Die Reiseberiche 2011 Atlantiküberquerung – Karibik können als PDF hier im komprimierten ZIP Format heruntergeladen werden: zum download hier klicken
Tagebuch von Annemarie und Bernhard Atlantiküberquerung Las Palmas de Gran Canaria – St. Lucia, Karibik vom 21.11. – 24.12.2010
(ein „warmer“ Bericht für kalte Wintertage)
A = Annemarie B = Bernhard M = Einzelne Mails (die wir über Funk austauschten)
21.11.
A:
– Frühstück. Domingo klopft, streckt uns mit seinem breiten Grinsen eine Lokalzeitung mit einem Interview von uns beiden entgegen. Er wünscht „todo lo mejor!“
– Vor dem Verlassen der Box reisst ein Nachbarschiff beinahe unsere Mooringline (ersetzt die Ankerkette) aus und unser Schiff stellt sich fast quer. Dank Bernhards blitzschneller Reaktion bringt er alles wieder unter Kontrolle.
– Souverän und mit Ruhe steuert er das Boot durch die rammel volle Hafen-Ausfahrt (250 Schiffe verlassen fast gleichzeitig den Hafen)
– Rundum auf den Hafenmauern ein Gedränge von Zuschauern. Es wird gewinkt, gerufen, getrötet. Am Checkpoint vorbei:„MARIPOSA Switzerland“! Eine Kuhglocke ertönt.
A:
– Ein letztes Telefon mit unserem 84-jährigen franz. Freund Guy. Er wünscht uns viel Glück und bis bald!
– Startschuss – Wind und Wellen flach, die Sonne zeigt sich. Der Körper dankt den milden Start.
– Wind kommt auf. Wollen für Nacht „Gross“ gerefft fahren aber es klemmt in den Lazy Jacks (Fangleinen zum Bergen des Segels) fest. Segel wieder ganz nach oben kurbeln. Runter. Pech! Es klemmt erneut. Nochmals rauf. Genua einrollen. Schiff in den Wind stellen. Gross runter. Na endlich! Bernhard schon pflotschnass vor Anstrengung.
– Es dunkelt. Wir zünden die „Tricolor“ (Positionslicht am Masttopp) an. Wollten! Die aber brennt nicht mehr. Erst vor Kurzem brannte die aber noch einwandfrei. Mist! Also Navi-Lights on. Die sind in Ordnung.
– Nach 6 Std. Nachtfahrt – Ausfall der grünen Steuerbord-Lampe! Langsam beginnts zu nerven. Verschieben die Reparatur auf den Tag.
B:
– Der Start ist nach 3 Wochen langer Liegezeit im Hafen sehr aufregend. Bin vom Aufbruch dermassen aufgewühlt, dass ich nachts einfach keinen Schlaf finde.
22.11.
A:
– Mitternacht vorbei. Über Funk hören wir viele redselige Leute der ARC. Auch die scheinen ihre ersten Eindrücke verarbeiten zu wollen. Der silberne Vollmond hilft mir die Augen offen zu behalten. 3 Stunden Wache ist lang. Koche Tee, singe, guck in den prachtvollen Sternenhimmel. Lasse den Tag revuepassieren und studiere morgige „Funkrunde“ des ARC (Atlantic Rally for Cruisers).
– Zittrig und übermüdet Frühstück auf der „Sonnenterrasse“. De luxe! Kräfte zunehmend.
– Schweissnass meine Hände. Erstmals funken über Kurzwellen-Gerät und auf englisch. Alle Teilnehmer hören dich. Der Net-Controller gibt sich sehr professionell. Erhalten auch den neuesten Wetterbericht.
– Abendessen. Eine orangefarbene Vollmondkugel ersetzt das Candle Light Dinner. Herz, was willst du mehr?
– Erneut Nachtwache. Weit und breit kein Schiff in Sicht. Nur wir und rundum schwarzblaues Wasser bis zur Kimm (Horizont). Das Auge stösst auf keine Hindernisse, so weit und flach das Meer.
– Die Segel „schlacken“. Flaute. Wir rollen die Genua ein und lassen uns treiben.
– Die 2. Nachtschicht verbringe ich mit Brotteig herstellen, Fensterabdichtungen reinigen, Lesen, Sudoku – Nur 1 einziger Fischkutter unterwegs
B:
– Reparieren mit Bohrer und Kleber Grünlicht. 3 Anläufe, bis alles passt, wo es hinsollte.
– Ein fantastischer Mondaufgang durchbricht die schwarze Nacht und verwandelt die Wasseroberfläche in einen samtsilbernen Teppich. Dankbar nehme ich diese Veränderung wahr. Die See ist ruhiger als in den meisten Kanaren-Buchten!
23.11.
A:
– Fühle mich ausgeruht. Mein nächtlicher Brotteig kommt herrlich duftend und knusprig aus dem Ofen und ich fast so knusprig aus dem Bett. Bernhard kämpft mit Kopfweh. Massiere ihn und er legt sich vor dem Frühstück nochmals hin.
– Wind hat gedreht. Segelveränderung bringt etwas Tempo in die 2 Tage lange Dümpelei!
– Nach Funkrunde am Mittag gibt’s Freiluft-Dusche. Endlich wieder Mensch!
– 18.30 Uhr. Schon dunkel. Meine Nachtwache beginnt. Ein Wal zeigt sich ganz in unserer Nähe. Das Herz pocht schneller. Erneut protziger Sternenhimmel. Aber wo bleibt der Mond? Fast unheimlich. 6 kn Fahrt ins dunkle Ungewisse. Das ist für mich vergleichbar, wie blind Autofahren!
– 20.00 Uhr. Der Mond ist aufgegangen…Kann in seinem Licht fast lesen. Bin erlöst von der Anspannung im Dunkeln. Die ganze Nacht kein anderes Schiff!
B:
– Wir wollen mit Gross und Genua zu fahren. Beim Abnehmen des Spi-Baumes bricht der Haken auseinander. Das jetzt auch noch!
– Dennoch ein „wohlfühl“ Tag mit 5 kn Fahrt. Erste Dusche im Cockpit seit der Abfahrt. Tut gut!
– Annemarie kocht ein wunderbar duftendes Nachtessen mit Gemüse und aufgebratenen Spaghetti. Danach geht sie schlafen und ich lese auf meiner Wache einen Roman. Der Wachposten wird ungefähr alle 3 Stunden gewechselt.
– Geisterstunde! In Nord sehe ich am Horizont waagrechte blaue Lichter funkeln. Erschreckt frage ich mich: was ist das? Halluziniere ich nun schon? Auf dem Radar sehe ich es auch. Tiere können es nicht sein. Ich erzähle es Annemarie, die wieder die Wache übernimmt. Wir sehen es aber nicht mehr.
– Heute sollte ich den Spinnackerbaum flicken. Ein Loch durchbohren, damit ich einen Bolzen durchstecken kann und sich das Teleskoprohr nicht wieder ineinander schiebt. Den abgebrochenen Haken mit einem Seilsystem ersetzen, um ihn wieder brauchen zu können. Bei dieser Schaukelei wird mir schon schlecht, wenn ich nur daran denke.
24.11.
A:
– Frühstück und danach reffen. Das Schiff verliert an Schlingerei und Schräglage und ist trotz Segel verkleinern nicht langsamer. Interessant. Jetzt wird’s so richtig gemütlich.
– Abends – WINDSTILL!!! Die schlaffen Segel schlagen von einer Seite zur anderen, dass es einem fast das Herz bricht. Also rein damit.
B:
– Am Abend sitze ich lesend im Cockpit. Unter mir plätschert vergnügt das Wasser. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne wärmen meinen Rücken. Die ganze Nacht und den folgenden Tag kein Schiff gesehen. Nur ein paar Möwen segeln kunstvoll über die Wellen, 300 sm von der Küste entfernt. Erstaunlich, wie weit sie sich vom Land entfernen.
25.11.
A:
– Nach vorgängig körperlichem Unwohlsein bin ich nach Mitternacht endlich in der Lage, Bernhard ins Bett steigen zu lassen. Stehe im Cockpit und starre ins Dunkle. Nach einer Weile – Da! Was ist denn das plötzlich? Lautes Schnaufen, ja fast schnauben. Dann Stille. Und wieder, aber weiter weg. Bernhard?Nein, so laut schnauft er beim Schlafen nun wirklich nicht. Ich schau mich um. Lausche. Jetzt! Wieder dieses Schnauben. Puah! Erneut zieht ein Wal seine Runde im Abstand von ca. 10 Metern um unser Schiff. Geht ganz schön unter die Haut, dieses Riesentier so nah und mit einem Leuchtschweif umgeben, der durch die Leuchtalgen im Wasser entsteht. Eine Runde genügt ihm nicht. Das Tier hängt eine zweite dran. THE WHALE CAME BOATWATCHING!
– Die ganze Nacht ohne Wind. Am Morgen endlich die Erlösung. Hart an den Wind ist gefragt. Sonst kommen wir vom Ziel ab. Also Segel neu einstellen. Der Himmel voller Hakenzirren. Mehrere Tiefdruckgebiete rund um uns prognostiziert. Wir sind gespannt auf bevorstehende Winddrehungen.
– Abends segeln wir in Richtung einer dunklen Wolkenfront.
– Die Nacht ist neblig und so feucht wie noch nie. Unheimlich. Ich sehe nur „verklebte“ Sterne. Ach wie sind mir doch solche Nächte zuwider!
B:
– Morgens um 0100 sind die Batterien leer. Ich werfe den Motor an und fahre so 2 Std. lang. Da währenddessen genug Strom vorhanden ist, schalte ich den Funk ein. Wir erhalten ein Mail von einer anderen Schweizer Yacht. Sie sind nicht viel weiter als wir. Sie motoren gegen Süden um dem bevorstehenden Sturm auszuweichen.
– Tagsüber flotte Geschwindigkeit. Möchte Fischen. Silch verdreht sich komplett mit den Gewichten.
– Nachts fahren wir gerefft, weil wir Squalls (starke Windböen, meist mit Regen verbunden) erwarten. Die Luft sehr feucht und riecht frisch. Ebenso frisch ist das Meerwasser. Wir können es gut zum Kochen und Vorabwaschen des Geschirrs und ebenso für den Wassermacher brauchen.
26.11.
A:
– Die Reling mit der frisch gewaschenen Wäsche schnell behängen, damit ich bei Sonnenschein noch eine Freiluft-Dusche nehmen kann. Inzwischen flickt Bernhard den gebrochenen Spi-Baum.
– Das Bad und die Küche werden mindestens so sauber wie ich selber.
– Arbeiten macht hungrig. Wir besprechen das Menü. „Bernhard, schau doch mal nach, ob da nicht vielleicht eine Menü-Bereicherung an der ausgebrachten Angel zuckt. Und siehe da: Bernhard im Anglerglück! Eine Goldbrasse. Willkommen du armes Viech! Zwiespältig meine Gefühle.
– Bin nun soooo müde. Bernhard lässt mich 6 Std. am Stück schlafen! Ein grosses Geschenk. Das muss Liebe sein!
B:
– Der Abfall hält sich erstaunlich in Grenzen. Alles Abbaubare geht über Bord.
– Die Gewittergefahr nimmt ab.
– Während A. ein Festessen kocht, nehme ich genüsslich eine Dusche, geniesse danach auf dem Vordeck die Spätnachmittagssonne und wie das Sahnehäubchen auf dem Kaffee, bekomme ich von meiner Frau durch die Dachluke einen ausgezeichneten, kühlenden Drink gereicht. Was will der Mensch mehr???
– 2130 und schon stockdunkle Nacht. Schalte ab und zu den Radar ein, um wenigstens so noch etwas zu sehen. Die Batterien zeigen nur noch 11 Volt (anstatt 12 und mehr). Trotzdem streikt die Stromversorgung noch nicht.
– 0700 Kein Wind. Der Mond spiegelt sich im bleiern da liegenden Wasser. Nach 2 Stunden schlagenden Segeln streichen wir sie einmal mehr und dümpeln. Hoffentlich wird das nicht zur Gewohnheit! Nach dem Frühstück versuche ich zu schlafen, doch bin ich von der langen, 6-stündigen Nachtwache überdreht und stehe wieder auf. Bei unserem Schiff ohne Fahrt hat es Amor leicht, treffsicher einen Pfeil ins Cockpit abzufeuern. Die Sonne drückt zaghaft durch den Dunst und streicht über unsere nahtlose Bräune. Der obligatorische Ausguck kommt nicht zu kurz.
– Mal hören, ob das Radio auf irgendeiner Frequenz Musik bringt. Im Halbdunkel drücke ich auf verschiedene Knöpfe und plötzlich erklingt schönste irische Musik in allerbester Tonqualität. Ich fass es nicht! Nach bald 2 Jahren entdecke ich durch Zufall, dass da ein verstecktes CD-Fach im Radio enthalten ist. Etwas, was uns längst fehlte und wir schon überlegten, ein neues Autoradio mit CD-Player anzuschaffen.
27.11.
A:
– Jetzt fühle ich mich fit für die Nachtwache. Bewölkter Himmel. Zum Glück nicht allzu feuchte Luft. Es sitzt sich so wesentlich angenehmer im Cockpit.
– Wir sind nun zwischen dem 21. und 20. Breitengrad. Merklich wärmer auch nachts. Die Engländer geben für die Atlantiküberquerung den Rat: „Immer südlich fahren bis ca. 20. Breitengrad – untill the butter melts and then turn right!“
– 0330 Uhr. Erneute Flaute. Die schlackenden Segel ganz schön nervig. Trotz diesem Lärm höre ich lautes Schnaufen: Rate! THE WHALE CAME WATCHING US AGAIN!
– In dem diesig-feuchten Wetter erfragt ein Segelschiff über Funk unseren Kurs an. Klar doch. Wie soll denn der bei dieser unmotivierten Schaukelei ein
Kurs feststellen können?
B:
– Schlimm! Wind kommt auf, aber aus der falschen Richtung. Die Wetterprognosen: SW 5-6 bf. mit bis zu 4 Meter hohen Wellen. Und wir wollen/sollten nach Süd-West! Sch…..! Wir sind im Moment etwas zermürbt. Entweder kein Wind oder dann sowas – wo bleibt das Traumsegeln im Passat??? Wind nimmt zu. Wir müssen mitten in der stockdunklen Nacht reffen. Mir ist mulmig. Was kommt da noch? Die Kehle ist trocken.
28.11.
A:
– 1400 Uhr. Barometer fällt in grossen Schritten nach unten. Verspricht nichts Gutes. Das Schlechtwetter lässt nicht lange auf sich warten. Ein steifer SW-Wind verbunden mit 4 Meter hohen Wellen kommt auf. Alles genau aus der Richtung wohin wir wollen! Das Stimmungsbarometer fällt. Wir werden durchgeschüttelt. Reffen, was das Zeug hält und trotzdem gleiche Geschwindigkeit wie mit Volltuch. Mir wird von der Schlingerei und dem Auf/Ab-Tanz auf den hohen Wellen übel. Die Wellen von der Seite steigen ab und zu ein und wir werden salzwassergeduscht. Alle Kleider kleben am Körper. Keine Pracht! Bin fast seekrank. Bernhard scheint es nicht viel besser zu ergehen. Ja, ja, die Natur hat uns fest im Griff. Wir wollen uns nicht zu stark quälen mit dem Gegenankurs und beschliessen schweren Herzens nach Süd-Ost, d.h. weg von unserem Ziel (ach, das tut so weh!) abzudrehen. So ist es immerhin möglich, ein bescheidenes, warmes Nachtessen zuzubereiten. Das Essen gar nicht so einfach, springen doch die Teigwaren im Teller im Rhythmus der Wellen hoch und nieder.
