Franz. Polynesien – Fij, Vanuatu und Neukaledonien

Die Reiseberiche 2013 Franz. Polynesien – Fij können als PDF hier im komprimierten ZIP Format heruntergeladen werden:  zum download hier klicken

Franz. Polynesien – Gesellschaftsinseln Januar bis Mitte April 2013

Belvedere auf 500m, oberhalb Tahiti. Bei dieser Vegetation und dem angenehmen Klima kommt ein bisschen Heimweh auf

Papeete (Tahiti) by Night

Papeete Hafengelände. Alternative für günstigere Verpflegung in den sog. Roulottes, fahren-de Küchen.

Nie hätten wir vor Antritt unserer Reise geglaubt, wie viel Zeit der Schiffsunterhalt und die Reparaturen in Anspruch nehmen, wie viel wir gefordert werden auf dem Weg zur Lösung von schiffsspezifischen „Knacknüssen“. Wohl haben wir vorgängig etliche Weltumseglerbücher gelesen. Eines davon mit dem passenden Titel: „Sie reparierten sich an den schönsten Ankerplätzen um die Welt“. Wir dachten, das kann uns doch mit einem 6 jährigen Schiff nicht passieren. Doch halt. Wir schrammen knapp an diesem Buchtitel vorbei. Im Gespräch mit anderen Seglern merken wir schnell – da gibt es keiner, der nicht eine mindestens vollgeschriebene A4 Seite als Arbeitsliste besitzt. Und das, egal, wie lange die Reise dauert, wie neu das Schiff ist.

Nun, so krempeln wir eben die Ärmel hoch und los geht’s. Wochenlag marschieren wir nach dem Frühstück zu den verschiedenen Geschäften und Vertretungen in Papeete, um benötigte Bestandteile und Werkmaterial zu suchen. Wir trachten nach einem Funkspezialisten. Unser Gerät hat unterwegs von Tahaa nach Moorea und von dort nach Tahiti ein zu schwaches Signal für eine vernünftige Kommunikation mit anderen Schiffen. Sowas können wir auf gar keinen Fall ignorieren, dient dieses Gerät doch wesentlich unserer Sicherheit an Bord. Doch zuerst prüfen wir schiffseitig die Kabelanschlüsse auf Korrosion und ob die Drähtchen auch wirklich noch richtig sitzen, um Kontakt zu machen. Nichts, was uns beunruhigt. Da findet nach langem Suchen Bernhard einen Spezialisten für Reparatur von Funkgeräten und Antennen und dank Annemaries Französischkenntnissen können wir ihn auch gleich per Telefon mal um Rat fragen. Wir bringen ihm das Gerät in seine Firma, wo er durch Messungen feststellt, dass es funktioniert. Jedoch ergeben die Messungen im Schiff eindeutig, dass die Antenne nichts mehr taugt. Weil wir in Papeete am Steg im Haupthafen liegen und ganztags vielen Wellen von der Grossschifffahrt und dem regen Fährbetrieb ausgesetzt sind, tanzt und ruckt MARIPOSA manchmal ganz verärgert in den Leinen. Dazu quietschen und scheppern die mit dicken Eisenketten verbundenen Schwimm-Stege, als würden sie im nächsten Moment auseinanderreissen. Auch sie zerren unser Schiff hin und her.

Aus diesem Grund beschliessen wir, dass sich Bernhard morgens um 0500 h „opfert“ und auf den Mast, von Annemarie mit einem Fall gesichert, die 15 Meter hochklettert, weil es im Hafenbecken dann am  ruhigsten ist, bevor die erste Fähre wieder hereinfährt. So klettert also B. frühmorgens den „Berg“ hoch und bringt die Antenne runter. 6x hängt er dort oben am Masttop unter teilweise fürchterlichem Torkeln unseres Schiffes, bis die geflickte Antenne samt neuem Kabel wieder richtig sitzt. Um das neue Kabel durch den Mast ins Schiff einzuziehen, müssen wir uns etwas einfallen lassen. Die ersten zwei Versuche scheiterten, weil dieses Kabel auf halber Strecke stecken blieb. Also verwöhnen wir es, nachdem wir vernahmen wie es hier gemacht wird, mit Tahiti Massageöl.Siehe da. Es klappt mit Schütteln und Rütteln 5cm vorwärts, 2cm zurück.

Das alte Antennenkabel wurde wahrscheinlich werkseitig mit Kabelbindern an anderen Kabeln befestigt. Wir können das Gerät mit dem Kabel verbinden und welch eine Freude, wir werden wieder weitherum gehört und können empfangen. Merci Henry! Der sympathische 70jährige Herr von der Firma CETEL hat eine tolle Leistung vollbracht.

Das einzige Schiff an unserem Ponton ist nur noch ein nach alten polynesischen Plänen nachgebauter Katamaran mit dem die Strecke nach Hawaii nachvollzogen wurde. Wir fragen den Skipper, was er tut, wenn ein Zyklon kommt: „Ich bete zu Gott und verhalte mich brav und anständig.

Dann wird bestimmt kein Zyklon vorbeikommen“. Wir halten uns aber lieber an die Prognosen und beobachten genau die Laufbahnen der Zyklone des Südpazifischen Beckens. Mitte Januar sehen wir, dass es für uns in Papeete kritisch wird. Unerträglich wird der Schiffs-Tanz im Schwel vom Hafenbecken. Wind und Welle drehen auch immer mehr zu unseren Ungunsten und es kündigt sich für die kommenden Tage ein grösseres Tief mit stürmischen Winden an. Wir flüchten in den Süden von Tahiti nach Port Phaeton bei Taravao.

Sicht vom Plateau de Taravao
Die weit in das Land reichende Bucht gilt als sog. Hurricane Hole. Franzosen, die schon über 6 Jahre hier am Anker liegen und wohnen bestätigen uns,

dass sie bisher immer sehr geschützt vor allem vor hohen Wellen waren. Das beruhigt uns und wir bereiten uns mental auf  eine längere Liegezeit vor. Die Arbeit geht nicht aus. Jetzt müssen Decksplanken und Abdichtungsstellen repariert werden. Heute Morgen brennt die Sonne und trocknet das Deck. Gut für die Reparatur. Doch beim Öffnen einer Stelle kommt mehr „Krankes“ zum Vorschein als erwartet und es will kein Ende nehmen. Da hier nun aber Regenzeit ist, wechselt das Wetter auch schnell und innert Stunden sieht es komplett anders aus. Der Himmel, eine dichte graue Wolkendecke und die Schleusen öffnen sich. In Eile überspannen wir die „Baustelle“ mit einer „Plastic-Blache“, damit nicht noch mehr Regen unter das Teakdeck rinnt. Mit viel Aufwand wird die grösste Schadstelle repariert. Die nächsten müssen auf bessere Wetterbedingungen warten.

Damit wir nicht den „Schiffskoller“ bekommen, setzen wir uns zwischendurch in einen öffentlichen Bus und fahren der Südwestküste von Tahiti Iti entlang bis zur Endhaltestelle in TEAHUPOO. Dies ist ein bekannter Ort für Wellensurfer. Bei entsprechender Wind- und Wellenrichtung bäumt sich die See am Aussenriff dermassen auf, dass sogar die internationale Surfer-Elite Spass daran findet und sich zu Meisterschaften trifft.

An diesem Ort können wir uns wieder mal in glasklares Wasser am schwarzen Sandstrand legen und uns abkühlen. Ganz im Gegensatz zu Port Phaeton, wo das Wasser trüb ist von den zahlreichen Bächen, die bei Regen viel Erdreich mit schwemmen. Erfrischt spazieren wir dem Ufer entlang und bestaunen die auch hier, wie fast überall in Franz. Polynesien, so liebevoll gestalteten und sauber geputzten Blumen- Gärten.

Wir schlendern zurück ins Dorf und kaufen bei einer Frau Früchte aus ihrem Garten. Sie lässt uns im Schatten im Vorgarten auf den Bus warten und bedient uns gleich noch mit Stühlen und reifen Bananen. Glücklicherweise haben wir den Bus-Chauffeur gefragt, wann er zurückfährt, denn der uns von der Busgesellschaft ausgehändigte Fahrplan ist absolut unbrauchbar. Auf der Rückfahrt überkommt uns beim Betrachten der auch hier so üppig grün überwachsenen Hänge eine grosse Lust auf Wandern in den Bergen. Doch es regnet von  Dezember bis März dermassen viel, dass es zu Erdrutschen kommt und deshalb nur mit grösster Vorsicht und nicht überall marschiert werden kann.

Es habe noch nie soviel geregnet wie dieses Jahr, sagen die Einheimischen. MARIPOSA setzt Moos an auf dem Deck. Wir können wohl bald darauf Golf spielen. Löcher hat es ja genug.

