinander. Während die Einheimischen versuchen, das arme Baby vor dem Verhungern zu retten, in der Hoffnung, dass es kräftig genug wird, hinauszuschwimmen, wollen die andern es der Walgruppe zuführen. Das Gezeter an der Reling will kein Ende nehmen, da wird eben wieder die Gendarmerie geholt und die muss vermitteln. Der einheimische, polynesische Taucher ist jedoch befreundet mit dem Gendarme, der auch Polynesier ist und so wird dann eben dieses Baby fertig gefüttert. Gaffer auf Paddelbooten, Dingis – ein Riesenspektakel.

Plötzlich sind alle wieder verschwunden, bis dann um die Mittagszeit der Studienchef wieder auftaucht mit einem Taucher an Bord seines Bootes, der uns helfen soll, unsere sich in den Steinen verhedderte Anker-Kette zu entwirren, damit wir unseren Ankerplatz ohne drehende Schiffsschraube verlassen können und das Baby aus der Bucht raus geführt werden kann. Was als reizende Geschichte begann, ein Walbaby aus nächster Nähe zu beobachten wird für uns zum Stress, da dauernd Boote ohne Fender an MARIPOSA andocken und wir Angst vor Schäden haben müssen. Die Gendarmerie und die Walstudiengruppe will, dass wir den Ankerplatz wechseln und das bei Regenschauer und Starkwindböen. Eigentlich haben wir dazu absolut keine Lust. Einziger Vorteil für uns: wir können uns die Kosten für einen Profitaucher sparen, damit wir mit unserer Ankerkette wieder freikommen. Vielleicht hätten wir es auch unter Motor nicht mehr geschafft. Also, Anker hoch, MARIPOSA verabschiedet sich vom Baby und fährt weg. Das Walmädchen allerdings will nicht so, wie die Menschen sich das ausdenken und wupps – es dockt am nächsten Schiffsrumpf an und erkennt darin eine neue Mutter! So die Ge-schichte, wie MARIPOSA zu ihrem Kind kam. Drei Tage später erfahren wir, dass das Walbaby gestorben ist. Mit dieser Episode erschienen wir ein weiteres Mal während unserer Reise in den Medien.

Vanillefarm

Bei einem Insel-Ausflug per Mietauto bietet sich uns die Gelegenheit, eine der vielen Vanille-Farmen zu besuchen. Wir werden Zeugen einer Vanille-Pflanzen-Bestäubung. Mit einem Holzstäbchen ausgerüstet, wird täglich jedes Jahr in den Monaten September/Oktober frühmorgens zwischen 0600 Uhr und 1000 Uhr Blüte um die andere von Hand bestäubt. Ein aufwändiger Prozess. Da stehen unendlich viele Vanille-Pflanzen mit mehreren Blüten pro Stock. Nach 10 Uhr wird es zu heiss und die Blumen verschliessen sich dann vor der Bestäubung. Diese Arbeit wird unter Familienmitgliedern verteilt, da es sich bei den Vanille-Farmen meistens um Familienbetriebe handelt.

9 Monate brauchen nun die Vanillestengel, um ihr volles Wachstum zu erreichen. Wechseln sie ihre grüne Farbe auf braun, werden sie gepflückt, gewaschen und täglich während 3 Monaten an der Sonne auf Wellblech ausgelegt und getrocknet um ihr mar-kantes Aroma zu erreichen. Damit sie nachts nicht verregnet werden, bringen die Leute dieses kostbare Gut nach Drinnen ins Trockene. Ein tägliches Raus und Rein! 3 Monate lang. Vor dem Verkauf werden sie nach Länge vermessen und abgepackt. Verkauft wird Vanille in Stengel-, Flüssig- oder Pulverform.

Nach solch einer eindrücklichen Demonstration ist es da noch wunderlich, weshalb Vanille so teuer zu stehen kommt?

Rezept: Fisch an Vanille-Sauce (Thun-Fisch eignet sich hervorragend) Fischwürfel kurz braten, wegstellen. Knoblauch, Zwiebel, frischen Ingwer, Paprikascho-ten – alles klein schneiden und in Oel andünsten. Kokosmilch darüber giessen. Etwas milden Curry hinzugeben. 1 Vanille-Stengel bis zur Hälfte aufschlitzen. Die Sauce damit umrühren, bis sie den Geschmack von Vanille annimmt. (Den Stengel kurz abwaschen, trocknen und wieder in die Verpackung zurück – beim nächsten Mal die andere Hälfte verwenden). Fischwürfel in die Sauce geben und mhhhh – fein!

Gebrauchte Vanille-Stengel können auch gesammelt, gewaschen, fein gehackt in Rum und Zucker eingelegt werden oder aber einfach zerhackt in Zucker = Vanillezucker.

Auf unserer weiteren Reise bestaunen wir die sagenhaften blauäugigen Aale, eine Perlfarm, wo uns das Verfahren der Zucht erklärt wird. Wegen der reizvollen Landschaft gibt es fortwährend neue Fotostops.

Die weitere Fahrt bringt uns zu archäologisch wichtigen polynesischen Kultstätten, MARAE genannt. Es handelt sich um geheiligte Plätze, meist mit einem AHU (Altar) an dessen Ende angebaut. Alles sind aufeinander geschichtete Steine, zu Plattformen zusammengefügt und sind sehr oft im Wald oder am Waldrand zu finden. Hier auf Huahine spricht man davon, dass die Häufigkeit dieser Plätze daraufhin deutet, dass Hochangesehene und Familien der Distrikt-Chefs in Maeva gelebt haben sollen.