– Die ganze Arbeit wird körperlich und psychisch zur Anstrengung. Wir beschliessen deshalb, im 1-Std.-Takt Nachtwache zu halten. Während ich Tagebuch schreibe, glaube ich ein Rodeo zu bestreiten.
B:
– Wir entschliessen uns nach West mit Amwindkurs zu segeln. Kommen dadurch immer Nord-westlicher. Also wenden, damit wir südlicher kommen und weil Sturmwinde im Norden angesagt sind. Nun liegt das Schiff bei 27 kn Wind besser in den Wellen. Wir setzen die Sturmfock und segeln immer noch gegenan. Halbschlecht ist mir. Ohne Windpilot (Windsteueranlage, die keinen Strom benötigt und sich mit einer „Windfahne“ nach dem Wind richtet) – unerträglich und kaum vorstellbar, wie das eine kleine Crew von 2 Personen früher ohne diese Hilfsmittel bewältigen konnte.
29.11.
A:
– Am Morgen sind wir beide sehr müde. Das körperliche Ausbalancieren und die ungewisse Wetterentwicklung gehen an die Substanz. Bernhard ist gegen Mittag völlig überdreht und findet einfach keinen Schlaf. Während am späteren Nachmittag die Wellen um die Wette reiten, schnellen etliche Delfine heran und erfreuen sich unserer Bugwelle. Trotz miesem Wetter ein doch sehr tröstlicher Anblick!
– Es beginnt einzudunkeln. Ein voll verhangener Himmel mit grauer Bewölkung. Eine dicke, dunkelgraue Wolke formt sich wie zu einem Bilderrahmen. Dahinter zeigen sich orange-goldene Quellwölklein. Dann segelt ein schwarzgrauer Dickwanst von Wolke heran. Eifersüchtig? Der schiebt sich ganz frech vor das wunderschöne „Gemälde“. Die Natursendungen am TV erfahren durch dieses Naturschauspiel eine echte Blässe!
– Langsam haben wir uns an die raue See gewöhnt. Ich verwöhne uns mit einem in Las Palmas vorgekochten Currygeschnetzelten und Sesam-Reis. Bestimmt kommen wir so bald auch wieder zu Kräften.
– Der neueste ARC-Wetterbericht verspricht eine deutliche Besserung für die kommenden Tage. Das gibt mentalen Auftrieb.
B:
– Es bessert. Wir nehmen die Fock-Schot innerhalb der Wanten durch um mehr Höhe zu laufen(an den Wind). Ich bemitleide mich, dass wir diese seltene Wetterlage hier haben. Normalerweise müsste es schon lange im Eilzugstempo in die Karibik gehen. Stattdessen kreuzen wir zurück an einen Wegpunkt, wo
wir vor 3 Tagen schon mal waren!
– Die Nacht ist glasklar. Noch nie habe ich so viele Sterne so greifbar nah funkeln gesehen. Wann zeigt sich wohl der Mond? Ich sehe die Wellen nicht, aber ich kann sie sehr gut hören. Manchmal fegt eine übers Schiff. Alles ist extrem feucht. Innen und Aussen. Haut und Kleider, alles feucht. Wechsle Kleider mit trockenen. Die aber sind innert Kürze auch wieder nass. Keine Menschenseele hier. Funkstille auf dem UKW-Gerät. Ich fühle mich bezwungen – vom Meer! Ich will doch nach Süd-west! Jetzt kann ich auf dem Kompass feststellen, dass wir ohne an den Segeln oder am Windpilot etwas zu ändern eine rechtsdrehende Kurve über Ost, Süd, dann nach West machen. Das zum Glück zu unseren Gunsten! Meine Aufregung legt sich.
30.11.
A:
– Tagsüber grosse Wäsche. Leider wird nicht alles trocken bis am Abend und so miefen die feuchten Kleidungsstücke bis zum Morgen. Brrrr!
– Nachts öffne ich eine Dachluke, um mehr Luft ins Schiff reinzubringen. Wutsch! Ein prächtiger „Einsteiger“ und der halbe „Salon“ (mittlerer Wohnbereich auch bei kleinen Schiffen) und ich sind von der Welle geduscht. Mehr als 1 Stunde vergeht, bis ich die Sauerei aufgewischt habe. Selber schuld. Dafür vergeht die Zeit bei der Nachtwache.
– Heute „feiert“ Bernhard sein 1-wöchiges Bart-Jubiläum. Ja, kein Witz! Ist er das wirklich? Für mich sehr gewöhnungsbedürftig.
– Von einem Extrem ins andere. Erneutes Dümpeln im stockdicken Nebel! Hurrah, Karibik wir kommen! Ob wohl wieder ein Wal um unser Schiff kreist? Ausgeschlossen. Der wird uns in dieser Nebelsuppe nie finden.
– … und da gibt es Nachtwachen, da schaust du alle Viertelstunde auf die Uhr, obwohl die Ablösung erst nach 3 Stunden stattfindet. Damit jeder zu seinem Schlaf kommt, sollte das auch möglichst eingehalten werden.
B:
– 0300 Uhr. Endlich den 20. Breitengrad überschritten. Sind aus der stürmischen Zone raus. Annemarie hat schon wieder einen feinen Brotteig zubereitet. Ich bewundere ihre Energie.
– Um 1100 sichten wir ein Boot hinter unserem. Das nähert sich uns direkt, kommt immer näher. Das habe ich gar nicht gern! Puls auf 180! Der Abstand zu uns wird bedrohlich geringer. Gibt auf Funk keine Antwort. Knapp zieht es dann hinten an uns vorbei.
1.12.
A:
– Herrlich sonnig und warm. Wir nutzen die Windstille und baden im Atlantik. Natürlich angegurtet ans Schiff.
– Gegen Spätnachmittag endlich Leichtwind. Bernhard schafft es, Kurs und Segel so gut zu stellen, dass wir Fahrt in die günstige Richtung machen.
– Abendessen fertig. Wie so oft fängt Bernhard just in diesem Moment eine Dorade. Wir wollen sie an Deck bringen. Der Fisch zappelt wild und ich bin ebenso zappelig. Durch meine Ungeschicklichkeit – ich bin ja keine Fischerin – kann sich der Fisch aus eigener Kraft befreien. Dem Stärkeren gehört die Welt war das nicht schon immer so?
– Morgens um 0200 funkt uns ein Fischerboot in der Nähe Cap Verde an. Er will den Kurs wissen und ob ich allein wäre. Was soll diese Frage? Sie macht uns leicht nervös. Ich sag ihm, dass da ganz viele an Bord sind. Wir fragen uns in solchen Situationen immer: Wirklich Fischer oder Piraten? Gebannt sitzen wir beide vor dem Radar und verfolgen seinen Kurs. Nach 2 Stunden ist die „Gefahr“ vorüber.
B:
– Wir dümpeln wieder. Kein Wind. Wahrscheinlich sind wir die letzten der ARC-Flotte. Auf der täglichen Funkrunde witzelt einer: Hoffentlich sehen wir einander noch in St. Lucia.
2.12.
A:
– Krisentag. Die ARC-Regatta stresst. Wir sind keine Regatteure. Belegen z.Zt. den letzten Platz, weitab von der Flotte. Wäre da nicht ein gesetztes Datum zur Bewertung und das Zurückgeben des Yellowbrik (Überwachungssystem unserer Position) – ich könnte bestimmt problemlos 1-2 Monate auf dem offenen Meer verbringen.
– Krise auch wegen Bernhards Ungeduld mit meinem vorallem technischen Unvermögen. Das trifft mich sehr, können aber glücklicherweise miteinander darüber reden. Das entlastet.
B:
– War wieder mal ungeduldig mit Annemarie. Hat sie sehr verletzt. Es passiert mir gerne, wenn ich Stress habe. Danach tut es mir leid.
3.12.
A:
– 0400 Rauschefahrt. Leider wieder Nord-Nordwest-wärts. Hoffentlich können wir morgen wieder westwärts, wo wir hin sollten.
– Versöhnlich, die Morgendämmerung nach einer Mond-losen, dunklen Nacht. Und wie sie sich präsentiert. Kann mich kaum satt sehen. Ihr farbiges Gewand, so prachtvoll: purpurrot, goldgelb, orange, hellblau, mausgrau, hellgrau. Ein Anblick, der Hühnerhaut erzeugt.
– Bernhard muss unters Schiff tauchen. Wir schleppen etwas mit uns, das nicht zu uns gehört. Bestimmt in der Schraube verwickelt. Wir besprechen, wie er sich und ich ihn beim Abtauchen sichern kann. Während ich vor Sorge um ihn mit pochendem Herz bis zum Hals dastehe, steigt er die Badeleiter runter und taucht unter das Schiff. Die Wellen schlagen gegen das Heck. Hoffentlich nicht auch sein Kopf. Ach, was bin ich doch erlöst, als er die Schiffsschraube von all dem „Zeug“ befreien kann und heil wieder an Deck kommt!
B:
– Rasante Raumschotfahrt mit 7 kn Geschwindigkeit. Windpilot, welch Wunder. Der steuert das sehr gut. Gespannt stehe ich daneben, um ihm gegebenenfalls mit dem Steuerrad nachzuhelfen.
– Heute haben wir bis auf ein paar Kartoffeln alle Frischwaren aufgebraucht. Nun geht’s an die Dosen.
– Interessant der Luft-Duft! In Las Palmas roch es salzig, sobald der Wind auflandig war. Hier kann die Nase keinen Vergleich anstellen. Sie signalisiert mir: neutrale Luft. Man sagt, sie sei hier steril.
– Wieder studiere ich darum herum: Wären wir nicht mit der ARC unterwegs, wir würden nun einen Stopp in Cap Verde einlegen. Wir würden uns ausruhen, Frischwaren und Diesel einkaufen. Es wäre uns völlig egal, wann wir in St. Lucia ankämen. Doch der Gruppendruck lässt grüssen!
– Nachmittags muss ich den Windpilot erneut trimmen. Huuuch! Was schleppen wir denn hinter uns im Wasser mit? Helle Bänder schwänzeln hinter dem Ruder im Wasser. Wir versuchen sie mit dem Bootshaken wegzustossen. Die halten sich aber zäh an irgendwas unter dem Schiff fest. Ist das die Erklärung, weshalb sich unser Steuerrad manchmal harzig bewegen lässt? Wir bergen alle Segel und bringen MARIPOSA zum „Stillstand“ quer zu den Wellen. Doppelt gesichert mit Gurten und Seil tauche ich gespannt unters Boot, „bewaffnet“ mit Messer und Schere. Ein zerfetztes, grosses Stück Emballage-Plastic-Sack mit einem langen Plastic-Seil hat sich in der Schiffsschraube (Propeller) und im Ruder verklemmt. Es gelingt mir, alles wegzubekommen.
– Wir setzen die Segel erneut und begiessen diesen Unterwasser-Erfolg mit einem alkoholfreien Apero.
– Wie üblich – wenn Annemarie das Essen fertig zubereitet hat, beisst eine Dorade an. Die wird dann meistens als Beilage gegessen.
– Das nächtliche Flautenschieben benützen wir, mit dem Motor Strom für den Wassermacher und das Aufladen von diversen Kleingeräten oder Taschenlampenbatterien zu erzeugen. Das Meerwasser für den Wassermacher pumpen wir in der Küche mit der Fusspumpe in 5-Liter-Pet-Eimer, weil das seeseitige Einlassventil wegen den Wellen nicht immer unter Wasser bleibt. So saugt die Maschine immer wieder Luft an und stört das System. Während ich etliche 5-Liter-Behälter zum Wassermacher trage, werfe ich im Vorbeigehen einen Blick auf den Radar um zu sehen, ob da „jemand“ kommt.
M:
Hallo ihr zwei, schön von euch zu hören, es geht ja leider nur sehr schleppend voran, hoffentlich habt ihr genug zu essen und zu trinken an Bord. Aber mit etwas Anglerglück kann man die Speisekarte ja verlängern. Wir beobachten euch täglich und haben durch die Mail nun auch eine Bestätigung eures etwas eigenartiges Hakenschlagens auf dem Ozean gefunden.An letzter Stelle liegt ihr aber nicht.Die meisten Jachten liegen ziemlich dicht beieinander.Einige
befinden sich auch auf den Rückweg zu den Kanaren. Wir wünschen euch eine angenehme, vielleicht etwas schnellere Reise in die Caribic.
viele liebe Grüße E.&K.
M:
Hello Annemarie and Bernhard
Good that you got that stuff out of the propeller. Sorry I have not written back earlier, but I have had a lot to do with maintenance and reparations on PINTON. We are listening and reporting to our group B every day. It is not always the best connections you can hear but people are so eager to speak in the radio that it is hard to get through if you have something on your mind. I would like to try to call you on 6230 say tomorrow evening at 2000 UTC. Our position at 1530 UTC is 13:46.738W, 40:38.095W and we have 1190 NM left to St Lucia. We had a lot of squalls with gusts of 30 knots last night, so now we are moving on with a Genua reefed down to nearly nothing. A part from that everything is fine onboard PINTON.
I hope you and Bernhard are doing fine as well.
Best regards. J.
4.12.
A:
– Heute haben wir keine Verbindung zur täglichen Funkrunde. Liegt das am extrem heissen Wetter? Ist die Atmosphäre gestört? Oder sind wir einfach schon viel zu weit von der Flotte entfernt?
B:
– Warum immer in meiner Nachtwache??? Mein Puls steigt. Zwei Fischerboote kommen auf uns zu. Ich sehe sie von Auge und auch auf dem Radar. Ich ändere meinen Kurs. Einer kommt trotzdem direkt bis 1 sm (Seemeile) auf uns zu. Erneut ändere ich meinen Kurs und gebe Gas. Endlich zieht er hinter uns durch. Zufall? Ob dieser Manöver vergesse ich den laufenden Wassermacher. Das gewonnene Trinkwasser überläuft, während beim Einlauf nur noch Luft
angesaugt wird
M:
Hallo Annemarie und Bernhard, Es sieht gar nicht so schlecht aus. Der Wetterbericht sagt mir,daß ihr nach einigen Tagen einen gleichmäßigen Passat bekommt der euch mit 20 Knoten Wind zügig in die Karibik bringen wird, vergesst aber nicht daß ihr zum schnellen segeln auch große Segel braucht. Gute Reise und Anglerglück E.&K.
5.12.
A:
– Das darf doch nicht wahr sein. Bald wird das zum Albtraum. Nachts schon wieder windstill! Schon über 3 Stunden ist Bernhard am Motoren. Wir wollen ja auch mal in der Karibik ankommen!