Es gibt auch Überschwemmungen, die uns aber nichts anhaben können. Unsere Unterkunft schwimmt. Bei starkem Regen können wir nicht viel an Deck machen und müssen unter Deck Schutz suchen. Doch bei geschlossenen Luken fühlt es sich an wie in einer Sauna. Wenn zwischendurch die Sonne hinter den Wolken hervor lugt, und wir wieder raus können, brennt sie so unbarmherzig, dass unsere Haut, selbst mit höchstem Sonnenschutz eingerieben, innert Minuten reifen Tomaten ähnlich sieht.

Die Arbeitsliste ist noch lang. Ein neues Kabel muss im Schiff durch einen engen Kabelkanal gezogen werden. Eine schweisstreibende Arbeit, denn die Luken müssen einmal mehr geschlossen bleiben wegen Regengüssen aber auch wegen der offenen Mülldeponie. Diese liegt versteckt in unmittelbarer Nähe hinter einem idyllischen mit Kokos-Palmen und Grünpflanzen bewachsenen Hügel und stinkt bei Nord- Westwind unerträglich. Mit dem Gestank besuchen uns Hunderte lästige Fliegen. Schade, denn die Bucht liegt so wunderbar ruhig im Grünen. Wir können es drehen und wenden wie wir wollen – überall gibt es „beide Seiten der Medaille“.

Zum Glück wohnen hier doch ein Paar Segler an Bord ihrer Schiffe. Wir werden mehr als in einem Dorf genau beobachtet. Doch das hat manchmal auch Vorteile. So beobachtet ein Nachbar, dass wir unsere Fock (Vorsegel am Kutterstag) nicht runter bekommen. Schnell erkennt er die Fehlkonstruktion, die auch er bei seinem Vorsegel ändern musste und er kommt rüber und berät uns sehr professionell. Ein ansässiger Segelmacher kann die lausige Konstruktion aus den Kanaren richten indem er das Segel am Kopf mit einem schmalen Streifen verlängert, damit die Führungsschiene nicht leer bleibt und sich verdrehen kann. Die zu kurze Distanz vom Kopf zum Roller wurde damals nur mit einem 2 m langen Seil überbrückt.

Den während der Pazifiküberquerung prov. geflickten Dieseltank-Entlüfter können wir immer noch nicht reparieren, weil uns ein Teil fehlt, das hier nicht erhältlich ist, Wir wollen den gebrochenen Anschluss samt Schlauch mit einem dickeren überziehen,
was ein bisschen weniger provisorisch wäre. Eine andere Lösung finden wir nicht, da der Tank aus einem Material gebaut wurde, das nicht geklebt werden kann. Ein Segelschiff auf Langfahrt funktioniert eben nur provisorisch zwischen zwei Pannen. Wir gewöhnen uns allmählich daran. Der Schlauch wird uns der nächste Besuch aus der Schweiz mitbringen. Wir freuen uns darauf. Auf den Besuch natürlich.

Wir haben noch viel mehr Dinge zu richten, bis unser Besuch Ende April erscheint und die Segelsaison für dieses Jahr wieder startet.

Wäschetag in der Regensaison – ein ganz besonderes Vergnügen und Kleinprojekt. Die Sonne scheint. Schnell, schnell die gewaschene Wäsche an die Reling hängen. Toll, der Wind hilft den Trocknungsvorgang zu beschleunigen. Zufrieden vertiefen wir uns unter Deck in andere Arbeit und merken zu spät, dass unsere hängende Wäsche ein fünftes Mal gespült wird. Abrupt ändert das Wetter hier und ganz schnell entwickeln sich die ersten Regentropfen in einen Sturzbach. Nun, die Wäsche bleibt hängen und schon bald lugt die Sonne wieder hinter den Wolken hervor und das ganze Spiel beginnt von vorne.

Ein halber Tag vergeht, die Wäsche wird fast trocken von der Reling genommen und im Schiffsinnern über Polster, über Haken und Bügel zum Restrocknen aufgehängt. Glücklicherweise findet sich eine einheimische Frau, die uns gegen Bezahlung die grössere Wäsche in ihrer Waschmaschine wäscht. Welch ein Luxus für uns.

Doch wir wollen euch nicht weiter mit unserer alltäglichen Arbeit langweilen, sondern versuchen, die oft gestellte Frage, ob hier wirklich das Paradies zu finden ist, zu beantworten.
Unsere ersten Eindrücke in Polynesien sind durchwegs positiv. Vielerorts werden wir herzlich willkommen geheissen, mit Früchten beschenkt und es ist auffallend, wie spontan und gerne sich diese Menschen auf ein Gespräch einlassen. Allerdings wird unser Cliché von der Südseeschönheit nicht erfüllt. Die meisten Menschen, Männer wie Frauen, sind hier kräftig gebaut (Diabetes ist weitverbreitet). Doch es ist unglaublich, wie geschmeidig sich die runden Hüften der Frauen beim Tanz bewegen. Überwältigt sind wir von der üppigen und fruchtbaren Natur und mit wie viel Liebe und Hingabe die Polynesier ihre Gärten und Pflanzungen pflegen. Ein Luxus der Natur, dass das ganze Jahr hindurch irgendwelche Blumen immer blühen. Ebenso sind Früchte oder Gemüse reif zum Verzehr im Angebot. Verhungern muss hier niemand. Auch nicht frieren, liegen die Tagestemperaturen meist zwischen 27 und 30 Grad und nachts zwischen 23 und 26 Grad. Dies, Jahr für Jahr während 365 Tagen. Hingegen kämpft die Bevölkerung stets gegen Malaria oder Dengue oder Filariose (Elefantenbeine und andere dick angeschwollene Glieder). Alle diese Krankheiten übertragen durch Mückenstiche. Leider wird hier an den Wochenenden viel Alkohol oder Drogen konsumiert und somit leiden Familien und Angehörige an den Folgen. Nachts ist es für uns als Touristen nicht sehr ratsam, zu Fuss unterwegs zu sein. Nicht wenige Automobilisten kommen von der Strasse ab. So leben wir eher wie die Vögel und kaum wird es dunkel – es wird hier sehr früh, zwischen 18 und 19 Uhr – beginnen wir schon mit dem Nestchenbau. Doch am Morgen führen wir das „Vogelleben“ weiter und meistens mit dem ersten Morgengrauen um 05 Uhr dehnen wir unsere schlaftrunkenen Glieder und begrüssen den frischen Morgen. Die Riff- und Inselwelt ist für uns Europäer ein Vergnügen besonderer Güte, sind hier doch noch so viele Anker-Plätze mit türkisblauem, glasklarem Wasser zu finden. Trotz nicht mehr intakten Riffen ist die Fischvielfalt beachtlich und dies ganz zum Wohlgefallen der Schnorchler und Taucher. Es gibt unzählige Buchten mit gut bezeichneten Zufahrten. Das Land ist uns „Wasser-Zigeunern“ gegenüber tolerant. Wir bekommen überall gratis Wasser (kein Trinkwasser), falls wir brauchen und können Abfall entsorgen. Auch werden wir nie beim Boot belästigt und die Kriminalität scheint  uns noch geringer als in der Schweiz zu sein. Somit ist es für uns, die auf dem Schiff wohnen, bisher die angenehmste Gegend. Aber ist es das Paradies? Lassen wir dazu noch zwei Einheimische, die die allgemeine Meinung der Bevölkerung vertreten, sprechen. Mein temporärer Arzt, vor 14 Jahren aus Frankreich eingewandert meint: „Ich habe genug von diesem Land und möchte wegziehen. Ich kann nicht richtig arbeiten, weil hier nichts richtig funktioniert. Die Leute sitzen nur untätig da und warten auf Geld aus Frankreich. Jetzt geht es aber diesem europäischen Staat wirtschaftlich selber schlecht, was sich unweigerlich in den nächsten Jahren auf franz. Polynesien auswirken wird.“ Eine interessante Erfahrung für uns: oft werden die Polynesier freundlicher und gesprächiger, wenn sie erfahren, dass wir keine Franzosen sind und dass wir weiterreisen werden. Ein polynesischer Gemeindearbeiter, mit dem Annemarie wegen eines verschwundenen Paddels spricht, erzählt aufgeregt: „Das waren bestimmt wieder diese Schulkinder, die mit dem französischen Sportlehrer für den Wassersport herkommen. Einige dieser Kinder haben nur Unsinn im Kopf und zerstören in der Anlage vieles und das Schlimme ist, dieser französische Lehrer hat die Kinder nicht im Griff. Dafür verdient er aber sehr viel mehr Geld als wir Einheimischen für die gleiche Arbeit. Überhaupt verdienen die französischen Angestellten wie Lehrer, Pfarrer, Gendarmerie etc. sehr viel mehr als die Polynesier und nehmen uns zudem die Stellen weg. Polynesien geht es immer schlechter. Frankreich beginnt uns zu vergessen!“ (Während den Atombombenversuchen, die nicht unweit von hier durchgeführt wurden, hat der französische Staat viel Geld investiert). Paradies? Das muss wohl jeder für sich selber finden. Nun sind wir schon gut 3 Monate hier in dieser Ankerbucht, haben liebe Einheimische und interessante Segler kennen gelernt, sind sehr froh, dass über Tahiti kein Zyklon gewütet hat. Doch jetzt zieht es uns wieder weiter. Aber vorerst freuen wir uns riesig auf unsere zwei  bevorstehenden Besuche aus der Heimat.
Seid nun alle herzlich gegrüsst aus der Südsee. MARIPOSA und Crew
Tahiti, April 2013

Französisch Polynesien – Abschied und auf zu neuen Ufern, April bis August 2013

Bojenplatz hinter dem Riff in Taina. Im Hintergrund die Nachbarinsel Moorea.