– Erschreckt stelle ich fest, dass wir nun bald 2 Wochen unterwegs sind und Cap Verde immer noch in greifbarer Nähe. Das bedeutet: knapp 1/3 der Gesamtstrecke erst hinter uns. Wir sollten aber schon mehr als die Hälfte gemacht haben. Reichen Wasser-, Esswaren- und Dieselvorrat für den Rest der Strecke noch? Wie lange für den „aller schlimmsten Fall“? Müssen wir abdrehen und in Cap Verde Halt machen? Wann spätestens? Zu weit entfernen können wir uns nicht, wollten wir das tun. Denn das hiesse gegen Wind und Wellen anzumotoren. Den Dieselvorrat berechnen wir genau, damit wir für einen definitiven Entscheid vorbereitet sind.
– Momentan ist das Schiff der bleiernen Windstille überlassen. Der neueste ARC-Wetterbericht verspricht, ab dem 14. Breitengrad auf den ersehnten Passatwind zu stossen. Wir beschliessen, so bald als möglich weiter in den Süden zu gelangen.
– Bernhard gelingt es, den provisorisch „geflickten“ Spi-Baum zum Ausbaumen der Genua zu gebrauchen. Der „Kahn“ macht Tempo. Die Würfel sind gefallen. Ab in die Karibik. Cap Verde adios! Der Nord-Ost-Wind bläst in die Segel. Grosse Freude kommt auf. Die Anspannung fällt von uns beiden ab.
– Übrigens: Nachts sind wir immer angegurtet im Cockpit, damit der andere unbesorgt schlafen kann.
B:
– Nach dem etwas späten Frühstück ziehen wir den Gennaker hoch. Da ich sowas zum ersten Mal mache und nur aus der Theorie kenne, verspüre ich ein Kribbeln im Bauch. Doch es scheint, dass ich meine theoretische Aufgabe gut erfüllt habe, denn alles funktioniert perfekt. Ein wunderbarer Anblick! Die Windsteuerung allerdings, die ist der Situation nicht gewachsen mit all denn Wellen, die dieses Segel immer wieder zum Einstürzen bringen und so steuern wir selber. Höchst konzentriert. Dann müssen wir „diese Übung“ abbrechen und das Segel wieder bergen. Glücklicherweise bekommen wir es problemlos in den „Bergeschlauch“. Wie als Belohnung beisst abends wieder ein Fisch an.
6.12.
A:
– Während einige „Samichlaus-Stress“ haben, gehen wir den Tag etwas gemütlicher an. MARIPOSA läuft bis Abends auf Südkurs. Plötzliche Winddrehung. Kurswechsel? Wann endlich steht der Passat durch? Wir werden ungeduldig.
B:
– Das Schlimmste für mich sind die Flauten. Kaum haben wir für ein paar Stunden Wind, „schlägt“ schon die nächste zu. Ich muss aufpassen, dass mein Ärger darüber nicht auf die Bordstimmung übergeht. Ich spreche mit Annemarie darüber und wir erinnern uns an Aussagen in Büchern von Weltumseglern, dass diese solche Situationen auch schwieriger zum Durchstehen erachteten, als die stürmischen Passagen.
– Nachts, auf meiner Schicht stelle ich die Eieruhr auf 15 Min., damit ich etwas vor mich hin dösen kann. So müde bin ich. Wache erst nach ½ Std. auf. Glück gehabt, nichts passiert. Nochmals Glück gehabt. Haben 15 Grad Nord erreicht. Endlich glaube ich, so etwas wie den Passatwind zu spüren. Aber so sicher bin ich mir noch nicht.
7.12.
A:
– Mitternacht vorbei. Meine Schicht. Juhui. Es scheint, als hätten wir nun doch den konstanten Passatwind erwischt. Beginne zu rechnen. Mit der aktuellen Windgeschwindigkeit hätten wir noch 14 Tage bis ans Ziel. Viiiiel länger als die Flotte. Meine Vergleiche demotivieren Bernhard. Er hat ja so recht. Wir sollten nun wirklich die ARC vergessen und viel mehr die wunderschönen Momente, und die gibt’s ja zur Genüge, geniessen!
– Obwohl wir beide ausreichend Wasser trinken, ist die Kehle oft trocken und wir spüren ein Kribbeln auf der Zunge und im Mund. Vitaminmangel? Da weder frische Früchte noch frisches Gemüse vorhanden sind, greifen wir zu Vitamin-Brausetabletten.
B:
– Heute stehe ich, ohne geweckt zu werden, auf. Ich rufe ins Cockpit zu Annemarie: Ist alles o.k.? Keine Antwort. Ich schaue nach. Niemand da. Ich schaue im „Salon“ nach. Niemand da! Mein Puls rast! Jetzt höre ich ein Geräusch aus der Küchenecke. Da kauert sie vor dem Kühlschrank und sucht darin etwas. – Das wäre wohl das Schlimmste. Du wachst auf und stellst fest, dass ein Crew-Mitglied fehlt!
M:
Meine Lieben
Danke für die Nachricht. Denke viel an euch und bin froh, dass alles so gut geht. Ich selber habe lieber festen Boden unter den Füssen so ein Abenteuer könnte ich für mich nicht vorstellen. (…) Ich wünsche weiterhin schönes Wasserwetter und viel Wind und Sonne und schöne Sternenhimmel. Das nächste Mal wenn ich die Sterne sehe werde ich bestimmt an dich und Bernhard denken
Ganz liebe Grüsse E.&W.
8.12.
A:
– 0400 Uhr. Bernhard hat 2 Echos auf dem Radar. Eines scheint konstant und ein Schiff zu sein, aber weit weg von uns. Das andere, ein Squall?
– Am Nachmittag fährt ein altes, kleineres Frachtschiff direkt auf uns zu. Der kommt aber ungemütlich nah an uns ran. Ich rufe ihn auf über Funk. Wir wechseln ein paar Worte. Er gibt mir auch seinen Schiffsnamen bekannt. Otto? Wirklich? Es scheint, als wollte er nur mal wieder ein Schiff aus der Nähe sehen. Er dreht ab. Und da sehen wir es genau durch den Feldstecher. OTOW! Das vorgängige Herzklopfen nimmt wieder ab. Im Zeitalter der heutigen Piraterie bist du skeptisch, wenn sich dir ein Schiff dermassen nähert. Vermutlich sind aber mindestens 95 % der Seefahrer anständige Menschen.
– Heute wird mir der Begriff „Barfuss-Rute“ wirklich zum Begriff. Seit über einer Woche sind wir auch nachts barfuss an Deck. Tropenklima! Prima!
– Heute wird mir auch deutlich klar, was Bernhard als vorausschauender und verantwortungsbewusster Skipper leistet. Er führt uns sicher und übt sich nebenbei bei techn. Angelegenheiten in Geduld mit mir. Das stimmt mich mild. Es ist gar nicht immer so einfach, mit Konflikten umzugehen. Plötzlich bist du rund um die Uhr während langer Zeit auf so engem Raum. Du kannst nicht einfach ausweichen. Lust und Frust, Ärger und Freude begleiten dich. Du bekommst den Charakter des anderen noch deutlicher als sonst zu spüren. Nun, wir können damit umgehen und finden offenbar auch die richtigen Worte, damit sich beide wieder wohl fühlen. Darüber sind wir sehr froh. Das Einmalige einer Ozeanüberquerung lässt sich dann auch geniessen. Das kann fast nicht in Worte gefasst werden. Ich versuche es trotzdem: Die reine und frische Meeresluft, die Weite des Ozeans, die fast kitschigen Sonnenauf- und untergänge, die silbrige Wolke von fliegenden Fischschwärme, der funkelnde Sternenhimmel, das hell erleuchtete Meer bei Vollmond, die unterschiedliche Wasserstruktur, Morgen- und Abenddämmerung in üppiger Farbenpracht, der Gesang des Meeres, der Besuch von Wassertieren oder Vögeln – du musst es erlebt haben!
9.12.
A:
– 0230 Uhr. Sollte Bernhard für seine Schicht wecken. Er schläft tief und fest. Ich harre noch länger aus, obwohl meine Augen nicht mehr lange offen bleiben. Zu brutal, ihn aus dem Tiefschlaf zu holen.
– Bin erkältet und schlapp
– MARIPOSA ganzer Tag auf Schlingerkurs.
B:
– Das Schiff läuft heute schon den ganzen Tag mit 5 kn Geschwindigkeit. Bin unzufrieden. Geht das nicht schneller? Diesmal rechne ich. Noch 10 weitere Tage bis zum Ziel, wenn dieses Tempo eingehalten werden kann. Eigentlich habe ich nun genug. Ich rede mir ein, dass es keine Rolle spielt, wann wir ankommen. Hauptsache, wir sind wohlauf (wenn auch zwischendurch etwas Unwohlsein aufkommt, wie momentan bei Annemarie). Immer wieder stört mich, dass alle Welt sieht, dass wir die letzten der Gruppe sind. Unser Schiff ist einfach nicht fit für schnelle Fahrten (alte Segel, Unterschiff voller „Bart“, benötigt neues Antifouling, zu kurzer Mast im Verhältnis zur Schiffslänge, Spi-Baum kaputt und somit kein Ausbaumen der Genua möglich). Eigentlich war es auch nie unsere Absicht, schnell zu sein oder bei jeder Flaute gleich Diesel zu verbrennen. Gut und gesund rüberzukommen, das wollten wir.
– Beide stehen wir unten, da bemerkt Annemarie, dass das Schiff rasant vom Kurs abkommt. Die Sicherungsschot (Sollbruchstelle) gegen Überlastung des Windpilots brach entzwei. Schnell springen wir beide nach oben und tun alles Notwendige, bis das Schiff und der Windpilot wieder in alter Frische den gewünschten Kurs einhalten
10.12.
A:
– Starke Regengüsse aus grau verhangenen Wolken verzögern die Morgendämmerung. Wir machen den ganzen Tag flotte Fahrt und erstmals ein Tagesetmal (24h) von 140 sm! Einmal, aber nur ganz kurz, macht unser Schiff Geschwindigkeit von 10 kn COG (Kurs über Grund)!
B:
– Schnelle Schlingerfahrt. Müssen dem Windpilot etwas nachhelfen und ihn stets im Auge behalten. Deshalb werden unsere Wachablösungen kürzer, alle 1-2 Std. Kein Tag ist wie der andere. Heute verbirgt sich die Sonne hinter dichtem Grau. Das Stromkonzept geht nicht auf. Wie sollen so die Solarpanele Strom erzeugen? Für die Nacht wird die Energie nicht reichen und so sind wir gezwungen, den Motor trotz guter Fahrt laufen zu lassen, damit die Batterien wieder geladen werden können.
M:
Hello Bernard Hello Anne-Marie
Ca va? We hope you are both really well and enjoying the Atlantic odyssey. This years crossing has probably not been what anyone expected and certainly that is the case for me. We have had to a LOT of motoring which, whilst keeping us relatively on schedule, is noisy and detracts from the experience. We have had some challenges along the way such as a midnight broach under gennaker and some fairly lively squalls but all the crew are fit and we hope to arrive next week – although again this looks like it will mean a lot more motoring so you will probably win our bet as we may well be relegated to the «motor sailing » division!!
Anyway I just wanted to say hello, keep going, enjoy every minute and we look forward to seeing you for that drink in Rodney Bay.
Best regards from all aboard Mariposa(GBR)N. (Anmerkung der Red.: DAS WAR DIE ZWEITE MARIPOSA IN DER ARC!)
PS If you come across two empty diesel cans with «Mariposa» written on them they
are ours – they came off the transom during a squall two nights ago!
11.12.
A:
– Heute Morgen fühle ich mich elend schwach. Spielen mir die Schilddrüsen einen Streich? Schwierige Situation, wenn du nicht weisst, was los ist und auch keinen Arzt konsultieren kannst. Also frage ich Bernhard, ob er mich etwas länger ausruhen lassen kann. Er kann. Später fühle ich mich wieder besser.
– Regnerischer Morgen. Squalls holen uns ein. Dann wieder Sonne. Ein fantastischer, doppelter Regenbogen überspannt die unendliche Weite des Meeres. Der gibt mir wieder Elan. Die Wasseroberfläche zeigt sich teilweise fast oker im Farbton mit feinsten Pickeln auf den hügeligen Wellen.
B:
– Ein neuer grauverhangener Tag beginnt. Die dunkelblauen Wellen immer noch 3 Meter hoch und steil in kurzen Abständen, in Windrichtung „gerillte“ Wasserobe fläche. Zuoberst thronen weisse Schaumkronen.
– Ich möchte endlich ankommen, möchte schneller sein. Darum reffe ich aus. Das macht A. nervös, weil mehr Roll- und Rupf-Bewegung entsteht. Annemarie ist krank. Mit Erkältung angefangen, klagt sie jetzt über evtl. Schilddrüsen – schwierigkeiten. Die Hälfte der Schilddrüsen mussten vor ein paar Jahren operativ entfernt werden. Da weit und breit kein Arzt in der Nähe ist, gesellt sich Angst dazu. Ich fühle mich hilflos und habe Bedenken.
M:
Hallo ihr Lieben, ist ja lustig gelegentlich zu gucken wo ihr seid. Nun seid ihr also raus aus dem Windloch und 2,2knots. Ansehnliche 5,9knots heute ;)Dass Ihr trotzdem ziemlich weit hinten liegt hat keine Bedeutung. Ihr seid ja trotzdem die Gewinner….schon dadurch,dass Ihr es gewagt habt.
Wie gehts Euch denn so?(….)
Liebe Gruesse ! C.
12.12.
A:
– Ich will Bernhard etwas länger schlafen lassen, bin aber selber auch schon sehr müde. Was nun? Ach ja, wir haben noch eine ganze Tüte voller ungeschälter Pistazien. Ich hocke mich ins Cockpit – und los geht’s mit der Schälerei. Die Zeit vergeht wie im Flug und ab und zu ein Nüsschen knabbern wird fast unterhaltsam.
– Jetzt konzentriere ich mich genau auf das Leben der Wellen. Und wie die leben! Ihre Charaktere sind den Menschen vergleichbar. Da gibt es die: hinterhältigen, flüsternden, brüllenden, zischenden, singenden, einladenden, hilfsbereiten, agressiven, säuselnden, drohenden, ausgeglichenen, spritzigen, frechen, überschäumenden, vorwitzigen, pfeilschnellen, drohenden, aufsässigen, unsteten, chaotischen.
B:
– Am Horizont taucht wieder einmal ein Schiff auf. A. nimmt Funkkontakt auf. Obwohl das Signal schwach, erfahren wir immerhin, dass es ein Schwede ist,
der das gleiche Ziel anstrebt. A. rechnet aus, dass wir im Dieseltank noch 100 l haben. Das reicht, um täglich die Maschine 3 Std. für Stromerzeugung und Flautenschieben laufen zu lassen. Wir versuchen beides zu kombinieren. Eine Reserve von 60 l ist noch in Kanistern. Bewusst haben wir unser Schiff nicht mit gefüllten Diesel-Kanistern überstellt, weil wir die Absicht haben, mehrheitlich zu segeln, d.h. bei Flaute zu warten, bis es wieder weiter geht. Im Prinzip haben wir ja genügend Zeit.
M:
Liebe Annemarie, lieber Bernhard
Herzlichen Dank für euren ausführlichen Bericht mitten aus dem Atlantik. Ich habe mich sehr gefreut so viel von euch zu lesen. So kann ich mir ein wenig
vorstellen, wie es euch so geht und was ihr so macht. Das ist ja eher schwierig, wenn man im kalten, nassen Regenwetter täglich am Morgen im Dunkeln ins Büro fährt und am Abend im Dunkeln wieder nach Hause kommt. Ja, da sehen eure Tage schon ganz anders aus.
Immer wieder bin ich mal ins Internet und habe geschaut, wo ihr denn jetzt gerade seid. Und ich habe mich schon gewundert: Eine Zeit lang seid ihr ja
wirklich nicht vom Fleck gekommen. Ich hab mich immer wieder gefragt: «Ja, Gottfried Stutz, was macheds dänn au?!» Der eine war ja schon nach einer
Woche drüben und die, die noch in eurer Nähe waren, hatten irgendwo umgekehrt und waren auf dem Rückweg zu den Kanaren oder einer zu den
Kapverden, weil sein Rig kaputt gegangen ist. Aber natürlich konnte ich ja nicht sehen, warum ihr nicht vorwärts gekommen seid. Ich kann mir schon
vorstellen, dass eine tagelange Flaute langsam beängstigend werden kann, wenn der Vorrat beschränkt ist. Die letzten Tage, kam ich leider nicht mehr
dazu, nachzuschauen. Nun aber, heute, konnte ich sehen, dass ihr inzwischen ein rechtes Stück vorangekommen seid. Obwohl ihr immer noch am Schwanz der Flotte seid, habt ihr auch immer etwa den gleichen Abstand zum Vorletzten, was ich so interpretiere, dass sicher noch alles in Ordnung ist bei euch. Das heisst, inzwischen habt ihr noch jemanden hinter euch, der nochmals in die Kanaren zurückgekehrt ist und später nochmals gestartet ist. Ihr seid also nicht das Schlusslicht. Das finde ich auch noch beruhigend. Eine Zeit lang hatte ich Angst, dass ihr den Anschluss an die Flotte verlieren und
noch irgendwo auf dem Atlantik verloren gehen könntet 🙁
Ich drücke euch auf alle Fälle ganz fest die Daumen, dass alles gut geht.
Ich werde eure Reise weiter verfolgen…das ist ja fast wie bei Big Brother 😉 S.
13.12.
A:
– Heute geht’s mir körperlich wieder besser.
B:
– Unterwegs entdecke ich, dass der Bolzen, der den Baumniederholer (zieht den Baum des Grosssegels nach unten) mit dem Mast verbindet, gebrochen ist. Ich bin frustriert. Jetzt bin ich froh, sind wir zu zweit und im Gespräch mit A. gelingt es, dass wir beide zuversichtlich sind, irgendwann mal anzukommen und nicht mehr auf die Uhr zu schauen. Wenn du nämlich darauf schaust, siehst du kaum einen Fortschritt. Das Meer ist gross und weit.
– In der Nacht bekomme ich erneut einen Schreck. Bei laufendem Motor rieche ich sowas wie verbrannten Gummi. Hole den Scheinwerfer und zünde zum Auspuff. Mich dünkt, es rauche, bin aber nicht sicher. Ich stelle den Motor ab und verschiebe die Kontrolle auf den Morgen..
14.12.
A:
– Der Sternenhimmel lässt unglaublich viele Schnuppen auf die Erde nieder. Alle paar Sekunden saust da und dort ein Leuchtbällchen uns Erdbewohnern
entgegen.
– Früher Morgen: Hinter uns taucht ein Licht am Horizont auf. Ein Segler, der den selben Kurs fährt? Der kommt aber schnell auf uns zu! Das Licht wird heller und grösser. Aber nein! Erneut spielt mir VENUS, der Morgenstern einen Streich! Ungewohnt, dass an der Kimm die Sterne „aufgehen“ und höher steigen, erschreckt mich das vermeintliche Topplicht eines Seglers einmal mehr. Zur Beruhigung hören wir uns vor dem Frühstück das gelungene Musikstück: „D´W. NUSS VO BÜMPLIZ“ von „Patent Ochsner“ an.
– Nach dem Frühstück gehen wir Bernhards nächtlichen „Motorenschaden“ anschauen. Mit etwas Herzklopfen starten wir den Motor – uff, alles o.k.!
– ARC-Rally-Control schreibt uns ein Mail. Fragen, ob bei uns alles o.k. ist. Sie scheinen sich Sorgen zu machen. Wir beruhigen sie.
B:
– Wo bleibt der viel gerühmt Passatwind mit den langgezogenen Atlantikwellen, die während der „Talfahrt“ ein Boot ins Surfen bringen sollen?
– Jeden Morgen fasziniert mich ein Möwen ähnlicher Vogel mit langem Schwanz, den er wie ein Faden hinter sich herzieht. Wie können diese Tiere mitten im Atlantik autark überleben? Auf das Minimum der Bedürfnisse reduziert. Doch so ganz anders als wir Menschen, die sich mit viel Technik und Nahrungsmittel eindecken müssen, um nur halbwegs über die Runden zu kommen.
M:
Dear Bernhard and Annmarie,
We have noticed that your average speed has slowed down. Is everything OK on board? I assume you must both be very tired due to the long passage?
We are all watching your progress and look forward to seeing you in St.Lucia.
regards
Jeremy
ARC Rally Control
Dear Jeremy
Thanks for contacting us. First of all – we are o.k., tired but sometimes really enjoying the nearly endless Atlantic. The watermaker is still running and food is enough on board. We have no serious problems except the spinnaker boom and the boom vang broke down. On 13th we had only 6-10 kn wind. As we are not very experienced in using the Gennaker, we prefer to do the best with our Genua and main sail.
We guess our ETA will be around 25th – just right for X-mas Pudding! And of course our X-mas gift to each of us.
Maybe we keep in contact before closing the rally office.
Best regards
Annemarie and Bernhard
Hi
Good to hear you are enjoying the trip.
Our fishing has been a bit lean although we did get an 4kg Kingfish yesterday evening so looking forward to fish, for what will probably be, our last lunch on board (we have about 60 miles to go!).
For us the journey has been a great experience (not quite what any of us expected) but I suppose that is the nature of life, particularly in such an exceptional year – in terms of weather etc.
I don’t think you should change the name, surely Mariposa is perfect as you flutter across the Atlantic? We should be changing ours to Bee as we have made a beeline for St loooshia ( we can almost taste the rum punch now!)
All the best and hiopefully see you in Rodney Bay.
Mariposa (GBR)
15.12.
B:
– Rally Control mailt, versucht uns zu ermutigen, mehr Segel zu setzen. Tun wir das, kommt aber das Schiff wieder ins Schlingern und luvt an. Es ist dann schlecht ausbalanciert und gar nicht schneller
M:
Dear Annemarie and Bernhard,
Good to know that all is well onboard; our thoughts are very much with you!
We have extended our presence in Saint Lucia to 23 December to meet later arrivals.
If you are able to increase your speed, and improve your ETA to arrive by then it would be fantastic!
The genneker is a very simple sail to use and it would enable you to sail faster in lighter airs. I would have thought it would be sensible to try and use it. Is there any specific guidance you need in helping you use it for the first time?
We hope you can speed up and arrive earlier. If not you will be assured of a very warm welcome on Christmas day for sure!
Kind regards,
ARC Rally Control Saint Lucia
16.12.
A:
– Die Nachtwache gestaltet sich immer schwieriger. Die Übermüdung nimmt stark zu. Alle 5 Min. bespraye ich mein Gesicht mit Wasser um wach zu bleiben. Nach 1 Stunde wecke ich Bernhard aus dem Schlaf. Ungern! Aber ich bin sooo müde.
– Tagsüber wieder mehr Energie und vor Sonnenuntergang dann das Highlight des Tages: 30 – 40 Delfine vollführen ein Ballett rund um unser Schiff und in der Bugwelle. Faszination pur!
B:
– Kann meine Augen kaum offenbehalten auf der Nachtwache und greife deshalb zur Eieruhr, die mich alle 15 Minuten aus dem Nickerchen weckt.
– Vergesse immer wieder, dass Annemarie durch all ihre vielen OPs und die Chemo reduziert ist. Die Segeländerungen gestalten sich für mich schwierig und es geht nach meinem Gefühl zu langsam. Dann werde ich laut, was nichts hilft und im Nachhinein tut es mir wieder leid. A. ist jetzt immer müde und erholt sich nicht mehr richtig. So kann ich mich nicht durchringen, sie zum Segelwechsel einzuspannen, weil im nächsten Moment evtl. wieder „zurückbuchstabiert“ werden müsste. Auf diese Weise fahen wir immer unter der möglichen Geschwindigkeit, was doch eigentlich egal ist. Der Vorteil: mehr Wohnqualität in unserem schwimmenden Zuhause.
M:
Liebe Annemarie und lieber Bernhard
Herzlichen Dank für eure ganz besonderen Geburtstagsgrüsse aus dem Atlantik!
Ja wir verfolgen eure Reise täglich im ARC live adventuretracking und haben schon gesehen, dass ihr einige Zeit um Cap Verde verbracht habt. 🙂 Aber das wichtigste ist, dass ihr gesund und mehr oder weniger munter in St. Lucia ankommt und nicht dass ihr die Rally gewinnt. Wir können uns gut vorstellen, dass ihr mit der Müdigkeit zu kämpfen habt, wenn man so lange auf dem offenen Meer segelt.T.
17.12.
A:
– 4 dicke „Squalls“ mit viel Regen. Bernhard nimmt eine ungewollte Dusche. Ha! Diesmal zwingt uns der Wind zu einem Richtungswechsel zu unseren Gunsten! Wie erfreulich und welche Gefühlsbäder!
– Gute Fahrt dem Ziel entgegen. Aber jetzt ist auch Bernhard erschöpft.
B:
– Das Denken beim Segeln ist meistens im Jetzt oder zukunftsgerichtet. Konzentriert auf Technik, Crew, auf mich selbst, auf das Wetter, auf was, wenn… Das Meer lässt dir keine Ruhe. Es fordert dich ständig heraus, physisch, psychisch und mit der Technik. Die Vergangenheit ist unwichtig. Selbst die Träume haben Bezug zum Heute. Aber kaum liege ich sorglos in einer wunderschönen Buch oder im sicheren Hafen, holt die Vergangenheit mich wieder ein.
18.12.
A:
– Autsch! Kann auf meiner Nachtwache kaum den linken Arm und die Schulter bewegen. So schmerzt das. Nerv eingeklemmt beim „Winschen“? Alle Dehnübungen helfen nichts. Greife zu „Entzündungshemmer“. Just what we need!
– Tagsüber verfolgt uns seit über 7 Std. immer wieder ein hellblauer, grosser Reflex im Wasser. Mal links, mal rechts vom Schiff. Wird wohl die Sonne sein, die das verursacht. Doch da! Ein Schnauben. Ein Tier, ca. 8 Meter lang. Heller Bauch und Seitenflossen ebenso. Rücken dunkel. Pfeilschnell schiesst es von hinten an uns auf 5 Meter neben dem Boot vorbei. Schwimmt es nun auf dem Rücken und zeigt uns seinen Bauch? Ein Wal? Ein Hai? Ein Riesendelfin? Fast eine Stunde beobachte ich das Treiben. Jetzt, eindeutig! Ein Wal. Die Wasserfontäne spritz hoch, ein spitzer, langer Kopf mit Maul auf der Seite und nicht unten wie bei den Haien, ragt sekundenlang aus dem Wasser. Breite, horizontale Flossen sind deutlich sichtbar. A WHALE CAME BOATWATCHING AGAIN! Sucht er evtl. ein Spielgefährte, ein Liebespartner oder eine Mamma?
– Heute sind die letzten Boote vor uns in St. Lucia eingetroffen! Und wir haben noch ca. 6 Tage vor uns!
B:
– Was mache ich hier mitten im Atlantik? Zu Hause könnte ich die Fenster schliessen und an der Modelleisenbahn-Anlage weiterbauen oder eine Runde durch den verschneiten Wald joggen gehen, danach ein warmes Bad nehmen und dann etwas Köstliches kochen.
M:
Bonjour mes chers amis
Je suis vraiment content de lire votre mail et de voir que vous faîtes une merveilleuse traversée, c’est pas grave du tout d’être les derniers, votre bonheur est très intense quand même, et c’est l’essentiel, soyez très heureux tous les deux.
Vous avez raison de ne pas mettre le moteur pour arriver plus vite, ce serait vous priver de moments extraordinaires de pleine mer ou vous pouvez mesurer à quel point la vie est merveilleuse.
Je suis très heureux aussi de savoir que vous êtes en bonne santé tous les deux, et je vous dit bravo pour cet exploit, c’est quelque chose que vous n’oublirez jamais, c’est formidable.(…)
J’ai pris beaucoup de retard dans mon planning, mais je suis très heureux comme ça, alors je laisse faire le temps, et je vis au présent tous les jours qui passent, je pense que le bonheur n’a pas besoin de montre et de planning.
Je vous souhaite une très belle arrivée, je vous félicite encore pour cette première traversée réussie.
Prenez bien soins de vous
Je vous embrasse très fort. M.
19.12.
A:
– Wir können kaum noch warten anzukommen! Machen Speed!
B:
– Uns drückts wieder nach Norden, weil der Wind aus Osten bläst. Wir müssen vor dem Wind kreuzen und dadurch wird der Weg wieder länger. Die Hoffnung, am 23. Dezember anzukommen, schwindet dahin. Jetzt nur nicht verzweifeln, denn sonst drehe ich durch! Ich muss lernen, es demütig hinzunehmen.
20.12.
A:
– Erhalten aufmunterndes Mail von Freunden und Verwandten. Haben das so nötig und sind dankbar.
M:
Hallo Annemarie und Bernhard
Jetzt habt ihr es fast geschafft, Schlafmanko, eintöniges Essen vergessen…. noch ein bisschen «guzzi geben» und dann könnt ihr Weihnachten bei wunderbarem tropischem Wetter geniessen.
Ihr könnt stolz auf euch sein, so ein Abenteuer zu bewältigen.
Ich habe immer wieder auf der Arc Homepage das Neuste nachgelesen, die erwarten euch an «X-mas Eve».
Ich wünsche euch noch eine gute und stressfrei Fahrt, ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins 2011.
Liebe Grüsse.R
21.12.
A:
– 0440: Mondfinsternis. Eine ockerne Scheibe schiebt sich langsam vor den Mond. Welch seltenes Spektakel!
B:
– Woher kommt bloss der kleine, hübsche Vogel, der sich erschöpft auf MARIPOSA für ein paar Stunden ausruht? Leider ruhen auch für immer fliegende Fische auf unserem Deck.