 

Weihnachtsbescherung im April und Mai?

Es geht schon gegen Ende April und voller Vorfreude sitzen wir frühmorgens um 0500 Uhr im Flughafen von Papeete, der Hauptstadt von Tahiti. Jetzt endlich kommt unser erster, langersehnter Besuch aus der Schweiz, Barbara & Renato. Sie verwöhnen uns mit Gütern aus der Heimat, die wir auf unserer „Weihnachtswunschliste“ hatten und lindern mit ihrem Besuch unser inzwischen entstandenes Heimweh. 1 Monat später wiederholt sich die Szene mit unseren zweiten Feriengästen und Freunden, Brigitte & Janos. Mit beiden Paaren verbringen wir während je 3 Wochen eine intensive, abwechslungsreiche Zeit in angenehmer Stimmung. Die Über- und Unterwasserwelt von Franz. Polynesien wird reichlich entdeckt. Sogar wir, die wir doch schon 1 Jahr hier verbracht haben, lernen immer noch neue und erstaunliche Winkel dieses Archipels kennen.

Flussfahrt in den Dschungel mit eigenem Beiboot in Raiatea

Bewusst werden auch mal Ruhephasen für Erholungsbedürftige eingeschaltet und natürlich füllen wir Stunden mit plaudern. Aufgetankt mit unvergesslichen Erlebnissen und dem so typischen Südsee-Türkis- Farbtraum verlassen uns diese lieben Menschen und der Stich durchs Herz vom Abschiedsschmerz ist unvermeidlich.

Ein herzliches Dankeschön, dass ihr die lange, lange Reise auf euch genommen habt! Jetzt ist aber Schluss mit Faulenzen. Letzte Reparaturen. Die Brauch-Wasserpumpe hat „den Geist aufgegeben“ und Bernhard ersetzt sie erfolgreich. Bei Annemarie steht eine Zahnreparatur an. Zum Glück muss nur ein angebrochener Zahn etwas abgeschliffen werden. Der Zahnarzt wehrt freundlich ab, als sie ihn für seine Arbeit bezahlen will. „Ich will nichts dafür. War ja nicht viel Arbeit.“ Fünf Minuten später kauft sie frische Papaya, da schenkt ihr das Mütterchen doch glatt noch eine ganze Hand Bananen. So viel Freundlichkeit und Grosszügigkeit auf einmal. Hoffentlich wird das in unserem Land den Fremden gegenüber auch wieder vermehrt praktiziert.
Als krönender Abschluss und Abschied von Franz. Polynesien marschieren wir abends durch die dunklen Strassen von Vaitape. Nicht allzu weit vom Schiff entfernt rufen die „Buschtrommeln“. Auf einem  grossen Platz üben Trommler, SängerInnen, TänzerInnen ihre traditionellen Tänze – insgesamt etwa 100 Leute – für ihren Auftritt während der grössten Tanzveranstaltung HEIVA in ganz Franz. Polynesien im Monat Juli. Wir sind ergriffen von der Selbstverständlichkeit, wie mindestens 3 Generationen und auch Behinderte in dieses gemeinsame Geschehen eingebunden sind und sich auch gerne einbinden lassen. Wertvoll der Beitrag eines jeden. Franz. Polynesien hinterlässt eine wirklich schöne Erinnerung. Am 21. Juni suchen wir die Gendarmerie in Bora Bora auf und erledigen den Papierkram für das Ausklarieren. Hier geht das ganz flott und unkompliziert. So wird es uns möglich noch in derselben Nacht bei Vollmond den Bojenplatz zu verlassen und bestimmt von den meisten Seglern hier unbemerkt, schlängelt sich MARIPOSA möglichst leise zwischen den Schiffen hindurch mit Ziel Maupiti der letzten, von uns besuchten, kleinen Insel von Franz. Polynesien, die wir anlaufen. Ein französisches Paar mit ihrem Katamaran segelt vor uns und will auch frühmorgens vor der Riffpassage dieser Insel sein, weil dann die beste Zeit ist, hineinzugelangen. Kurz vor 0800 Uhr, die Sonne wirft schon ein schwaches Morgenlicht, nähern wir uns dem „Pass“. Vorläufig sehen wir nur unglaublich wilde Brandungswellen. Wo aber ist die Durchfahrt? Wir fahren noch etwas weiter westlich. Ja. Da! Deutlich erkennen wir die Richtpeilpfosten, nach denen wir unseren Kurs richten, um schön im tiefen Fahrwasser zu bleiben. Dieses aber präsentiert sich als eine brodelnde, kochende Wassermasse. Ob die Leute im Katamaran jetzt auch kurz den Atem anhalten und ob es ihnen wohl auch den ganzen Mut abverlangt wie uns, da durchzufahren? Volle Konzentration und los geht’s. Mit 5 kn Fahrt unter Maschine haben wir im Pass stehende Peilung. Das heisst, die Gegenströmung ist ebenso stark wie unser Motor schiebt. Also drückt Bernhard den Gashebel etwas mehr als gewohnt herunter und jetzt machen wir Fahrt durch diese schmale Passage. Links und rechts tost die Riffbrandung. So nah hatten wir sie noch nie. Aufatmen. Wir sind durch. Jetzt nur noch den Markierungspfosten nach durch die Lagune und wir suchen uns einen schönen Ankerplatz. Glücklicherweise ist an diesem Morgen die Dünungswelle aus südlicher Richtung draussen im offenen Meer weniger als 3 Meter, denn etwas höher, wäre an ein Durchkommen zur Insel nicht zu denken. Es wäre schlicht zu gefährlich. Die Gegenströmung soll durchaus bis zu 9 kn erreichen. Viele Maschinen von kleineren Segelyachten wie wir sie haben, schaffen sowas nicht mehr.

Jetzt sind wir glücklich, uns noch diese kleine Insel, mit nur spärlichem Aufkommen von Tourismus, anzuschauen. Zum absoluten „Highlight“ wird unsere steile Bergwanderung auf den höchsten Berg der Insel. 2 felsige Abschnitte müssen an schon vorhandenen Seilen hochgeklettert werden. Hoffentlich halten sie und sind nicht schon halb durchgescheuert. Sie halten. Auf dem Gipfel werden wir mit einer Prachtsaussicht über einen Grossteil der Lagune mit ihren fast kitschigen Südseetürkistraumfarbnuancen belohnt. Die Riffpassage ist jetzt auch deutlich auszumachen. Nicht lange geniessen wir hier die Bergruhe, da gucken 2 weitere Seglerpaare um die Felsnase des Aussichtspunktes. Anderntags radeln wir per Mietfahrrad um die Insel. Das ist ein lockeres Fährtchen, misst die Gesamtstrecke ca. 12 km. Doch wir lassen uns viel Zeit. Schwatzen hier und dort mit Einheimischen, erfrischen uns beim Schwimmen im kristallklaren Lagunenwasser und versuchen noch was Essbares in einem kleinen Dorfladen zu ergattern. Die Auswahl ist mehr als bescheiden. Gerade mal die aller nötigsten Lebensmittel sind hier erhältlich. Auf Frischware wie Milchprodukte, Eier, Gemüse müssen die Einheimischen warten, bis das  nächste Versorgungsschiff wieder einmal vorbei kommt. Das kann mehrere Wochen dauern. Fleisch wird tiefgekühlt verkauft. Ja, diese Inselbewohner führen ein genügsames Leben. Die ca. 1000 Einwohner
teilen sich
1 kleine Bäckerei
1 Tankstelle
1 Primarschule (die grösseren Schüler leben meist bei Verwandten in Raiatea und
besuchen unter der Woche dort die weiterführenden Schulen)
2 Kirchen
1 Gemeindehaus mit Polizei und Feuerwehr
1 Postamt
2-3 kleine Lebensmittelgeschäfte
1 kleines Restaurant im Hauptort, sonst Imbissbuden verstreut auf der Insel
1 Pflegestation
Für ernsthafte Erkrankungen mit Spitalaufenthalt werden die Leute per Helikopter oder Schiff nach Raiatea ins Spital oder Bora Bora zum Arzt oder Zahnarzt gebracht. Wenige Male im Jahr wird durch Vorankündigung die Insel von einem Arzt, Optiker oder Augenarzt sowie Zahnarzt besucht und da können die Bewohner sich untersuchen lassen. Ein Erwerbsleben auf der Insel beschränkt sich auf die Fischerei, Kopra Herstellung aus Kokosnüssen für die „Huilerie“ (Oelherstellungsbetrieb) in Tahiti, Landwirtschaft, Familienpensionen, Häuser- und Strassenbau resp. Unterhalt, und auf den spärlichen Tourismus. Trotz dem minimalen Strassennetz steht fast vor jedem Haus mindestens 1 Auto. Leider können wir nicht lange auf dieser Insel verweilen, das Wetter zwingt uns weiter. Sonst sitzen wir hier wie in einer Mäusefalle fest und müssen die nächste ruhige Wetterphase abwarten. Wann die kommt, wissen wir nicht und so verlassen wir ungern diesen beschaulichen und ruhigen Ort mit all den freundlichen Menschen.
Ein letzter Blick zurück auf die am Horizont verschwindende Insel. Adieu, Franz. Polynesien. Wir tragen einen Reichtum an wunderbaren Erlebnissen mit uns.