M:
Good morning to all of you
Unfortunately, we are not able to come in to St. Lucia by 23rd. Our ETA will be, as you certainly noticed, 24th at daylight. For the moment we are in position 14deg.23N and 56deg.22 W. We have only 6 kn Wind from E and try out our genneker (not for the first time). But even though the SOG is not very encouraging. Do we email the marina to get a berth place or do we have a reservation?
Concerning the yellowbrik: would there be anybody who could take it back once we are in St. Lucia?
Looking forward to seeing you in St. Lucia.
Kind regards
Annemarie and Bernhard
Hallo liebe Leute,
Eben mal schnell eine kurze Antwort. Wir werden uns sicher noch begegnen.
Ich bin seit letzter Freitag auf Barbados und liege geankert vor die Stadt Bridgetown. War 24 November von Mindelo losgefahren. Alles was ihr sagt über die Winde stimmt auch für mich. (…) Ich habe immer auf die SSB gewartet bei Gruppe A ob die Mariposa sich melden würde mit ihre Position. Nichts war da und ich habe mich ein bischen Sorgen gemacht um euch. Ich hatte noch ein Freund in Gruppe B und mit ihm habe ich täglich Kontakt gehabt. Als ich noch so 300 Seemeilen von Barbados entfernt war hat er mir gesagt das die ARC Berichte zeigen das ihr noch vor mir segeln wurden. Also die Position hat wohl nicht gestimmt. Dann habe ich aber gedacht, alles ist gut und wir sehen uns bestimmt wieder.
Bin froh das ihr es geschaft habt, denn über das letzte Stück, da mache ich mir gar keine Sorgen. Mitten auf der Ocean dann ist es schwierig wenn der Wind nicht da ist oder man bekommt in Schwierigkeiten mit Motor oder Elektra. Lass mir bitte wissen wenn ihr auf St. Lucia seit. Ich komme bestimmt zu euch wenn die ARC wieder weiter segelt. Warte also auf mich, und sonst treffen wir uns vielleicht auf Martinique oder so. (…)
Grüsse,
H.
22.12.
B:
– Ein Segelschiff am Horizont. Auf französisch ruft es uns über Funk auf. Wir plaudern mit ihnen. Sie haben 2 liebenswürdige, kleine Mädchen an Bord, die sich auch gerne am Gespräch beteiligen.
M:
Dear Annemarie and Bernhard,
We have been keenly watching your ETA, as it has changed from 25 Dec to 24 tto 23 and now back to 24! I am afraid we are not able to remain in Saint Lucia after Thursday (23 Dec), so we will miss you. However you are assured of a tremendous welcome as many of the ARC yachts still here are keen to see you over the line and into the harbour.
There will be a berth for you – it’s impossible to say which one yet as there is currently a lot of turnover in the marina.
You should call ARC Fnish Line on Ch 77 when 5 miles off, and again at 2 miles. The yellowbrick needs to be returned to the UK. I am not sure of anyone
specifically flying back, but I am sure you’ll find someone to help you with that task.
Your fellow ARC participants look forward to welcoming you to Saint Lucia. Are you subscribed to the ARC weather forecasts? If not we’ll stop sending them to you!
Kind regards,
ARC Rally Control Saint Lucia
Good morning to all
Thanks for all your information. We will follow these instructions. Concerning the weather forecast: We have never had a subscription and are surprised, that we need one. Our question is: how to proceed?
Unfortunately we will really not be able to arrive before the 24th and therefore we would like to thank the organisation and rallycontrol for all the support we have had untill now.
We wish you Merry X-mas and all the best for the coming 2011!
Kind regards
Annemarie and Bernhard
Dear Annemarie and Bernhard,
The weather forecast will be sent again tomorrow, which will be the last day. We have made arrangements for you to be welcomed on arrival, which relies on you calling on VHF Ch 77 at 5 and 2 miles!!
All the very best for your arrival in St Lucia, and wishing you a Happy Christmas!
Kind regards,
ARC Rally Control Saint Lucia
Good morning to all
Many thanks for all the arrangements you have made for us. We appreciate it very much. Since we will be approaching St. Lucia during the night, we prefer to stay just outside Rodney Bay till the morning for coming in at daylight. At about 0800 local time we will call ch. 77. Would this be o.k.?
Kind regards
Annemarie and Bernhard
Dear Annemarie and Bernhard,
There are a lot of people very keen to meet you when you arrive, and Duncan from the finish line boat is waiting for your call. He plans to come out into the Bay to escort you in and so you would not have any problems coming in at night.
Please call on VHF Ch 77 at 5 and 2 miles whether by night or day. The reception committee is waiting for you!
Kind regards,
ARC Rally Control St Lucia
23.12.
A:
– Schon am Morgen windstill und dunkle Regenwolken. Es dauert auch nicht lange, da prasselt es nass vom Himmel. Ich nehme puddelnackt eine Dusche. Es regnet so stark, dass sogar der letzte Rest Seife vom Körper gespült werden kann. Sauber für die Ankunft!
B:
– Also jetzt sparen wir keinen Diesel mehr und geben Gas! Uns wird per mail mitgeteilt, dass wir die Nacht nicht „draussen“ verbringen und abwarten sollen, bis es hell für die Einfahrt in den Hafen wird. Stattdessen wird uns eine Eskorte am Eingang der Bucht abfangen und uns an den Steg bringen. Also, nichts wie los. Wir geben alles, um noch vor Mitternacht in St. Lucia anzukommen.
– Plötzlich tauchen mehr und mehr Lichter am Horizont auf. Das kann nur die Insel sein. Wir riechen die Zivilisation: ein Gemisch aus nassem Wald, Abgas, und Küche: LAND IN SICHT!
M:
Jetzt…habt ihr es bald geschafft, ihr tapferen Seefahrer! Noch 36 Seemeilen bis zum Ziel. Lasst den Wind in die Segel und volle Kraft voraus! Ich drück euch die Daumen für den Endspurt. Liebe Grüsse.S.
Jetzt habt ihr aber voll auf Power gesegelt. Ihr seid ja nur noch 25 nm von Santa Lucia enfernt. Dann seid ihr nun wirklich an Weihnachten dort, das gibt dann aber ein schöner Empfang. Da werden die Leute ja nicht schlecht staunen, wenn Bernhard aufkreuzt mit seinem Vollbart. Die denken doch glatt da kommt «Santa Claus»….ho ho ho. R.
Ihr schafft,s genau zu Weihnachten.Das nennt man timing! Ich wuensche Euch von ganzem Herzen, dass Euch trotzdem (->Sogar die Party fuer Jene,die erst nach der Preisverleihung ankamen ist vorbei.) jemand in Empfang nimmt (und ein feines Essen spendiert). Nehmt es mit Humor..denn irgendwie hat es schon was lustiges an sich. So wie ich es verstanden habe,haben die ARC-Leute schon Humor und bestimmt eine Ueberraschung fuer Euch bereit. Vielleicht ein Hund? (Die Letzten beissen die Hunde) Geschafft habt Ihr es jedenfalls: Herzlichen Glueckwunsch und schoene Weihnachten.
Liebe Gruesse. C.
Bei unserer Ankunft werden wir von der ARC Organisation und etlichen Rally-Teilnehmern wie VIP´S empfangen. Am Eingang der Rodney-Bay fängt uns ein Fotograf im Dunkeln (es war ca. 22 Uhr local time) ab und blitzt uns von allen Seiten an. Anschliessend nähert sich uns das Lotsenboot, das uns sicher in die Marina an den Steg bringt. Super, denn vor dem Eingang der Marina steht hoher Schwell. Wir können fast auf den Wellen surfen. Kaum biegen wir in die Marina ein, erklingt lautes: Hurraah, die MARIPOSA ist da! Congratulation MARIPOSA! Welcome MARIPOSA! Nice to see you MARIPOSA! usw. Tröten, pfeifen, rufen, klatschen – das ist vielleicht ein Empfang! Am Steg dann hilfreiche Hände beim Vertäuen des Schiffes. Rum-Cola als Begrüssung und dann wird uns ein Welcome-Früchtekorb überreicht mit herzlichen Begrüssungsworten. Ca. 40 Leute blieben extra so lange wach, um uns persönlich am Steg zu begrüssen. Das alles bewegt uns zutiefst!
24.12.
M:
Hey, konnte euch heute morgen gar nicht mehr finden ;-)) Super ich gratuliere euch, jetzt habt ihr es geschafft.
Die Strapazen sind jetzt hinter euch und ihr könnt nun das schöne, warme Wetter geniessen, Schlaf nachholen, gut Essen etc. Ich sehe gerade auf der Webcam, ihr habt ja Regen….. denke mal, vorerst wird das euch nicht stören so könnt ihr ungestört schlafen, schlafen und nochmals schlafen.
Liebe Gruess R.
MITTLERWEILE: A U S G E S C H L A F E N! – Grüsse aus der Rodney Bay und Umgebung
Frische Früchte fehlten uns unterwegs enorm! Hier werden sie ans Schiff geliefert.
HEISSER WINTER!
KARIBIK – KLEINE ANTILLEN
Wie ist das möglich – schon sind es wieder mehrere Monate her, seit wir uns meldeten. Auch hier vergeht die Zeit wie im Flug. Die Atlantiküberquerung längst kein Thema mehr, haben wir hier so manch Fremdes zu „entdecken“. Natürlich nicht im Sinne von Columbus!
St. Lucia
Wohin unsere Entdeckungsreisen führen, nicht überall fühlen wir uns behaglich. Die Schere zwischen arm und reich erschreckt uns. Die ärmere Bevölkerung versucht aus allem ein kleines Geschäft abwickeln zu können. Für uns Ruhe suchenden nach der langen Überfahrt, nicht sehr entspannend! So werden wir ständig freudig an Land und am Boot begrüsst: „Hello my friend. How are you doing? Do you enjoy St. Lucia?“ Hört sich ja eigentlich ganz einladend an. Und schon geht das Geschäft los: „Look, I have some very nice fresh fruit. Special price for you!” Ja, natürlich! Und dann kosten die verschiedensten Früchte je 20 EC-Dollars (East Caribbean Dollars). Das ist dann mindestens das Doppelte bis 3 oder 4-fache als auf dem Früchtemarkt. Als nächstes zu special prices dann die Halsketten und geflochtenen Körbe aus Palmwedeln. Interessanter Weise wieder alles zu 20 EC$. Wir haben Verständnis. Die Leute brauchen auch Geld, aber alles hat eben seine Limite. Verhandeln wir, wird das weitgehendst akzeptiert, aber manchmal verlassen diese Boat Boys das Schiff mit lautem Geschimpfe, wollen wir mal nichts.
Doch wir lernen auch 2 sehr liebe „Rasta“-Typen kennen, die uns enorm behilflich sind und uns nicht „über den Tisch ziehen“ wollen. Der eine führt uns auf verschlungenen Pfaden in die Höhe von Marigot-Bay. Sein kleiner Neffe auch gleich mit von der Partie, stapft tapfer in die Höh! Der andere Rasta-Man lehrt uns den Umgang mit einheimischen natürlichen Heilmitteln. Seine diesbezüglichen Kenntnisse sind erstaunlich gross. Er könnte beinahe als Medizinmann „durchgehen“.
Weiter unten in Souffriere riecht es schon beim Ankern entsprechend dem Ortsnamen – nämlich nach Schwefel. Nachts wird uns davon fast übel. Und auch hier immer wieder Boat Boys mit Spezialofferten, die unzimperlich anlegen und unser Schiff zerkratzen und Spuren ihrer eigenen Bootslakierung als Erinnerung hinterlassen. Dann eines morgens, sehr früh, verzweifeltes Klopfen und Rufen: „Capitaine, Capitaine! – Capitaine, Capitaine!“ Doch mein Capitaine will noch nicht raus. Also schaue ich an seiner Stelle nach, was da so dringend ist. Draussen in einem gelben Paddelboot wieder ein Kleinhändler, der schon mehrmals an uns vorbeipaddelte und uns tags zuvor was verkaufen wollte. „I´m really starving of hunger! Please give me a slice of bread!“ O.k. mein frischgebackenes wird geteilt, mit Butter und Konfitüre bestrichen. Gierig schiebt er das Brot zwischen die Zähne und mit vollgestopftem Mund: „Good, good!“ – Ich: „Willst noch eines und ein Glas Wasser?“ – „Yes please!“
Das lässt er sich nicht entgehen. Dann, so gestärkt, will er mir eine geschnitzte Kalabasse verkaufen. Zu überrissenem Preis. Nein, das denn doch nicht! Mindestens die Hälfte runter. Er ist einverstanden und ich darf nach dem Bezahlen fotografieren. Glückseelig paddelt er mit unserem mitgegebenen Abfallsack Richtung Städtchen.
St.Lucia, Rodney-Bay – Martinique, Le Marin
Den Jahreswechsel begiessen wir gemeinsam mit unserem in St. Lucia wieder getroffenen holländischen Freund, den wir in den Kanaren kennen lernten und segeln bald danach mit beiden Booten nach Martinique. Vorher beschliessen wir, unterwegs Fotos voneinander zu „schiessen“. Ist ja eher schwierig, das selber zu tun! Und stellt euch vor, dieser Mann segelte mit einem 8 Meter Boot über den Atlantik!
„Mal bist du oben, mal bist du unten…….“ Mariposa mit dem neuen Sturmsegel und 2-fach gerefftem Gross
Martinique
Wir glauben uns zurück in Europa. Europäischer Standard, wohin wir auch blicken . Doch auch da sind die Leute teilweise sehr dunkelhäutig. Also doch nicht ganz so Europa. Für uns das grosse Aufatmen. Endlich mal Ruhe. Wir können uns frei bewegen, ohne für ein Kleingeschäft angehalten zu werden. Nein, im Gegenteil. Wollen wir was, müssen wir uns schon selber darum bemühen.
Überrascht werden wir von der üppigen Vegetation und dem Regenwald. Eine Grünpflanze überwuchert die andere. Rühmlich ist nicht nur das grüne Dickicht. Nein, rühmlich ist auch der Rhum. Das Nationalgetränk der Karibik. Deshalb beschliessen wir, uns einmal eine solche Distillerie aus der Nähe anzuschauen. Tatsächlich wird das Zuckerrohr als Basis auch heute noch in grösseren Flächen angebaut. Leider können wir keine moderne Distillerie in Betrieb erleben, aber das historische und mit wunderbarer Parklandschaft umgebene Museum hinterlässt doch einen bleibenden Eindruck.
Natürlich wollen wir uns auch ein genaueres Bild über das gelbe, krumme Grundnahrungsmittel und Exportgut machen, das wir ja alle sehr gut kennen. So fahren wir mit unserem Mietauto zu einem Bananenmuseum – vielmehr ein Freiluftpark, mit ca. 100 verschiedenen Sorten von Bananenpflanzen, die uns mit ihrer Vielfalt an Farben und Formen in grosses Erstaunen versetzen.
Dieser Ausflug wird zu einem angenehmen, längeren Spaziergang inmitten dieser tropischen Pflanzen. Seit wir hier in der Karibik weilen, haben wir von einheimischen Frauen manch guten Tipp zum Kochen, Frittieren, Braten oder Grillieren von diversen Bananensorten erhalten. Der kulinarische Alltag auf dem Schiff hat schon etliche Veränderungen durchgemacht. Was hier so an tropischen Früchten und Gemüse wächst, das macht echt Spass, etwas Leckeres damit auf den Essisch zu bringen. Die betörenden Gerüche, Farben und Formen regen zu fantastischen Kreationen an.
Leider müssen wir uns in Martinique von unserem holländischen Freund trennen. Er will weiter segeln und wir nehmen es gemächlicher. Nun ist er schon durch den Panamakanal und bereitet sich für den Pazifik vor. Es ist nicht sehr leicht, los zu lassen, aber die gute Zeit, die wir mit Bekanntschaften
unterwegs haben, die wird gelebt und genossen. Die Reise geht weiter und das Kennenlernen von anderen Menschen ebenso.
Dominica
Endlich nähern wir uns unserer Favoriteninsel und liegen mit MARIPOSA bald an einer Boje in der Prince Ruppert Bay. Und los geht’s anderntags. Indian River – Flussfahrt. Frühmorgens werden wir an unserem Schiff abgeholt. Zusammen mit einem englischen Seglerpaar lassen wir uns von einem lokalen Führer durch die Mangroven rudern. Beinahe lautlos gleitet sein Boot unter dem tiefhängenden Blätterdach hindurch. Ganz ergriffen hocken wir da und staunen, während unser Führer Geschichtliches über die Indianer, die einst da lebten, erzählt. Millionen Ur-Kariben wurden bald nach der Entdeckung bestialisch umgebracht. Etwa 200 Nachfahren sind heute noch in einem Reservat der Insel anzutreffen .
Unser anschliessend geführte Ausflug bringt uns an den Fuss des höchsten Berges dieser Insel. Wir lernen einheimische Urwaldriesen kennen, machen uns auf Suche nach dem endemischen Vogel – einer Kaiseramazone – sie soll nur auf Dominica vorkommen. Ohne grosse Vorwarnung giesst es in Strömen. Der Himmel öffnet seine Schleusen. Den Vögeln scheint dies nicht zu behagen. So können wir nur ihr Pfeifen hoch oben in den Baumwipfeln hören. Unser Fahrer führt uns durch landwirtschaftliches Gebiet und dadurch kommen wir unterwegs in den Genuss von köstlichen rosa und gelben und saftigen Grapefruits, die hier angebaut werden.
Anderntags schlendern wir durch das kleine Städtchen bis uns der Hunger ein Restaurant suchen lässt. Da! „Sea View Restaurant“! Aber wo? – Nie hätten wir geglaubt, dass es sich um ein solches Lokal handeln würde, hätte uns nicht eine schwungvolle junge Dominicanerin reingewunken. Vier einfache Tische mit allerlei ganzen und teilweise wackligen Stühlen. Eine „Terrasse“ mit Blick auf ein grosses Schiffswrack das von einem Hurrican hierhergespült wurde und auf die Bucht, wo MARIPOSA friedlich vor sich hinschaukelt. Das von Kelly köstlich zubereitete und aufgetischte kreolische Essen überzeugt uns in Geschmack und Frische. Mit ihr ins Gespräch gekommen, schlägt sie uns eine geführte Privattour im nördlichen Teil der Insel vor. Gegen Bezahlung natürlich. Doch der Preis scheint uns fair. Und welch ein unvergesslicher Ausflug, der auf unserem Schiff mit ihr und ihrem Freund und einem von ihr gekochten Abendessen endet. Diese quirlige, gesprächige Frau voller Energie und Lebenslust, sie hinterlässt uns ein bleibendes Andenken an ein lebendiges und freundliches Dominica!
Iles Les Saintes
Wieder Flaggenwechsel. Französisches Territorium. Im Sturzflug werden wir empfangen. Pelikane in nächster Nähe auf Nahrungssuche. Welch spektakulärer Anblick! Gerne würden wir dieses Treiben länger beobachten und uns auch auf Suche der hier lebenden Leguane aufmachen. Doch leider ist spürbare Hochsaison und die wunderbaren wilden Inseln von Schiffsverkehr dermassen vollbepackt, dass wir sie anderntags schon verlassen und uns aufmachen, nach
Guadeloupe
Diese Insel verpflichtet uns zum Besuch, weist sie doch die Form eines Schmetterlings (MARIPOSA) auf. In der Mitte beider Flügel liegt die Hauptstadt Pointe a Pitre. Dort lassen wir unserem Schiff eine Unterbodenreinigung und Farbe verpassen. Seither läuft unser Boot im Durchschnitt 1 ½ Knoten schneller. Das macht echt Spass, doch immer noch müssen wir uns daran gewöhnen. In dieser Hauptstadt nutze ich (A) auch die Gelegenheit, meinen seit 8 Wochen schmerzenden Fuss zu röntgen. Siehe da, ein Vorfussknöchelchen sauber gebrochen und wieder im Begriff zu heilen. Der Arzt verpasst mir Ruhe (was mir nicht so leicht fällt, bewege ich mich doch liebend gerne) und einen Stützverband. Wie das zum Bruch kam, das wird unter dem Titel Bordleben erklärt.
An der Westküste des linken Flügels teilen wir erstmals das Wasser mit Wasserschildkröten und bunten Fischchen. Das Schnorcheln will kein Ende nehmen.
Antigua
Von England in die Unabhängigkeit entlassen, aber noch sehr englisch geprägt. English Harbour, unser Einklarierungshafen. Beim Herannahen an die schroffe Südküste erinneren wir uns der englischen Südküste und all der „Pilcher“-Fernseh-Filme. Einmalig präsentiert sich die Aussicht auf den Shirley Heights. Wir überblicken English Harbour und Falmouth Harbour. Die Insel ist auch sehr bekannt für die alljährliche Antigua Classic Yacht Regatta und für den Mega Yacht Challenge. Entsprechend treffen wir auch häufiger auf Mega Yachten. Da erscheint unser Schiff manchmal wie ein „Beiboot“ von diesen Riesen.
St. Barthelemy oder St. Barts
Wieder Französisches Land. Es wird als das St. Tropez der Karibik bezeichnet. Schickimicki vorallem in Gustavia. Markenartikel auf Schritt und Tritt und Preise, die in den Himmel wachsen. Trotzdem geniessen wir ein paar wunderbare Schnorchelbuchten.
Sint Maarten und St. Martin
Witzig. Mitten durch die Insel zieht sich eine Grenze. Ein holländischer und ein französischer Teil. Tatsächlich nicht zu übersehen oder zu überhören, fährt man rundum. Hier machen wir Halt, um unser Schiff kostengünstig mit Ersatzteilen zu versehen oder Reparaturen vorzunehmen. Leider müssen wir aus Zeitgründen Cuba von unserer Wunschliste streichen, wollen wir nicht in die Hurricanes geraten, die anfangs Juni ihre Saison eröffnen. Dafür durften wir mit lieben und unkomplizierten Freunden aus der Schweiz 2 tolle Segeltörnwochen verbringen. Nebst St. Barts lenkten wir unser Schiff auch nördlich von Sint Maarten nach Anguilla und trafen auch hier auf fantastische Schnorchelgründe und Naturreservate. Wir erfreuen uns des glasklaren Wassers und der berauschenden Abendstimmung vor Anker. Gerne zehren wir noch eine Weile von diesem abwechslungsreichen und intensiven Zusammensein mit ihnen.
Bordleben
Wie also kann ein Fussknöchelchen gebrochen werden? Ich, A, richte die Solarpanele in Schräglage, um sie der Sonne entgegenzustellen da ruft B: „neiiiiin!“. Bis ich reagiere fällt von einer Panelhalterung unser Ankerlicht in Form einer solarbetriebenen Gartenlampe ins Wasser. Ich will sie vor dem Versinken retten und mache einen Hechtsprung hinterher. Leider war da noch ein harter Metallsokkel für die Windsteueranlage im Weg. Peng. Das tat weh. Das Ankerlicht verloren, dafür ein extrem schmerzender Fuss. Hinterher gehechtet bin ich eigentlich nur, weil hier in der Karibik sehr schwer wieder eine solche Lampe zu finden ist und sie uns doch erheblich Strom von der Bordbatterie einsparen hilft.
Hier auf dem Schiff lernen wir haushälterisch mit den Energie-Ressourcen umzugehen. Über Mittag, wenn die Solar-Panele viel Strom liefern, stellen wir den Kühlschrank aufs Maximum um ihn abends auf eine Minimum zu reduzieren. Dieser Kühlschrank ist unersättlich, was der an Energie verbraucht! Und hier im heissen Tropengürtel umsomehr. Wir laden über Mittag Handys, aufladbare Batterien oder hören gerne mal eine schöne CD. Wir holen unsere Wettergribs oder senden Mails über Funk. Der Wassermacher läuft dann ca. 1 Std. lang und produziert aus 40 Liter sauberem Salzwasser 5 Liter Trinkwasser. Wasser sammeln wir auch in Eimern für unsere Tanks, wenn ein tropischer Platzregen vom Himmel prasselt. Dieses Wasser benutzen wir für Dusche, Wäsche und Geschirr waschen und die Putzerei im Haushalt.
Die Unterschiede vom schwimmenden Zu Hause und an Festland werden uns je länger je bewusster. Alle Elektronik-Geräte leiden unter der salzhaltigen Luft. Gehen sie kaputt, lassen sie sich nicht einfach so wieder reparieren. Einerseits fehlen uns die Kenntnisse dazu, andererseits suchst du auf einer Insel unter Umständen tagelang nach einem Spezialisten. Am besten wäre, ohne diese Technik auskommen zu können. Funktioniert sie, ist sie wunderbar und vereinfacht das Leben. Geht sie kaputt, hast du Sorgen. Vielleicht finden wir eines Tages zurück zur „Natur“. Zumindest haben wir das geschafft in Bezug auf das Fernsehen. Diesen Apparat haben wir noch keine Minute vermisst, gibt es doch täglich enorm viel Spannendes im Hafen, am Anker, beim Segeln oder Wandern in der Natur zu beobachten. Hinzu kommen all die wertvollen und bereichernden Kontakte unter Einheimischen und Seglern.
Gewöhnen müssen wir uns immer noch an die langen Tropennächte. Um 19 Uhr ist es stockdunkel, ob Sommer oder Winter. Bekanntlich wird der Mensch auch schläfrig in der Dunkelheit und so schaffen wir es knapp, bis 21 oder 22 Uhr wachzubleiben. Wir sind definitiv keine nachtaktiven Menschen! Macht auch wenig Sinn für uns, länger aufzubleiben, geben wir Abend für Abend ein gefundenes Fressen für die Stechmücken ab! Doch manchmal werden wir für das Aufbleiben belohnt mit einer unvergesslichen Vollmondstimmung. Am Morgen stehen wir meist freiwillig um 06.30 Uhr auf und geniessen die Morgenfrische. Nachts kühlt es auf ca. 23 Grad ab und momentan herrschen Tagestemperaturen zwischen 27 und 33 Grad bei hoher Luftfeuchtigkeit.
Karibische Regierungen
Viele frühere Kolonien sind heute in die Unabhängigkeit entlassen worden und haben ihre eigene Regierung. Auffällig ist, dass die ehemaligen englischen Kolonien viel mehr Armut aufweisen und die Schulbildung zu wünschen übrig lässt. Hingegen ist der Reichtum in Architektur, das Waren-Angebot in den verschiedensten Geschäften und auch die Schul- und Ausbildung auf den Inseln, die noch zu Frankreich gehören, unübersehbar. Erfreuliche Erfahrungen machen wir mit den Werften und den Händlern von Schiffszubehör hier auf den Inseln. Im Vergleich zu den Kanaren sind wir bisher besser und preisgünstiger bedient worden.
Eindrücke von der einheimischen Bevölkerung
Die meisten Menschen (Nachfahren der Sklaven) sind dunkelhäutig, sehr hilfsbereit, freundlich, gemütlich, lachen oft und plaudern gerne. Und im Gegensatz zur Schweiz – sie haben enorm viiiiiiiel Zeit und wir Weissen bringen am besten mindestens so viel Zeit mit! Auf dem Markt kaufst du einheimisches Gemüse/Früchte und die Marktfrauen liefern dir gerne mündlich ein köstliches Rezept dazu.
Rasta-Bewegung
Sie wird von einer Vielzahl der einheimischen Bevölkerung fast zelebriert. Schon durch die Begrüssung zeichnet sie sich aus. Alle sind Brothers and Sisters. Auch wir werden manchmal so angesprochen. Die Haare – eine Unmenge an feinsten Zöpfchen. Echt smart! Der Joint immer griffbereit. Für uns echt weniger smart! Wer Genaueres über diese Bewegung wissen möchte, schaut am besten unter Wikipedia nach. Hier würde das ins Endlose führen.
Weitere Planung
In ein paar Tagen verlassen wir St. Maarten. Je nach Wind und Wetter segeln wir direkt oder mit Zwischenhalt in den Süden nach Curaçao, eine der ABC-Inseln (Niederl. Antillen) und fliegen anfangs Juni für einen Monat in die Schweiz. Dort wollen wir ein paar ärztl. Termine wahrnehmen und sicher auch Zeit finden, einige Leute zu treffen (leider nicht alle, die wir kennen! Tut uns jetzt schon leid!)
Wer interessiert ist, unseren jeweiligen Standort abrufen zu können, speichert sich am besten den folgenden Link:
http://www.pangolin.co.nz/yotreps/tracker.php?ident=HBY4347
Bitte lasst euch nicht irritieren, wenn unsere Schiffsposition plötzlich an Land ist. Der Google-Tracker stimmt mit unserem GPS nicht vollkommen überein.
Das wär’s. Wir hoffen, euch allen geht’s soweit gut und wir wünschen euch jetzt schon einen wunderbaren Sommer!
Herzliche Grüsse
Annemarie und Bernhard – SY MARIPOSA IN TRANSIT
P P P – Pleiten, Pech und Pannen
Überfahrt Sint Maarten – Curaçao: 4 Tage
Gegen Abend segeln wir nördlich an der wolkenverhangenen Insel Saba vorbei. Ein Landfall lohnt sich nicht. Der Ankerplatz wäre bei dieser Wetterlage zu rollig. Wir machen flotte Fahrt bei angenehmem Nord-Ost- Wind. Deshalb entschliesst sich Bernhard, die Angel nachzuschleppen. Schon bald steht sie unter starkem Zug. Eine halbe Stunde später gelingt es, die schwere Beute an Bord zu ziehen, wo sie endlich ihre volle Grösse zeigt. Ein ausgewachsener Barrakuda!
Kaum ist der Räuberfisch an Deck, taucht ein kleines, stark motorisiertes Fischerboot aus dem Nichts auf und umkreist uns. Warum das? Die vier Mann Besatzung winkt uns zwar freundlich zu, wohl ist uns trotzdem nicht dabei. Wir bereiten vorsichtshalber den Notfunk vor, mit der Notfallart “Piratenüberfall“, denn weit und breit sind keine anderen Schiffe in Sicht. Man weiss ja nie…vermutlich harmlose, neugierige Leute. Bald entfernen sie sich und geraten ausser Sichtweite.