Tagebuch der Weiterfahrt
B=Bernhard A= Annemarie
27.06.13
B: Mit zitternden Knien fahren wir durch den Pass, der uns buchstäblich ins Meer hinaus spuckt. Danach drehen wir nach Westen ab. Gegen Abend nehmen die Wellen auf 3 m zu und es entsteht eine unangenehme Kreuzsee. Mir wird leicht übel.
A: 6 volle Tage und Nächte werden wir nonstop unterwegs sein. Die ersten 2 Tage kämpfen wir beide gegen Seekrankheit an. Nach so langer Liegezeit und Kurzstrecken in Franz. Polynesien müssen wir uns erst wieder die „Seebeine“ wachsen.
28.06.13
B: Die lange, erste Nacht haben wir mit der nur ausgebaumten Genua gut überstanden. Wir erreichten ein sehr schönes Tagesetmal von 130 sm. Wenn es so weitergeht sind wir in 4 bis 5 Tagen am Ziel. Am Geräteträger hängt ein Regime Bananen. Alle werden gleichzeitig reif. Wir haben noch nie so viele Bananen gegessen. Mit Dörren an der Sonne ist es bei dieser Wackelei nicht ganz so einfach, aber wir schaffen es.
29.06.13
B:Nachts taucht ein Lichtschein hinter dem Horizont auf. Im Radar und AIS ist nichts zu sehen. Später ist ein helles weisses Licht über dem Horizont sichtbar. Es muss ein kleines Fischerboot sein. Ich sehe es jetzt auf dem Radar in nur 5 sm Entfernung und erkenne nicht, in welche Richtung es fährt. Da es zuerst rechts auftaucht, weiche ich nach links aus, was sich prompt als falsch erweist. Das Fischerboot fährt genau in diese Richtung. Oder es macht Zick-Zack-Kurs. Was auch immer, solche Ausweichmanöver gestalten sich stets schwierig und sorgen für Aufregung.

30.06.13
B:Wir haben uns an das Schaukeln gewöhnt. Annemarie bäckt Brot. A: Am 3.Tag hat sich unser Körper auf den Rhythmus der Wellen und den 3- Stunden-Wachwechsel eingestellt. Das Leben an Bord normalisiert sich und das Backen von frischem Brot macht wieder Spass.
01.07.13
B:Noch 129sm bis zu unserem Atoll. Die Nervosität nimmt zu. Reicht es innerhalb 24Std.? Denn erstens kann man bei Nacht nicht reinfahren und zweitens nehmen die Wellen nach der Prognose zu, was bei zu hohen Wellen auch nicht mehr möglich wäre, weil dann die Riffe nicht mehr deutlich auszumachen sind.

02.07.13
B:Wind nimmt ab. MARIPOSA wird langsamer. Es kostet eine unbeliebte Nacht mehr.

Unser Inselchen bleibt lange hinter der Kimm verborgen. Erst in 7 sm Entfernung taucht das Atoll auf. Die höchsten Erhebungen sind die Palmen, die vielleicht auf 2m über Meer ihre Wurzeln schlagen. Wir haben Suwarrow gefunden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass mit der Sextanten- Navigation diese paar grünen Büschel in solch einer riesigen Wasserwüste entdeckt werden können.

Zwei sehr nette Park- Ranger absolvieren auf MARIPOSA den Papierkram, der noch nie so umfangreich war. Etwa ein Duzend Formulare muss ich ausfüllen. Wir freuen uns auf die Nacht, in welcher wir endlich wieder durchschlafen können. Aber daraus wird nichts. Beim Eindunkeln fängt es an, aus „allen Rohren“ zu blasen und unser Schiff beginnt am Anker zu stampfen wir verrückt. Ein Schweizer Segler, der ein  solches Stampfen unseres Schiffes andernorts beobachtete, liess unserer MARIPOSA den Übernamen „Gampiross“ zukommen! Wir schieben Ankerwache.

A: Land in Sicht. Im Morgendunst erkennen wir kleine und kleinste Inselchen mit Kokospalmen. Beim Näherkommen ans Riff rund um das Atoll können wir nun die Eilande unterscheiden und es wird auch deutlich, wo denn die einzige Riffpassage, die uns in die Lagune hineinführt, liegt. Auf Suwarrow ist das Ankern nur vor Anchorage Island erlaubt. Das ganze Atoll ist einziger Nationalpark der Cook Inseln. Ein Park-Ranger fährt uns voraus und weist uns einen Ankerplatz zu. Begleitet wird unser Schiff auch von mindestens 4 Schwarzspitzen-Riffhaien, die mit weiteren „Kollegen“

während unseres gesamten Aufenthaltes täglich mehrmals die Schiffe umzingeln, wohl in Erwartung eines fressbaren Happens. Diese Tiere sind freundlich und wenn wir uns von der Badeleiter ins Wasser gleiten lassen, dann beobachten sie uns in gebührendem Abstand.

 

Suwarrow

ein Atoll mitten im Pazifik. Es gehört zur nördlichen Gruppe der Cook-Inseln. Die beiden Park-Ranger, Harry & Charly führen hier von Mitte April bis Oktober ein Robinsondasein. Sie sind während dieser Zeit die einzigen Inselbewohner. Klar, dass es hier keinen CARREFOUR zum Einkaufen gibt. Das gefällt uns zwischendurch ausgezeichnet. Die beiden Männer müssen während dieser Zeit von dem leben, was sie an Vorräten mitgebracht haben. Eine für sie willkommene Abwechslung ist bestimmt die fast wöchentlich von ihnen organisierten BBQ. Alle Segler bringen dann irgendetwas Leckeres zum Essen und Trinken mit. Charly steht an diesem Tag besonders früh auf und morgens um 0400 Uhr ist er schon unterwegs im tiefen Gewässer auf Fischfang für das BBQ. Wie ein Pirat gekleidet fährt er ein paar Stunden später voller Stolz ganz nah an unserem Schiff vorbei und hält seine „Trophäen“ in die Höhe. Wahoo und Tuna, die er ausserhalb des Riffes im Tiefen gefischt hat. Frisch zubereitet und gegrillt schmeckt der Fisch einfach traumhaft. Trotzdem essen wir abends davon nur kleinste Portionen sind wir seit unserer Ciguatera-Erkrankung doch extrem vorsichtig. An diesem Abend wird gesungen, getanzt und viel „Seemannsgarn“ gesponnen. Es sind Abende, an denen sich eine internationale Gemeinschaft etwas näher kommt.

Annemarie versucht es auch gleich mal mit Klettern, doch das Experiment scheitert schon nach 1 Meter kläglich. Da müsste sie doch länger üben können. Nüsse gibt’s in den verschiedensten Reifestadien. Die grünen liefern ausreichend Saft zum Trinken. Erfrischend und köstlich mit dezenter Kokosnote. Manchmal nimmt das Staunen kein Ende, fliesst da bis zu ½ Liter aus dem Innern. Die etwas reiferen Früchte produzieren auch Saft und das Fleisch lässt sich gut essen und schmeckt unaufdringlich nach Kokosnuss. Die ganz braunen, trockenen Nüsse werden geknackt und in die Sonne zum Trocknen ausgelegt. So entsteht Kopra. In grossen Säcken wird das an die „Huilerie“ (Oelherstellungsfabrik) verkauft. Dieses Oel wird in der Küche und in der Kosmetik als Körperflegemittel verwendet. Aber natürlich lassen wir uns gerne auch mal eine harte Nuss schenken, die wir dann gerieben im Müesli oder als Bereicherung in unserer Küche integrieren. Diese harte Nuss mit ihrem faserigen Mantel ist eine Überlebenskünstlerin. Im Sturm von den Palmen geweht, oft ins Meer gespült, legt sie enorme Distanzen zurück, bis sie irgendwo wieder an ein fernes Ufer geschwemmt wird und dort zu keimen beginnt. Eine keimende Nuss gibt uns Harry zu kosten. Das Innerste der Nuss schält er uns heraus. Den Keimling schneidet er ab. Das, was wir essen ist ihr „Pausenapfel“. Fast jedes Kind hätte früher solchen „Znüni“ mit zur Schule gebracht. Dieser Polynesian Apple ist luftig, zart im Biss und gibt nur sehr wenig Saft ab. Schmeckt leicht süsslich. Ein Leckerbissen, der sogar international Einzug in die renommiertesten Küchen der Welt gehalten hat. Es wird von „the millionairs salad“ gesprochen. Also spielen wir für ein paar Minuten Millionäre und unser Gaumen erfreut sich an dem Unbekannten.

Frühmorgens, eitel Sonnenschein, weckt uns Charly. „Annmary – if you want to wash your cloths, it’s a good day and we have water enough! “ – Also, Waschtag. Nach dem Frühstück fahren wir mit unserer Schmutzwäsche im Dinghi zur Insel. Charly läuft uns mit einer Blechwanne auf einem Dschungel-Weg voraus zur Freiluft- Waschküche. Wie romantisch! Vogelgezwitscher inmitten Kokospalmen und anderen Pflanzen. Mit grossen Plastikeimern wird das Regenwasser aus einem mit Beton ausgekleidetem Auffangbecken hinaus in diverse Waschbecken befördert. So gerne hat Annemarie in ihrem Leben noch nie von Hand Wäsche gewaschen. Einmal wieder zu Hause in der eigenen Betonmauer-Waschküche werden uns wohl etwas wehmütige Gedanken aufkommen! Der Morgen danach – endlich flaches Wasser. Wir fahren noch vor 0800 Uhr per Dingi an ein Riff. Mit Schnorchel-Ausrüstung ausgestattet können wir endlich unsere

langersehnten Manta-Rochen in ihrer „Reinigungsstation“ betrachten. Zwei dieser Tiere schweben wie UFO’s langsam, lautlos und elegant mit ruhiger Bewegung unter uns auf bis zu ca. 8 Meter Wassertiefe. Ihre Flügelspannweite ist mit geschätzten 3 Metern beeindruckend. Jedes Tier hat auf der Flügeloberfläche sein eigenes „Muster“, obwohl alles mehr oder weniger schwarz wirkt. Die Unterseite allerdings ähnelt eher einem Dalmatiner-Hund. Schwarz-weiss gefleckt. Die Rochen werden hier von verschiedenen Fischen „gereinigt“. Einmal wird „Dentalhygiene“ betrieben. Der Rachen öffnet sich weit und einige Putzerfische verrichten dort ihre Arbeit. Leider frieren wir nach ca. 1 Stunde und müssen zurück.

Bernhard taucht zu den Mantas. Bilder Tobias Rodenhausen

 

Die Wettervorhersage zeigt ein sog. „Wetterfenster“ für unsere Weiterreise Richtung Westen. Gleichentags verlassen 4 Segelschiffe den Ankerplatz. Nach dem Ausklarieren fährt nochmals Charly bei uns Yachties vorbei und versorgt uns mit

„Pausenäpfeln“ und frischen Trinkkokosnüssen sowie frisch gefangenem Fisch. Ungern nehmen wir Abschied von diesen beiden sympathischen Rangern und dieser Insel des Friedens und der Ruhe die man nirgends buchen kann, sondern nur mit dem eigenen Schiff erreicht.

09.07.13 B: Die Wetterprognosen sagen nach einer Woche wieder höhere Wellen voraus. Etwa so lange brauchen wir für unser Ziel weiter im Westen. Es findet ein allgemeiner Aufbruch statt. Schade, denn von den vierzehn erlaubten Tagen sind wir nur acht geblieben.
10.07.13
B:Die übliche Kreuzsee, die es auf dem Atlantik nicht gab, hat uns wieder.
11.07.13
B:Gut ausgeschlafen, trotz mehreren Squalls in der Nacht.
12.07.17
B: Die Hauptwellen kommen aus Süd, der Wind aus Ost, was zum Schlingern führt. Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, dass Leute Freude am Segeln haben können. Das Leben an Bord empfinde ich auf diese Weise beschwerlich.
13.07.13
B: Nachts dümpeln wir bei etwa 6 kn Wind dahin. Plötzlich erfasst uns ein Squall mit 30 Knoten Wind. Wir reffen die Genua ganz. Das Grosssegel können wir nicht mehr verkleinern. Danach wieder Flaute.
14.07.13
B:Es läuft tagsüber gut. Trotzdem entscheide ich mich, das Gross zu reffen solange es ohne Stress noch gut möglich ist. Mit ausgebaumter, ungereffter Genua segeln wir weiter in die nächste Flaute. Ich bin moralisch etwas am Boden, habe ich doch gehofft, nur noch eine Nacht bis zum Ziel zu haben, aber dieser Wunsch zerfällt. Wir finden uns damit ab. Nach den Vorbereitungen für die Nacht mache ich es mir im Cockpit mit einem Buch bequem. Annemarie geht die erste Runde schlafen. Plötzlich dreht der Wind auf und ich fange sofort an, die Genua zu reffen. Aber noch während des Einrollens steht sie zusammen mit dem gerefften Gross “back“, weil der Wind genau 180 Grad von der anderen Seite kommt, nämlich von vorne. Annemarie ist wieder aufgestanden und hilft die Genua ganz zu streichen. Mittlerweile bläst es mit 35 bis 40 kn. MARIPOSA steht still. Wir schreien unseren Unmut in den Wind und verwünschen dieses verfluchte Meer. Aber es hilft nichts. Ich muss in strömendem Regen aufs Vordeck, was ich nachts bei diesen Verhältnissen nicht gerne tue. Der Spi-Baum muss weg, weil man damit nicht “Am Wind“ segeln kann. Wie alles auf den neuen Wind eingestellt ist, folgt darauf die totale Flaute. Nun habe ich genug, ziehe alle Segel ein und starte den Motor, der 20 Stunden nicht mehr abgestellt wird bis in den Hafen von unserem Ziel, Apia in Samoa. Beim Einklarieren werden wir belehrt, dass heute der 16.07.13 ist, weil sich Samoa an die westliche Inseln angepasst hat. Wir haben somit die Datumsgrenze überschritten und einen Tag im Leben verloren.
A:Nach 6 Tagen und Nächte nähern wir uns gegen die Mittagszeit dem Hauptort
Apia. Wir lesen nochmals im Revierführer für die Schifffahrt durch, wie die Riffpassage zu finden ist. Wo aber verstecken sich die weissen, von Weitem sichtbaren Zwillingstürme der Kathedrale der Stadt? Diese sollten uns doch die sichere Einfahrt in den Hafen garantieren. Wir finden sie nicht. Alles Ausschauhalten durch das Fernglas hilft nicht. So orientieren wir uns aufgrund unseres „Chartplotters“ und verlassen uns auf unsere Augen und den gesunden Menschenverstand. Fast eine halbe Stunde vergeht, bis wir sicher sind, nicht in eine vorgelagerte Untiefe zu gelangen. Bei der Einfahrt in die Marina stehen schon liebe Segelfreunde mit helfender Hand auf dem Steg zum Vertäuen des Schiffes bereit. Eine Ankunft im sicheren Hafen, schöner könnte sie nicht sein.
B: Es ist schon so; Das Meer kann dich manchmal frustrieren und an den Rand eines Nervenzusammenbruchs bringen und gleichentags mit Glücksgefühlen überwältigen.

Apia, Samoa

Einen unvergesslichen Morgen verbringen wir im Kulturzentrum hinter der Touristen-Information in Apia. Draussen werden uns traditionelle Tänze und Gesänge vorgeführt, die Frauen werden im Zopf- und Korbflechten mit Kokospalmwedeln von

Samoanerinnen unterrichtet (das Korbflechten ist hier eigentlich Männersache), es wird uns gezeigt, wie früher aus Baumrinde Tapas, faserige Stoffe hergestellt und bedruckt wurden, ein Holzschnitzer demonstriert seine Fingerfertigkeit an diesem Material, ein Samoaner wird vor unseren Augen auf traditionelle Art frisch tätowiert, d.h. eine 6-stündige Prozedur, die dann noch ca. 8x solange dauern wird, bis die
gesamte Familiengeschichte und Herkunft auf der Haut von Hüfte bis Knie verewigt ist. Mit unglaublich viel Schmerzen ist das ganze verbunden.

das köstliche Essen wird mit Freude entgegengenommen und unter allen Familienmitgliedern von Gross bis Klein aufgeteilt. Die Jungen leisten sich damit Schulbusgeld. Ein Teil des Geldes wird für den Wiederaufbau der vom Zyklon zerstörten Häuser verwendet. Schön, wenn wir einen kleinen Beitrag zu einem guten Zweck leisten. Die tägliche Hitze von mittags ca. 36 Grad bringen wir manchmal kaum mehr aus dem Schiff hinaus und so entschliessen wir uns, im nahe gelegenen „Marine Reserve“ eine Abkühlung zu verschaffen. Seit wir im Pazifik in den Marquesas letztes Jahr angekommen sind, treffen wir hier zum ersten Mal eine Vielfalt von noch lebenden Korallen an, die uns einmal mehr das Staunen lehrt. Leider ist die Unterwasserkamera kaputt gegangen. So muss der Fotograf darauf verzichten, dieses Naturschauspiel festzuhalten Upolu und ihre samoanische Nachbarinsel ist eine einzige Einladung zum Verweilen.