Kaum macht sich Bernhard ans Ausnehmen des Fanges, donnert ein Düsenflugzeug mit der Aufschrift “ Coast Guard“ über unsere Köpfe. Ist der Notruf versehentlich rausgegangen? Eine Überprüfung des Funkgerätes verneint diese Frage. Der Fisch wird also in kleine, kochbare Stücke zerteilt und wandert mariniert in einer Gratinform in den Backofen. Eine Stunde nach dem köstlichen Nachtessen klagt Annemarie über Kopfschmerzen mit Schwindel und ein Kribbeln am ganzen Körper. Beide spüren wir in den Beinen einen merkwürdigen, nicht zuzuordnenden Muskelkater. Am nächsten und übernächsten Tag geht es uns nicht besser. Zu jedem Nachtessen gibt es Barrakuda mit wechselnden Zutaten. Erst vor der letzen Nacht verzichten wir auf den Rest. Wir wundern uns über unsere Müdigkeit bei der sonst so problemlosen Überfahrt nach Curaçao. Wir fühlen uns erschöpfter als nach der Atlantiküberquerung und schreiben es den vielen aggressiven Mückenstichen von St.Maarten und der schier unerträglichen, feuchten Hitze in Curaçao zu. Es kostet uns viel Konzentration, nachts knapp an Bonnaire vorbei zu navigieren und später am Morgen durch eine schmale, schlangenlinienförmige Einfahrt zu unserem Ziel zu gelangen. Zeitweise haben wir nur zwei Handbreit Wasser unter dem Kiel. Wie üblich ist die gelbe Flagge an Steuerbord gehisst, was so viel heisst wie: „wir sind noch nicht einklariert“. Wir müssen wie überall innert 24 Stunden zum Zoll (in diesem Fall mit dem Bus nach Willemstad) wo unsere Papiere, wie meistens freundlich, kontrolliert werden. Danach geht’s an einem anderen Ort in der Stadt zur Immigration und anschliessend noch zur Harbour-Control, um die Bewilligung für den Ankerplatz einzuholen.
Auseinandersetzung mit Körper und Technik
Nach dem zweiten Tag in der grossen Lagune “Spaanse Water“ , wo unsere Yacht am Anker liegt, entschliessen wir uns, in Willemstad einen Arzt aufzusuchen. Schlapp und geschwächt setzen wir mit unserem Beiboot an Land über und bemerken dabei das Auslaufen von Benzin aus dem Aussenborder. Es verwandelt die Wasseroberfläche um uns herum in herrliche grün-violett und rote Farb-Töne. Nicht gerade umweltkonform. Zum Glück können wir ein weiteres Auslaufen durch Abstellen des Benzinhahnes verhindern und so kümmern wir uns zuerst um unsere Gesundheit.
Der Doktor, ein freundlicher, schlanker Riese ist Holländer und spricht deutsch. Nachdem wir ihm unsere Symptome erklären, fragt er, ob wir Fisch verzehrt hätten. Er erklärt uns, dass hier Leute im Spital liegen, die sich in Sint Maarten und Umgebung mit Ciguatera vergiftet haben. Ein Raubfisch, wie der Barrakuda, frisst Fische, die sich durch giftige Algen an Wracks und kranken Riffen infiziert haben. Im Räuberfisch reichert sich dieses Gift an. Der Mensch, der solche Fische isst, merkt erst etwas, wenn er genügend von diesem Nervengift erwischt hat, d.h. wenn das Fass zum Überlaufen gebracht ist. Dann wird die Krankheit ausgelöst. Der Arzt also meint, wir hätten schon vor diesem Fisch solches Gift erwischt und seien noch glimpflich davon gekommen. Er verschreibt Vitamin B und Lyrica für die Eindämmung der Symptome. Wir müssen warten, bis das Gift den Körper in 2 bis 6 Monaten wieder verlässt. Mehr kann man nicht tun.
Willemstad, Curaçao mit drehbarer Schwimmbrücke
Zurück beim Beiboot wartet eine Aufgabe auf uns. Wieso läuft das Benzin aus dem Aussenborder? Wir untersuchen die Maschine. Nun sehen wir es deutlich. Es läuft aus dem Vergaser. Klar, ohne Werkzeug können wir nichts tun und so entschliessen wir uns, zu MARIPOSA zurückzurudern. Nach hundert Meter holt uns John, ein Holländer, mit seinem Beiboot ein und schleppt uns ab. Somit lernen wir auf unkomplizierte Art einen Nachbar als Ankerlieger kennen. Bei MARIPOSA angelangt fragt er uns, wo eigentlich das Problem sei. Wir erklären es, worauf er sagt, er kenne diesen Fehler. Er zeigt auf 5 Schrauben, die wegzunehmen sind, auf ein Teil, das umzudrehen ist, auf den Vergaser, den wir demontieren müssen, auf den Schwimmer, den wir samt Nadel rausnehmen müssen, um die Düse reinigen zu können. Dort liege nämlich die Ursache. Bevor wir diese Ratschläge vergessen, machen wir uns trotz Krankheit an die Arbeit. Nach einer Stunde läuft der Motor wieder, ohne einen Franken ausgegeben zu haben. Wir sind so stolz, dass wir gleich noch zum “Sundowner“ fahren. Das ist hier ein Treff von Seglern jeden Dienstag und Freitag, um sich kennen zu lernen und Erfahrungen auszutauschen. Dies als Beispiel, wie gross die Hilfsbereitschaft ist, wie viel voneinander gelernt werden kann und wie man sich an vielen neuen Orten gleich wieder wie zu Hause fühlt. Auch die tägliche Funkrunde am frühen Morgen Uhr trägt dazu bei.
Aufgabe des Windsurfsportes
Durch die Funkrunde erfährt die Seglergemeinschaft im “Spaanse Water“ von einem Jugendlichen, der sehr Freude hätte, einen eigenen Windsurfer zu fahren. Er kam vor 10 Jahren mit seinen Eltern von Holland hierher, wo ihre Yacht schliesslich sank. Jetzt aber leben sie auf einem schwimmenden Katamaran. Da wir einen Windsurfer von Mönchaltorf mit dem Auto nach Alicante, von dort an der Reeling unseres Schiffes festgezurrt über die Kanaren in die Karibik transportiert haben, ohne ihn je zu gebrauchen, verschenken wir ihn. Er versperrte nur dauernd den Platz. Zudem hatten wir keine Zeit zum surfen. Ausserdem wird in der Regel immer auf Plätzen mit ablandigem Wind geankert, weil das sicherer und wegen den geringeren Wellen angenehmer zum Wohnen ist. Im Gegensatz dazu ist Windsurfen bei ablandigem Wind nicht ratsam, weil die Gefahr besteht, bei Problemen im unendlichen Ozean auf nimmerwiedersehen zu verschwinden. Und weil wir das Gewässer bei unseren zukünftigen Destinationen mit Haien und Krokodilen teilen müssen, haben wir, resp. hat Bernhard, den Surfsport schweren Herzens definitiv aufgegeben.
Da wir einen 4 wöchigen Ausflug in die Schweiz planen, dislozieren wir in die nahegelegene Marina. Diese stellt eine Erklärung aus, dass unsere Yacht in dieser Zeit in ihrer Obhut liegt. Das müssen wir dem Zoll (Customs) melden. Diesmal ist der Empfang dort alles andere als freundlich. Ein Zöllner lässt sich vorerst ziemlich lang Zeit, um uns zu bedienen. Unter „Macho-Gehabe“ kommt er an den Schalter daherstolziert: Keine Begrüssung. Kurzer Blick auf unser Papier: „Dies ist das falsche Formular!“ „Wie soll es denn aussehen?“ Eine Lösung bietet er schon gar nicht an. Unsere Erklärung, dass wir dieses Papier bis zu unserem Abflug zeitlich nicht mehr beschaffen können, interessiert ihn nicht. Unser Problem! Damit wendet er uns den Rücken und stolziert in seiner prächtigen Uniform wieder in den Bürohintergrund zurück. Willkür! Verzweifelt rufen wir den Marina-Manager an, der uns seine Hilfe anbietet und uns beruhigt.
Das Mass ist voll – erneut krank in der Schweiz
Anfangs Juni fliegen wir: Curaçao – Amsterdam – Zürich. Der Langstreckenflug fühlt sich an wie ein Ausflug in den Kühlschrank. Wir frieren, frieren, frieren. Das trotz Kniesocken, Windjacke und mehreren Wolldecken, die uns zur Unkenntlichkeit entstellen. Die Nasenschleimhäute schreien vor Schmerz. Endlich Zürich. 14 Grad. Regen. Welch ein Temperatur- und Klimaschock! Eine gute Seele von Schwester holt uns ab, damit wir möglichst rasch an die Wärme kommen. Schon bald liegen wir weich gelagert unter der kuscheligen Bettdecke. Das Frieren nimmt kein Ende und nach 2 Wochen unseres Schweizer-Aufenthaltes haben uns die „Erkältungs-Käfer“ voll im Griff. Ja, sie sind so sprungfreudig, dass sie nicht wenige Personen in unserem Umfeld „beglücken“. Natürlich tut uns das sehr leid für all die Betroffenen! Wir liegen an verschiedenen Orten mehr oder weniger im Bett und können viele Termine nicht wahrnehmen. Am 1. Juli stehen wir frühmorgens geschwächt von Antibiotika und in so schlechter Verfassung in der Abflughalle Zürich, dass wir kurzentschlossen den Flug nicht antreten, sondern um eine Woche verschieben. Dies erweist sich als absolut vernünftig, beginnen wir uns doch täglich wieder etwas zu erholen. Aber nun ab, nach Curaçao. Klar, dass wir uns auf unser Zuhause freuen. Obwohl wir hier an verschiedensten Orten herzlich willkommen geheissen und verwöhnt worden sind, fehlt uns doch unser schwimmendes Daheim.
Allen zum Trost, die wir nicht sehen konnten – die nächste Gelegenheit kommt bestimmt.
Zurück in Curaçao
Kaum bekommen die Segler „Wind“, dass wir wieder auf MARIPOSA zurück sind, bekommen wir kurz hintereinander zwei Willkommensbesuche und eine Einladung für eine Geburtstags-Grillparty! Wir sind zu Hause!
Herzlichst
Annemarie und Bernhard
LANGZEITSEGLER-ROMANTIK
Was? Die liegen noch immer vor Anker in Spaanse Water, Curaçao? Dachte, die wollten doch Segeln! Was tun die denn bloss, all die Wochen, all die Monate?? Ja, was tun die denn bloss?…
Wäschewaschen
Wie zu Grossmutters Zeiten: Der Gashahn wird geöffnet, 1 Pfanne heisses Wasser gekocht. Schmutzwäsche im Lavabo übergiessen. Dann kneten, reiben, kneten, spülen, auswringen, nochmals spülen, auswringen und ab an die Reling aufgehängt. Wind und Sonne ersetzen den Wäschetrockner.
Für Bettzeug und Frotteetücher: Umliegende Segler nach einer Wäscherei fragen. Das Dinghi (Beiboot) zu Wasser lassen, ans Ufer fahren, mit dem Bus Stadt einwärts, ein paar Meter zu Fuss. Wäsche abgeben. Wir verbinden das Nützliche mit einem köstlichen Essen und nächtlichen Stadtbummel.
Willemstad
Dabei fällt uns auf, dass Curaçao wohl die schönsten Autoschilder weltweit haben muss.
Am nächsten Tag Wäsche wieder abholen. Den wasserfesten Sack damit füllen. Auf dem Rückweg per Dinghi wollen wir die Wäsche ja nicht gleich wieder einsalzen!
Lebensmitteleinkauf
Hier in Spaanse Water, Curaçao, komfortabel. Mit dem Dinghi ans Ufer. Um 10.00 h wartet ein Shuttle, der uns zum Supermarkt hin und zurück bringt. Nach 2 Stunden sind wir alle wieder zurück, versorgt mit Lebensmittel und dem neuesten Segler-Tratsch. Schon werden wir erwartet.
Ein Winzling besucht uns auf der Badeplattform, grosse Vögel sind eine Gefahr für ihn
Wetterbeobachtung
Gemütlich sitzen wir im Cockpit beim Abendessen. Der Himmel einmal mehr eine Farbenpracht. Beneidenswert, diese Segler!
Gemütlich sitzen wir im Cockpit eines Segler-Nachbars beim Abendessen. Der Himmel überzogen von dichtem, vielschichtigem Grau. In der Ferne beobachten wir ein sich nähernder Regenvorhang. Erste Blitze, begleitet von Donnergrollen. Dann, ein Knall. Puahhh. Das war nah! Nach einem Hitzetag toben nun die Elemente am Himmel. Die Ankerbucht: Eine einzige Attacke von Blitzlichtern. Schauerlich schön! Besorgte Blicke aller Segler in ihren Cockpits, Die Winddrehungen werden beobachtet. Reicht es im Schwojkreis, an anderen Nachbarschiffen vorbeizukommen? Wie geht’s wohl unserem Schiff? Die Luken in beiden Toiletten stehen offen. Wollen mit dem Nachhause fahren abwarten, bis sich das kräftige Gewitter abschwächt. “Zu Hause“ angekommen: Schönes Fussbad! Aber nix passiert, ausser dass beide Toiletten etwas später wieder sauber geputzt sind. Beneidenswert, diese Segler?
Gemütlich sitzen wir frühmorgens im Cockpit und geniessen die wunderschöne spannende und doch friedliche Morgenstimmung. Beneidenswert, diese Segler!
Tägliche Funkrunde
Allmorgendlich über Funk werden aktuelle Wetterberichte verbreitet, wird Hilfe für allerlei Fragen, wird Hilfe für eventuell Erkrankte angeboten, werden Neuankömmlinge begrüsst oder Abreisende verabschiedet, wird Schiffs-Gebrauchtmaterial angeboten oder verkauft. Es wird über aktuelle Sehenswürdigkeiten oder Kulturelles informiert. Das „Wasserboot“ erinnert für die Wasserbestellung.
Wasser wird ans Boot geliefert
Die Funkrunde muss natürlich von einer Person geleitet werden und in englischer Sprache, da diese unter der internationalen Segler-Gemeinschaft verbreitet ist. So wird für einen Morgen die Woche auch MARIPOSA angefragt: „Net Controller“ zu sein. Na gut, Annemarie, übe dich doch! Klar, das erste Mal mit Kribbeln im Bauch. Die nächsten Male geht’s besser und besser.
Soziales
Mehrmals ergibt sich die Gelegenheit, Ausflüge zusammen mit anderen Langzeit-Seglern auf der Insel zu unternehmen. Das verläuft meistens gemütlich und vertieft den Kontakt zueinander.
Unser Nachbarkind hat Geburtstag. Als Geschenk bekommt der Knabe eine „wilde“ Dinghi-Fahrt, die er schon eine ganze Weile auf der Wunschliste hatte.