Bank, in der Mitte Regierungsgebäude mit den typischen Bussen. 3 Kirchen nebeneinander

 

So entschliessen wir uns, 1 Woche Urlaub vom Schiff zu nehmen und uns per Fähre auf Savaii absetzen zu lassen. Die mit dem öffentlichen Bus zur Fährstation ist ein Erlebnis, besonderer Güte. Bis auf den letzten Sitzplatz besetzt. Es steigen noch weitere Fahrgäste hinzu. Platz gemacht wird vorne für Frauen von jüngeren Männern. Die jungen Passagiere überlassen allgemein den Älteren ihren Sitz. Auf der ganzen Fahrt kommt es zur ständigen Sitzplatzrochade. Und wie ist das in unserer Schweiz???
Auf Savaii angekommen, übernehmen wir unseren Mietwagen – achtung Linksverkehr – und fahren gleich los, zum Safua Hotel. Eine legendäre Frau soll dort das Zepter führen und ein sog. High Chief sein. Im Reiseführer wird geschrieben, dass sie Gästen sehr gerne ihre fundierten Kenntnisse über ihre Kultur und Traditionen weitergibt. Da möchten wir gerne hin. Das Hotel scheint nicht mehr in

Währung) umgerechnet ca. SFr. 85.– zur Verfügung. Leider aber ist die Besitzerin nicht hier. Sie ist soeben auf der Insel, woher wir am Morgen abgereist sind. Vor dem Nachtessen spazieren wir durchs Dorf. Schweine in allen Grössen, Hunde, Hühner mit Kücken, Kinder und Erwachsene. Allen gehört die Strasse.Gross und Klein winkt, ruft, bleibt stehen und fragt nach dem Woher und Wohin. Die Samoaner sind ein herzliches Volk und lachen gerne. Es ist ansteckend. Der Spaziergang ist Appetit anregend und wir haben Glück, dass heute Abend der traditionelle UMU auf der Speisekarte steht. Das kann doch bestimmt nicht bloss wegen uns sein! Nein, wirklich nicht. Wir kommen in den Genuss dieses traditionellen Essens, weil kurz zuvor in der Familie eine Hochzeit gefeiert wurde und nun, heute Abend die letzten 2 Gäste, zwei ältere Damen, verabschiedet werden. Vor dem Essen wird gebetet. Zuerst gesungen, dann etwa eine halbe Stunde gepredigt und dann wieder gesungen. Danach werden wir an den Tisch gebeten. Ein Gericht nach dem anderen wird auf einem langen Tisch hingestellt und zu einem grandiosen Büffet vereint. Wir dürfen uns bedienen. Fisch, Krustentiere, ein frisch erlegtes Schweinchen, Poulet, Lamm, Taro, Brotfrucht, Mischgemüse, Reis, Spaghetti, zur Nachspeise Milchreis. An vielen Gerichten die leckere frisch zubereitete Kokossauce – Schlaraffenland!

Nach dem Essen wird gesungen. Jedes Familienmitglied singt einzeln, wobei der Vater virtuos mit seiner Gitarre dazu spielt. Dann kommen die beiden älteren Damen zu uns Touristen und künden an, dass sie ganz alte traditionelle Lieder vom Besten geben werden. Das war echt witzig, die Art der Darbietung. Bald ziehen sich danach alle in ihre Unterkünfte zurück.

Nachts lauschen wir den vielen Tierstimmen. Ein Schwein jagt durch den Garten und hinterher bellen mindestens 4 Hunde. Geckos „gecken“ im Gebälk, wir vernehmen das metallische Pfeifen der Fledermäuse, vor dem Moskitonetz über unserem Bett sirren frustriert die blutrünstigen Mücken, ab und zu hören wir Hähne krähen. Ansonsten kein Laut.

Die Menschen schlafen, die Autos ruhen. Es ist finstere Nacht.
Erholt sitzen wir mit Warren, einem australischen Professor der Geologie am Frühstückstisch. Wir besprechen die Tagestour, die er auf unseren Wunsch hin mit uns gegen Bezahlung unternehmen wird. 72 jährig, ist er ausser einem Hüftleiden recht fit und zeigt uns die Besonderheiten in der Vulkanwelt dieser Insel. An vielen interessanten Stellen wären wir achtlos vorbeimarschiert, hätte er uns nicht mit seinen fundierten Kenntnissen auf die Details des Vulkangesteins aus dem Jahre 1905 hingewiesen. Das von ihm eingenommene Geld dient dem edlen Zweck zur Unterstützung der Schulkinder innerhalb dieser Familie, wo er schon über 15 Jahre lebt. Schulgeld muss von jeder Familie selber aufgebracht werden und oft reicht es nicht sehr weit. Die Familien-Clans, bestehend aus mehreren Familien, besitzen gemeinsam Landanteil und haben ein Oberhaupt dessen Aufgabe es ist, die Finanzen zu kontrollieren und erworbenes Geld innerhalb der Familien gerecht zu verteilen. Bei Streitigkeiten obliegt ihm die Aufgabe, für Frieden zu sorgen. Ebenso ist diese Person Anlaufstelle für jedes Familienmitglied und nach aussen das „Sprachrohr“. Das Familienoberhaupt überwacht auch das Einhalten von Regeln innerhalb der Gemeinschaft und sorgt dafür, dass die Kirchen sonntags besucht und Spendengelder abgegeben werden. Jede Familie hat im Durchschnitt 5 Kinder. Mangels Arbeitsstellen auf der Insel tragen alle, die einem Erwerb in Samoa oder im Ausland (meist Neuseeland oder Australien) nachgehen können, zu einem finanziellen Einkommen bei. Samoa lebt sehr traditionsbewusst und dieses Volk wurde vor ca. 150 Jahren sehr erfolgreich missioniert.

Auf Samoa zählen sie 52 verschiedene christliche Glaubensgemeinschaften. Die Samoaner sind seither so gläubig, dass ein Grossteil der Geldeinnahmen innerhalb der Familien an die Kirchen abgegeben wird und somit häufig nicht genügend für eine Ausbildung vorhanden ist. Oft begegnet uns auf dieser Insel eine sichtbare Armut.

Wir werden auch immer wieder von kleinsten und Schulkindern angebettelt: „Give me money!“ Auf unserer Reise übernachten wir auch einmal sehr luxuriös – welch ein Kontrast zu unserem Yachtleben! Dann aber lassen wir uns auch einmal ein auf das Abenteuer „Fale“. Ein auf Holzpfosten offenes Holzhäuschen mit Naturdach und für Schlechtwetter hängen Kokosmatten zwischen den Holzpfosten zum Runterlassen. Die Fales stehen am Strand und nachts werden sie meistens offen gelassen. Niemand stiehlt dem anderen irgendetwas.

Wir schlafen auf recht guten Matratzen (früher waren das nur Kokosmatten auf hartem Boden) unter dem Moskitonetz ruhig und fühlen uns am anderen Morgen erholt.

Während 6 Tagen geniessen wir die Naturschönheiten der Insel und die Herzlichkeit dieses Volkes und nun sind wir wieder zurück auf dem Schiff in der Marina in Apia und rüsten es und uns für die kommende Weiterreise immer Richtung Westen.

FIJI, VANUATU UND NEUKALEDONIEN

Mitte August – Ende Oktober 2013
Von Samoa nach Fiji
Tagebuch der Fahrt, von Bernhard
12.8.13. Nachdem Samoa bei abnehmendem Tageslicht im Dunst entschwindet, nehmen Wind und Wellen zu. In Apia stand das Schiff bockstill. Darum sind wir das Rollen nicht mehr gewohnt und werden seekrank. Oft hat Seekrankheit nicht allein mit Wellen zu tun. Ehrlich gesagt, sind wir auch angespannt, weil die Strecke be-kanntermassen problematisch sein kann und schon manche Yacht noch vor Fiji nach Westen abdrehen musste, ohne je dieses schöne Land gesehen zu haben. Denn die letzten 100sm/24Std. münden in die riffgesäumte Nanukastrasse, die zwar anfänglich breit ist aber bei Seitenwind ein „Ablaufen vor dem Sturm“ nicht mehr zulässt. Die Wetterprognose für diesen Abschnitt ist zwar positiv, aber eine wöchige Prognose ist besonders in dieser Konvergenzzone eher „Kaffeesatzlesen“. Zudem beschäftigt uns ein kürzlicher Notfall einer uns sehr bekannten Yacht. Das junge Paar hat kurz vor Samoa ihre Yacht aufgegeben und sich bei 4m hohen Wellen in einer gefährlichen Aktion von einem Fischerboot aufnehmen lassen. Da es schon die zweite aufgege-bene Yacht von Freunden ist, sinnieren wir darüber nach, ob Segeln wirklich weniger gefährlich ist, als der Strassenverkehr.
12.8.13 abends. Wir haben einen Vogel! – der es sich kurz vor dem Eindunkeln auf einer Solarzelle gemütlich macht. Er putzt friedlich sein Gefieder. Er lässt sich sogar berühren. Vielleicht kann er die Hand, die zwischen den Paneelen hoch kommt nicht einnorden und lässt es darum geschehen. Es handelt sich um einen Tölpel mit einer zweimetrigen Spannweite und einem halben Meter Körperlänge oder Höhe, je nach-dem, ob er steht oder fliegt. Ich mag ihm eine bequeme Nacht im Trockenen gönnen und wundere mich, wie gut er das schlimme Schaukeln verträgt. Nach etwa zwei Stunden sehe ich, dass der ganze hintere Teil des Cockpits verschissen ist. Das kann ich natürlich nicht akzeptieren und scheuche ihn weg, was ihn allerdings nicht beeindruckt. Er wehrt sich dagegen, in dem er nach mir schnappt. Ich muss gröberes Geschütz auffahren und stosse ihn mit dem Bootshacken über Bord, was er ärgerlich kreischend quittiert. Leider ist er zwei Minuten später wieder da und es entwickelt sich ein Stellungskampf den ich zu verlieren drohe. Seine Logik scheint zu $sein, dass er sich einen anderen Platz suchen soll, denn er landet mehr als ein duzend Mal woanders, zuletzt auf dem Bimini (Sonnendach). Was jetzt kommt ist nichts für weichherzige Ornithologen. Ich klopfe ihm mit dem Bootshacken, dessen Annähe-rung er nur dümmlich anglotzt, leicht auf den Kopf, mit der Absicht jedes Mal wenn er wiederkommt härter zuzuschlagen. Er hat es offensichtlich schon zum ersten Mal begriffen und ist nie wieder gekommen.
13.8.13 Die Wellen sind mit ein bis zwei Metern nicht besonders hoch aber steil. Sie knallen aggressiv gegen die Backbord-Wand. Die grösseren lassen das Schiff erzittern, was uns jedes Mal erschreckt. Bei der Routenplanung unterlief mir ein strategischer Fehler. Ich hätte, solange es noch ausführbar war, etwas mehr gegen den Wind segeln sollen. Wir haben nun Mühe, bei bis zu 30kn östlichem Seitenwind in den Böen auf unserer Linie zum nächsten Wegpunkt zu bleiben. Wir überlegen bereits, ob wir direkt nach Westen, nach Vanuatu ablaufen sollen, bevor wir nördlich von Vanua Levu, Fij in das trichterförmige Barrier Reef hineinsegeln. Aber nach Vanuatu hätte es anstatt einer Woche zwei gebraucht und was uns das Wetter dann bringt ist nicht voraussehbar. Wir entschliessen, uns nach Fiji durchzuschlagen und
im Notfall aus dem Gefahrenbereich zurück zu segeln.
14.8.13 Während der Nacht (warum immer vor allem nachts?) steigen acht Mal die Wellen ins Cockpit ein. Einmal machte ich gerade einen Versuch zu lesen, da überflutete es mich samt Buch in den Händen. Eine Zeitlang stand das Wasser bis unterhalb zu den Waden im Cockpit. Einmal fand es sogar den Weg bis in die Kombüse hinunter. Der Leser fragt sich vielleicht, warum es Menschen gibt, die sich sowas antun. Ehrlich gesagt, fragen wir uns das tatsächlich manchmal auch.
15.8.13 Der Wind nimmt ab und mit ihm auch die Wellen. Ruhig und majestätisch gleitet die MARIPOSA in die mondhelle Nacht hinein. Am Morgen geniessen wir bei farbenträchtig aufgehender Sonne im Heck das erste gemütliche Frühstück mit einem herrlich frisch gebackenen Brot von Annemarie. In diesem Moment überfahren wir den hundertachzigsten Längengrad und haben somit die halbe Welt umsegelt. Für uns keine halbe Sache, denn der Erlebnisreichtum ist unermesslich. Zudem sind wir mit unserem Zickzack-Kurs, wie eine echte Mariposa eben, schon weit mehr Seemeilen gesegelt, als um die halbe Welt.
16.8.13 Wir laufen bei wundervollem Wetter in die mit saftig grüner Landschaft umsäumte Savu Savu Bucht in Fiji ein, wo uns schon Gert von der SY Lazy Lady mit dem Dingi entgegen rast, um uns zu begrüssen. Wie wir die Fahrt wieder aufnehmen sehen wir von weiten Tobias mit seinem Sohn Yaron von der SY Aparima entgegen kommen, um uns beim Ankern zu helfen. Danach sitzen wir mit ihnen im Cockpit und tauschen uns über den Trip aus, den auch sie seit zwei Tagen hinter sich haben. Wir geniessen die friedliche Abendstimmung. Kleine Wellen plätschern versöhnlich sanft an die Bordwand. Im Rhythmus der Wogen tanzen goldene Lichtreflexe am Sonnendach.

Savu Savu

Montagmorgen. „BULA!“ Kann es noch viel Sympathischeres geben, als mit einem kräftigen WILLKOMMEN! und Lachen bis zu den Ohren von einem Beamten des Gesundheitsamtes, uniformiert in Wickelrock, auf dem Schiff begrüsst zu werden? Später stellen wir fest, dass dieses breite und herzliche Lachen für die Fijianer so typisch ist. Auch der bald erscheinende Zöllner und Immigration Officer versprüht nicht mindere Lebensfreude. Schon bald dürfen wir an Land ins sympathische, obwohl nicht gerade hübsche Städtchen Savu Savu mit einer einzigen Hauptstrasse, durch die wir noch oft flanieren und uns mit Frischwaren eindecken. Gross die Auswahl an Restaurants. Es lohnt sich kaum selber zu kochen, so günstig sind die Preise. Also, auf Verwöhnkurs!

Makogai

ist eine kleine Insel, die staatlicher und nicht wie üblich, Familienbesitz ist und auf der heute etwa 200 Menschen leben. Früher waren es 5000. Im Jahre 1911 wurde von den Engländern eine Leprastation gebaut und bis in die 60er Jahre aktiv betrieben. Ob die Lepra durch die gegen Ende des 19. Jahrhunderts geholten indischen Gastarbeiter oder durch die Europäer eingeschleppt wurde, weiss niemand so genau. Doch diese Insel Makogai birgt einen ganzen Hang von 1241 Grabstellen, viele gekennzeichnet mit einem Betonkreuz und Steinumrandung. Doch bis zur Auflösung der Leprastation im Jahre 1969 konnten von den über 4000 Erkrankten über die Hälfte geheilt werden, ca. 1/8 aller Krankheitsfälle konnten nach Hause geschickt werden, weil keine Lepraerkrankung vorlag. Betreut wurden die Kranken weitgehendst von Nonnen. Die letzten 83 Erkrankten konnten 1969 in einem Hospital in Suva geheilt werden.

Der Chief, bei dem wir uns mit einem Bündel Kava und anderen kleinen Geschenken melden, zeigt uns die Überreste dieser Leprastation und die Generatorstation, die von einem uralten Dieselmotor betrieben wird. Dank Dieselspenden der auf Besuch weilenden Segler kommen die 6 Familien zu ein paar zusätzlichen Stromstunden pro Tag. Das nutzen sie gerne um zwischendurch einen DVD-Film in einem der wenigen Häuser anzugucken. Doch meistens spielt sich das Leben der Einwohner draussen ab und so werden wir auch schnell von vielen Kindern umringt, die die mitgebrachten Süssigkeiten freudestrahlend entgegen nehmen. Schon bald sitzen wir mit Müttern und Kinder auf grossen selbstgeflochtenen Pandanussmatten überschattet von einem
grossen Mangobaum (der leider keine reifen Früchte trägt). Es wird viel geplaudert, gelacht und die Einheimischen singen mit kräftigen Stimmen für uns ein Lied in ihrer Sprache, das verlockt, die eigenen Stimmbänder zu kräftigen. Die Leute rund um uns sind extrem herzlich und schnell sind wieder ein paar Stunden durch gemütliches Beisammensein alt geworden.

Rukuruku Bay auf Insel Ovalau

Auch hier melden wir uns nach dem Ankern sofort beim „Chief“ (Dorfchef), bringen die üblichen Gastgeschenke wie Kavawurzeln und andere Gaben mit. Er entscheidet dann, ob wir ein paar Tage bleiben dürfen. In abenteuerlicher Fahrt geht es anderntags auf Naturstrassen im vollbesetzen Trucker zum zum historischen Levuka, der früheren Hauptstadt von ganz Fiji. Sehr viel wird unterwegs nicht gesprochen,
jedoch wird mal einem von dieser oder der anderen Seite ein Lächeln geschenkt. Viele Weisse verschlägt es nicht hierher, darum sind wir oft eine Attraktion. Die Mütter mit ihren Babys und die Älteren sitzen auf einer seitlich angeordneten Holzbank. Die Jugend steht in der Mitte und hält sich am Dachgerippe fest. Nach 2 stündiger Holperfahrt, bei der wir manchmal so steil hinauf oder wieder bergab fahren, dass wir alle zusammen auf den Bänken mal nach hinten, mal nach vorn rutschen, erreichen wir die Endstation. Hier endlich lohnt es sich, ein paar Architektur-Bilder aufzunehmen, denn in der ganzen Südsee gibt es nur wenige historische Bauten.