Hier in Curaçao, Spaanse Water, trifft sich die Seglergemeinschaft 2x wöchentlich abends zur „Happy Hour“ bei einem Drink (oder auch mehr). Dabei wird allerhand erzählt, gefragt und getratscht. Interessant! Wie ein natürliches Gesetz sitzen bald die Frauen und Männer in separaten Grüppchen. Die Unterhaltungen entsprechend. Männer: „Du, wie oft wechselst du den „Coolant“ deines Dieselmotors?“, „Wo bekomme ich bloss 10 mm INOX-Schrauben mit europäischer Steigung?“ „Was machst du, wenn dein Aussenborder „versäuft“?“……Frauen: „Wie fühlst du dich, wenn du technische Lösungen bieten solltest und sie nicht hast?“, „Wie geht’s dir 24 Stunden rund um die Uhr auf so engem Raum mit deinem Lebenspartner?“, „Wo bekomme ich wohl wasserfeste, robuste Stoffe?“, „Kennst du einen guten Friseur?“, „Wo könnte ich eine Inseltour buchen?“ „Wie geht es eigentlich deinen Freunden, die kürzlich nach Columbien lossegelten?“. „Wo könnten wir eine Dinghi-Abdeckung herstellen lassen?“- „Frag doch bei den Seglern der ELSA. Die suchen immer mal bezahlte Arbeit“. Ja, das tun wir gern.
Studium neuer Reviere
Bevor es aber weitergehen kann, wird das Internet für Revierinformationen oder Behördenabläufe der jeweiligen Länder herbeigezogen. Nautische Literatur und Kartenmaterial sowie Gastlandflaggen müssen besorgt werden. Nicht immer “vor der Haustür“ erhältlich und oft teuer. So fragt jeder den anderen, ob er etwas zum Kopieren an Bord hat. Wenn ja, bedeutet das meistens eine Halbtagesreise zu einem Kopierzentrum. Der Halbtagesausflug wird dann oft zu einem ganzen Tag. Die Stadt bietet zum Verweilen. Spannende Architektur.
Bücher, Fotos, Mails
Bücher verschiedenster Themen werden anstelle TV gerne „verschlungen“ und dann auch untereinander weitergegeben. Fotos, die unterwegs gemacht werden, wollen archiviert sein, damit sie auch nach Jahren wieder auffindbar sind. Mails werden in alle Welt verschickt. Der Kontaktkreis wird auch immer grösser. Nicht unbedingt mit der Heimat.
Lange Haare
Lange Liegezeiten/Aufenthalte – lange Haare. Wohin zum Friseur? Bernhard hat ihn dringend nötig. Beim 5. Salon wagen wir es, drin zu bleiben. Alles eher Dunkelhaarige, meist krauses Haar. Ob die das wohl können, mit dem geraden, europäischen Haar? Während Bernhard wartet, bis er an der Reihe ist, verbringe ich die Zeit mit Einkaufen. Zurück im Salon: Je kürzer Bernhards Haar, umso länger meine Stielaugen. Ist er das wirklich? Bis zum Deckhaar ein 5mm Schnitt. Schön gemacht. Was wird bloss aus dem Rest? Amüsiert und gleichzeitig entsetzt sitze ich da. Was macht der Meister nun? Ich sehe zu, wie er fast ratlos oben viel zu viel stehen lässt und die Fransen schnurgerade schneidet (wie war das eben bei den Papua in Neuguinea?) Entsetzlich. Soll ich mich nun einmischen? Ich entscheide mich vorerst für Zurückhaltung. Das Kurzhaar steht ihm gut, aber der ganze Rest? Fertig? Fertig! Das ganze umgerechnet SFr. 8.–!
Nach ein paar Tagen greife ich eigenhändig zur Schere und versuche das Deckhaar in eine passende Länge zum Rest zu trimmen und die Fransen etwas ausgefranster mit etwas Gelee aufzupeppen. Gar nicht so übel. Meint auch Bernhard und alle rund um uns.
Fazit: Da warte ich besser mit meinem Kurzhaar-Schnitt bis Aruba, wo ich bestimmt einen internationalen Salon in einem Luxushotel finde.
Vorbereitung auf eine längere Fahrt
Die Bilgen, tiefster Punkt im Schiff, vergleichbar einem Keller im Haus, werden gereinigt. Die darin gestauten Lebensmittel auf Ablaufdaten und eventuell Lebendiges kontrolliert und wenn nötig, neu aufgestockt. „Cucaracha“-Fallen werden platziert. Küchenschränke und andere werden raus geputzt. Viel umstehendes Material, das während der schaukelnden Fahrt durchs Schiff „fliegen“ könnten, muss gut verstaut oder festgezurrt werden. Dann, die mentale Vorbereitung auf die Fahrt ins Unbekannte. Schnell haben wir Tendenz, „sesshaft“ zu werden. Mit etwas Wehmut wird vom neuen Freundeskreis Abschied genommen. Hier, in Curaçao geschieht dies bei gemütlichem BBQ auf einem Inselchen bei Sonnenuntergang. Eine internationale Gesellschaft. Franzosen, Südafrikaner, Canadier, Amerikaner, Deutsche, Schweizer, Holländer geniessen den Abend zusammen. Danke Birgit & Rainer für die Organisation. Sowas kann natürlich nur zustande kommen, wenn jemand die Initiative ergreift.
Fotos: Ulli Pusch
Tröstlich, dass Abschied und Wiedersehen so nah beieinander liegen. Irgendwo auf dieser Welt triffst du immer auf „Altbekannte“. Vorteil der heutigen Vernetzung: der Standort kann schneller und leichter mitgeteilt werden. In San Blas warten Schweizer auf uns, mit denen wir in Lanzarote vorletzte Weihnachten und anderes gefeiert haben.
In Aruba angekommen
Für Customs/Immigration müssen wir erstmals mit dem Schiff hinfahren. Die Zufahrt mit sehr wenig Wassertiefe. Der Puls rast, als die Tiefenanzeige 0 Meter! unter dem Kiel anzeigt. Glück gehabt. Schnell haben wir wieder mehr Wassertiefe.
Anlegen – wo?? Alle Plätze am Quai von Venezolanischen Frachtschiffen belegt. Also längsseits an eines dieser Boote. Bisher konnten wir immer zu Fuss oder mit Ö.V. zu diesen Ämtern hin.
Nach ¾ Std. Schreibarbeit und 15 US$ für den Hafenplatz-Bewacher, fahren wir zum nahe gelegenen Ankerplatz. Airport Anchorage. Das sagt wohl alles aus.
Todmüde suchen wir bald darauf unsere Koje auf und freuen uns schon auf das morgendliche Erkunden der näheren Umgebung.
Denkste…! Nachts schaltet sich immer wieder mal die Wasserpumpe ein, um den Druck aufzubauen. Also bleibt uns nichts anderes, als nach dem ersten Frühstückstee einem eventuellen undichten Wasserhahn auf die Spur zu kommen. Der Verdacht des Heisswasserboilers bestätigt sich. Mehrere Anschlüsse sind undicht. Energisch und im Schnelltakt tropft es in die darunter liegende Bilge. Kostbares Tankwasser hat sich über Nacht in die Hauptbilge ergossen. Es bleibt uns nur, sie leerzupumpen und dann all das Notwendige für die Reparatur aus den diversen Depots hervorzusuchen. 2 bröselige Dichtungen. Aber wie das so ist, haben wir eben nicht die genau passende, nur eine ähnliche. Der Innendurchmesser muss vergrössert werden. Also Bohrer und Feilen her und abändern. Bis alles wieder dicht und das Material verräumt ist, verstreichen gute 3 Stunden und unser Frühstück wird dann eben zum Brunch.
Verschwitzt springen wir in das türkisblaue und saubere Wasser und kühlen uns ab. Oh, wie wohl das tut! Wir wollen danach noch eben unsere Ankerkette säubern, die fast 2 Monate ohne Unterbruch im Spaanse Water von Curaçao auf Grund lag. Iiiigitttttt! Mindestens 1 Messbecher voll Barnicles (kleine Muschelschnecklein, die kleben, als wurde 2-Komponenten-Leim verwendet) hebelten wir aus und von den Kettengliedern. Die fallen nicht einfach ab. Leider. Dann den stinkenden Schleim und die Algen und das Seegras entfernen. Danach die ganze Kette im sauberen Wasser dieser Bucht ruhen lassen, schwenken, ruhen lassen und wieder hochziehen. Der Ankerkasten – ein Duft, schlimmer als ein Schweinestall! muss auch raus geputzt werden. Die ganze Aktion dauerte ca. 3 Stunden.
Jetzt aber noch das Dinghi, inzwischen mit einer schicken Abdeckung von ELSA genäht, von Deck hieven. Vorher noch gut aufpumpen. Dann den schweren,
inzwischen neu gekauften 8hp-Aussenborder von der Heckreling runterlassen. Dazu benötigen wir nun einen Seilzug. Und dann – endlich kann‘s losgehen mit dem Ausflug an Land.
Birgit & Rainer, die Künstler der Abdeckung
Aber denkste…!
Ein Katamaran läuft in die Ankerbucht ein. Die kennen wir doch von Spaanse Water! Richtig. Die Spanier sind eingetroffen. Natürlich bleiben wir da und bei einem Drink wird viel erzählt und ausgetauscht.
So wird es Abend und unser Landausflug verschiebt sich auf morgen.
Landausflug
Es klappt. Zuerst zum nahe gelegenen Renaissance Luxus-Hotel. Ständig sehen wir kleine Wassertaxis Touristen vom Hotel an einen von unserem Ankerplatz nahegelegenen Strand hin und zurückzubringen. Wo aber steigen diese Touristen ein? Die Hotelhalle ist des Rätsels Lösung! Welch kreative Idee!
Der Hunger lässt grüssen. Hier ist es einfach, zu erschwinglichen Preisen ein schmackhaft gekochtes Mittags-Menu zu finden, ist diese Insel doch für den Bade- und Konsum-Tourismus bekannt.
Zufall? Oder auch nicht? Ich, A., finde sogar den internationalen Haarsalon. Schon bald wird der lange Pelz, der bei diesen tropischen Temperaturen eher hinderlich ist, gekürzt. Und das recht professionell von einer kolumbianischen Friseuse. Welch eine Wohltat.
Mit einem sog. Hotelbus fahren wir den Hotelresorts entlang zu Eagle Beach. Ein fast 4km langer weisspulvriger Sandstrand. Für doppelten Genuss, informieren wir uns immer wieder über das öfter mal kühl bis kalte Regenwetter in der Schweiz! Lebendiges Treiben im und am Wasser.
Wir wandern dem Wassersaum entlang und entdecken in der Ferne eine Gesellschaft in Weiss.
Wie Papparazzis wird nun unter den Bäumen angeschlichen. Beim Herannahen dann die Überraschung.
Eine Hochzeitsgesellschaft beim Trauungs-Zeremoniell! – Originell!
Auf dem Rückweg beim Busbahnhof fällt der Blick auf eine Eisdiele. Gelati artesani italiani. Mhh. Das war lecker!
Weiterreise nach Santa Marta
Schon sind wir wieder daran, die GPS mit Wegpunkten zu füttern, die verschiedenen Wetterseiten auf dem Internet zu konsultieren. Wir wechseln in die nahe gelegene Marina und werden sehr freundlich und professionell empfangen. Hier können wir unsere Wassertanks und den Dieseltank nachfüllen.
Zudem nutzen wir die Gelegenheit, einen halbtägigen, organisierten Inselausflug zu unternehmen. Zuerst fahren wir dem Eagle Beach, mit seinem glasklaren und türkisfarbenen Wasser, entlang. Viel, ausser wunderschöne, kilometerlange puderweisse und sehr einladende Badestrände, die fast auf Schritt und Tritt mit karibischer Musik beschallt sind, gibt die Insel nicht her. Die kreativen Hotelanlagenen reihen sich dicht an dicht den Stränden entlang. Die Bauerei nimmt kein Ende. Hier ein paar Bilder von den wenigen Sehenswürdigkeiten: Schmetterlingsanlage (ein Muss unseres Schiffsnamens wegen!)
Lighthouse California im nordwestlichsten Zipfel der Insel (vor längerer Zeit sank ca. 3 sm entfernt ein Frachter namens „California“)
Dann befahren wir einen Kreuzweg, der zur Alto Vista Kapelle führt. Dieser Weg wird mit einer grösseren Osterprozession jährlich begangen.
Ein Indianer-Heiligtum: Steinformationen auf einer Erhöhung. Von dort ist es möglich, weite Teile der Insel zu überblicken.
Längst leben keine Indianer mehr hier. Die Insel wurde im Mittelalter von verschiedensten Nationen besetzt und umkämpft, bis sie definitiv zu den Niederlanden gehörten. Heute gehört Aruba zu den Niederländischen Antillen, wird jedoch selbst verwaltet und regiert, wobei die holländische Königin für 6 Jahre einen Gouverneur bestimmt, um das Königreich zu vertreten.
Als letztes besuchen wir noch die eingestürzte Natursteinbrücke über einer kleinen Bucht bei Andicuri an der Nordseite der Insel.
Ein Glück, dass die Babybrücke daneben überlebt hat. Wie lange diese vor dem Einstürzen verschont bleibt, ist ungewiss.
Ganz bestimmt sind da noch ein paar andere Sehenswürdigkeiten, die wir nicht besuchten. Was wir aber von unserem Tour-Führer mitnehmen ist, dass praktisch alles auf der Insel importiert wird. Landwirtschaft ist hier unmöglich. Das Klima viel zu trocken. Der Boden zu karg. Es wachsen fast nur Büsche und Kakteen, Kakteen, Kakteen (ca. 25 Arten).
Wasser wird entsalzt und gereinigt. Aruba soll die zweitgrösste Entsalzungsanlage weltweit haben. Das Trinkwasser schmeckt wirklich gut, enthält aber bestimmt keine Mineralien. Ein Produktionszweig ist die Aloe Vera. Verschiedenste Produkte werden davon hergestellt und exportiert. Dies ebenso in Curaçao.
Ansonsten lebt die Insel vom Tourismus.
Gesprochen wird hier wie auch in Curaçao und Bonaire das Papiamento. „Con ta bai?“ – „Mi ta bon“. (Wie geht’s dir? Mir geht’s gut). Die Sprache – ein Mix aus Holländisch, Spanisch, Portugiesisch, West Afrikanisch, Arawak (Inidanische Sprache) und mit dem Computer-Zeitalter Englisch. Das Spanisch dominiert, da Aruba in enger Nachbarschaft mit Venezuela und Columbien steht. Englisch (oder Amerikanisch) wird häufig gesprochen seit der Erdölraffinerie 1920 auf der Insel und seit dem touristischen Aufschwung. Einige der Einheimischen sprechen sogar 10 Sprachen!
Wegen der Hurrikane haben wir hier sehr hohe Luftfeuchtigkeit und eine enorme Hitze (ca. 37°C tagsüber). So bilden sich imposante Wolkentürme, die sich abends dann meistens mit Gewittern und manchmal prasselndem Regen entladen und entleeren. In unserem eigenen Interesse studieren wir das Wetter gut, denn unsere Fahrt nach Santa Marta ist bekannt, mit Cabo de Vela und Santa Marta, eine der 5 schwierigsten Kapumrundungen weltweit zu sein. Ehrlich, uns ist schon etwas mulmig. Aber wir werden das schon schaffen.
Herzliche Grüsse von den „Zigeunern“.
Annemarie und Bernhard