Leider wird unser Sightseeing von einer kurzen unangenehmen Episode überschattet. Ein nervöser, älterer Mann greift uns mitten im Städtchen auf und bringt uns eiligst zum Zollgebäude. Er behauptet, es seien Beschwerden aus RukuRuku eingegangen. Wenig später ereilt auch Tobias von der Aparima dasselbe Schicksal und steht neben uns im Büro des Zolls. Wir werden belehrt, wir hätten zuerst nach Levuka
segeln und fragen müssen, ob wir andere Dörfer anlaufen dürfen. (jedoch war Levuka in diesen Tagen ein ungeschützter Ankerplatz). Uns haben die Behörden in SavuSavu beim Ausklarieren etwas anderes erzählt und wir haben ein Cruisingpermit für unser Vorgehen. Zum Glück klärt sich die Situation nach längerem Telefongespräch zwischen den Zöllnern von Levuka und SavuSavu. Endlich werden wir mit erhobenem Zeigefinger entlassen.

Diese Menschen sind von recht dunkler Hautfarbe, zurückhaltend und doch extrem freundlich. Sehr interessiert am kulturellen Austausch. So gewähren sie uns auch ein wenig Einblick in ihr Alltagsleben, was wir sehr zu schätzen wissen. Ein Schulbesuch in der Unterstufe beim Schulleiter und Lehrer John lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Er lässt uns in seine lebendige Klasse sitzen und seinem Unterricht folgen. Annemarie und er tauschen sich über die verschiedenen Schulsysteme unserer Heimatländer und gesprochenen Dialekte aus. Hier sprechen sie über 20 Dialekte.

einheimisches Essen bestellen. Es scheint leer zu sein. Etwas ratlos stehen wir davor und beratschlagen, wohin wir weiter spazieren wollen. Wir werden vermutlich schon länger von einer in der Nähe zusammensitzender Frauen- und Kinderschar beobachtet und tatsächlich kommt auch schon eine Frau auf uns zugelaufen und fragt, woher wir kommen, wer wir sind und ob sie uns helfen könne. Sie stellt sich uns vor – „Ich bin Lea!“ Trifft sich gut. Gleich bringt sie uns zu ihrer Grossfamilie, die offenbar ein Festessen (den traditionellen Erdofen) vorbereitet. Ein Familienmitglied wurde ein Tag zuvor beerdigt und traditionsgemäß wird für den ganzen Familienclan, der dann schnell mal bei 50 Personen liegt, ein großes Essen zubereitet. Wir dürfen zuschauen und bekommen auch eine Kostprobe. Das Essen im Restaurant verschieben wir auf ein andermal. Es geht nicht lange, da werden wir gefragt, ob wir eventuell Tauschgüter mit uns führen. Sie würden uns dafür gerne mit Frischgemüse und Früchten aus ihren Gärten beliefern. „Was würdet ihr denn gerne haben?“ „Küchenartikel, Kleider, Schuhe, Rucksäcke, Seile, Batterien, Taschenlampen (die Dorfbewohner haben kein elektrisches Licht), Werkzeug, Nähzeug….“ Es will kein Ende nehmen. „Also dann, bis morgen. Wir schauen, was wir euch mitbringen können“. Anderntags großer Tauschhandel. Lea ist begeistert, denn sie bekommt von Annemarie einen Windstopper, den sie seit Jahren im Doppel hat. Es ist ihre erste Jacke. Meistens friert sie. „Merci Madame, Merci“.

chete einen Zuckerrohrstengel ab, und zeigt uns, wie wir diesen süssen Saft kosten können. In ihrem letzten Garten kommen wir noch zu unseren Koch- und Süssbana-nen sowie zu grüner Papaya, die wie Zucchetti-Gemüse zubereitet werden kann. Sie will für uns fast den ganzen Garten plündern. Doch wer soll das alles essen? Wir müssen sie bremsen. Unterwegs im Dschungel findet sie für uns noch Kokosnüsse in verschiedenen Reifestadien. Uff, jetzt wird das Tragen all dieser Frischware bald zur Last. Doch gemeinsam schaffen wir den Weg zurück zu unseren Schiffen.
Die Tauschwaren der Yachties sind für die Einheimischen kostbare Güter, oft nicht erhältlich in ihren Läden, auch nicht in den grösseren Ortschaften. Schnell spricht es sich in Lea’s Nachbarschaft rum, und unsere Spaziergänge mit Tauschware werden länger und länger. Auch kommen vereinzelt Männer mit ihren Kindern in ihren selbst hergestellten Kanus am Schiff vorbei um Ware zu tauschen. Bei diesen Gelegenheiten erfahren wir viel über ihre Traditionen und bekommen zwischendurch Gelegenheit, aktiv an ihrem Alltag teilzunehmen. So dürfen wir z.B. auch lernen, traditionelle Teller und Taschen aus Kokoswedel zu flechten. Ungern verlassen wir diese Insel.

Die 3-tägige Weiterreise nach Neukaledonien, zusammen mit zwei anderen CH-Schiffen und einem Australischen, verläuft anfänglich gut und entspannt. Für die letzten 150 Seemeilen vor Neukaledonien dreht der Wind unerwartet und kommt uns als Starkwind entgegen. Der Kampf gegen Wind und Strömung wird zur Qual und kostet uns eine zusätzliche Übernachtung auf dem offenen Wasser. Schon seit Stunden sehen wir Neukaledonien, doch es scheint, als wolle es uns einfach noch nicht haben. Kurz bevor wir es nachmittags schaffen, durch den Havannah Pass zu fahren hören wir von der SY Aparima den verzweifelten Funkspruch, dass ihre Maschine streikt. Leider können wir sie nicht schleppen, weil unsere Maschine mit 5kn durchs Wasser gegen 4kn Strom nur noch 1kn über Grund macht. Kurz vor dem Eindunkeln erreichen wir einen Ankerplatz neben dem Schweizer-Schiff „Toskuma“ und werden mit einem wunderbaren Nachtessen verwöhnt. Über Funk raten wir der SY Aparima ab, jetzt noch herein zu segeln, weil das wegen der Übermüdung (sie mussten schon tage- und nächtelang von Hand steuern, weil die Automatik unbrauchbar war) und der Riffe nachts zu gefährlich wäre. Stattdessen ermutigen wir sie, in der Nähe des Passes „beizudrehen“, zu essen und sich auszuruhen, was, wie wir später erfahren haben, gut funktionierte und die beste Lösung war. Doch wir können gar nicht gut schlafen, weil wir diese Familie mit 2 Kindern, eines davon behindert, draussen im Stich gelassen haben, anstatt bei ihnen in der Nähe zu bleiben. Wir lassen das Funkgerät die ganze Nacht eingeschaltet und noch vor Morgengrauen graut uns! Wir hören die Weiterleitung einer Notfallmeldung (Mayday-Relay), dass ein Segelschiff am Driften ist und um Hilfe gerufen hat. Von da an ist an Schlaf nicht mehr zu denken. Wir erfahren gegen Morgen, dass es sich um ein anderes Schiff in Seenot handelt und sobald wir mit Aparima wieder Funk-Kontakt bekommen, sind wir erleichtert. Mit einer seglerischen Meisterleistung durch zum Teil enge Riffpassagen schaffen sie es, gegen den Wind durch den Havannah Pass aufzukreuzen. Weil sie, wie vorausberechnet, mit der Tidenströmung segeln, können sie wegen mangelndem Ruder-druck manchmal fast nicht wenden. Kurz vor Dunkelheit schieben wir sie mit dem Dinghi in die Bucht herein zum Ankerplatz. Alle sitzen wir glücklich und erleichtert beim Nachtessen beisammen. Anderntags gelingt es Tobias, den Motorenschaden zu beheben und so können wir gemeinsam nach Noumea reisen, um bei den Behörden einzuklarieren.

In den kommenden Tagen heisst es: Schiff innen und aussen sauber putzen, schrubben, polieren. Australien ist sehr wählerisch mit ihren „Schiffstouristen“. Wohl die strengsten Vorschriften, was „Biosecurity“-Department anbelangt. Administrativer Kram muss erledigt werden und ein gutes Wetterfenster ist abzuwarten, damit wir nicht in einen schlimmen Sturm geraten. Es geht der Zyklonsaison entgegen. Jetzt nur die Nerven behalten und gute Entscheidungen treffen. Mit uns in Neukaledonien liegen viele neuseeländische und australische Schiffe,

die ebenso ihre Weiterreise organisieren. Wir befinden uns in guter Gesellschaft.
Übrigens, unter Seglern kennt man sich ausschliesslich mit Vornamen und Schiffsname, der irgendwie fast zum Familienname wird. Es kommt vor allem von der Funkerei her, weil sich die Segler über den Schiffsnamen aufrufen. In diesem Sinne bis zum nächsten Mal.
Annemarie&Bernhard Mariposa