Neukaledonien – Australien – Neuseeland

Noumea

November 2013 bis Januar 2014

 

Täglich hören wir das Winfried Funknetz. Winfried ist ein ehemaliger Wetterberater für die deutsche Militärflugsicherung und seit etlichen Jahren erstellt er für uns Segler täglich individuelle, unentgeltliche Prognosen. Wir sind alle ziemlich nervös. Die Zyklonsaison naht und noch ist kein wirklich sicheres Wetterfenster für die Strecke nach Australien in Sicht ist. Die Nerven liegen bei einigen Artgenossen blank und so starten sie trotzdem. Täglich verfolgen wir sie auf dem Funknetz, auf welchem Winfried ihnen für die folgenden Tage und die jeweilige Schiffsposition die Prognosen durch gibt. So fühlen wir mit ihnen, weil sie gegen stürmische See ankämpfen. Auf halbem Weg steigt die Wassertiefe an einer bestimmten Stelle von mehreren hundert Metern auf sehr geringe 15-30 Meter abrupt an, was dort bei schwerer See riesige Wellen aufwirft. Für Ausflüge bleibt jetzt nur noch wenig Zeit. Viel wichtiger istt eine gute Vorbereitung für unsere letzte grössere Fahrt. Dennoch verlegen wir uns zwischendurch nach Ilôt Maitre an eine Gratisboje, wo wir das glasklare Wasser mit Schildkröten, Barrakudas und etlichen uns unbekannten bunten Fischen teilen und unserem Unterwasserschiff den letzten Schliff geben können.

Dann endlich, nach drei Wochen nervenaufreibender Wartezeit, am 8.November, sieht es so aus, als ob eine Woche lang kein Tief auf der zurückzulegenden Strecke durchzieht. Das Ausharren hat sich gelohnt. Die Überfahrt wird zu einer „Schoggifahrt“ oder wie die Deutschen sagen, zu einer „Kaffeefahrt“. Beruhigend ist auch der tägliche Kontakt mit Winfried und anderen Seglern, wie unseren Freunden von der APARIMA, die gleichzeitig mit selbem Ziel starteten.

Nun können wir auch der australischen Immigration die zu erwartende Ankunftszeit und den Einklarierungs-Ort bekanntgeben.

 

Australien

In Windeseile, am 7. Tag,  erreichen wir ohne Zwischenfälle die grosse Morton-Bay und steuern MARIPOSA dem Brisbane Fluss-Delta in gekennzeichneter Fahrrinne entgegen. Mehrere Stunden segeln wir um etliche Kurven und werden von grossen Frachtschiffen überholt. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir die Einmündung in den Fluss Richtung Brisbane City. Plötzlich bilden sich innert Kürze fast pechschwarze, fette Wolken. Dann bricht ein gewaltiges Gewitter los. Wir haben Angst in diese schwarze Wand mit ihren zuckenden Blitzen hinein zu fahren. Ebenso fürchten wir einen Blitzeinschlag, der die gesamte Elektronik vernichten würde, womit wir dann ziemlich orientierungslos in diesem unbekannten Gewässer wären.

Was nun? Das australische Gesetz schreibt vor, ohne Anzuhalten direkt den Einklarierungshafen Rivergate in Brisbane anzulaufen. Trotzdem entscheiden wir uns kehrt zu machen und ankern ausserhalb der Fahrrinne auf etwa 6 Meter Wassertiefe. Per Funk orientieren wir die Customs und Immigration, die Verständnis haben und uns bitten, sobald das Gewitter vorbei ist, weiterzufahren. Erst nach 22 Uhr erreichen wir Rivergate, wo zwei Beamte von Customs und Immigration bei strömendem Regen auf uns warten und gleich unsere Leinen entgegen nehmen. Ruck-Zuck, festgemacht, dann kommen sie an Bord und nach einer Stunde entspanntem und unkompliziertem Einklarieren verabschieden sie sich von uns. Die MARIPOSA dürfen wir allerdings nicht verlassen bis auch die Bio-Security anderntags das Schiff genauestens auf ungewolltes Ungeziefer an Bord oder mitgeführte frische und unerlaubte Lebensmittel überprüft hat, aber das ist uns egal. Hauptsache, wir können endlich in unsere Kojen schlüpfen und unserer Müdigkeit freien Lauf lassen.  Zum Glück haben wir auf die Frage, ob wir verkaufen oder „cruisen“ wollen, uns für letzteres entschieden. Es existiert hierzulande ein einzigartiges Gesetz, wonach jemand, der nur schon daran denkt, die Yacht zu verkaufen, gleich mit den Import- und Mehrwertsteuern belastet wird und nicht mehr herumsegeln darf. Damit sind wir bei der Frage angekommen, warum wir unser Leben auf dem Schiff aufgeben wollen. Yachties sind in allen Ländern auf der Flucht vor der Import- und Mehrwertsteuer, weil sie ja schon beim Yachtkauf  bezahlt wurde. Die erlaubte Aufenthaltsdauer für Boot und Crew ist je nach Land sehr unterschiedlich lang, bis das Schiff importiert und somit versteuert werden muss. Alle passen gut auf, dass sie deswegen nicht zu lange in den Ländern bleiben. Wir haben unterwegs selber die Erfahrung gemacht, dass Behörden, Schiffshändler, Marinas, Ausrüster und Arbeiter alle denken, wir seien Millionäre und werden aus diesem Grund so richtig „gemolken“. Davon haben wir genug. Auch von den ständigen Reparaturen, nur weil werftseitig minderwertige Teile, die keineswegs dem harten Alltag auf hoher See und dem feuchten Tropen- Klima gewachsen sind, eingebaut wurden und immer noch werden. Ersetzt werden können sie nur zu überrissenen Preisen. Ein Schiff ist die perfekte Geld-Vernichtungsanlage. Perfekter noch als eine Schredder-Anlage, weil am Schluss für einige Yachties nichts mehr da ist. Für uns aber gibt es noch einen wesentlichen Grund, das Reisen auf diese Art abzubrechen. Der grossen Strecken müde geworden mit den langen Wachen, suchen wir eine bequemere Lebensart.

Brisbane nahe Tropical Garden

 

Nach einer Woche Fluss-Marina  Rivergate nahe der Stadt Brisbane segeln wir die 4 Stunden hinüber nach Scarborough, weil dort der Liegeplatz billiger ist, das Wasser sauberer und die Luft frischer ist als in der Nähe des Umschlaghafens im Brisbane-River. Es ist Sommer. Merklich klettert das Thermometer tagsüber auf über dreissig Grad, doch nachts sinkt die Temperatur auf angenehme 24 Grad. Entsprechend häuft sich gegen den Abend die Gewitterneigung.  Hier in Scarborough geniessen wir wunderbare und einmalige solcher Gewitterstimmungen und teilen sie auch mit unseren deutschen Freunden der SY VICTORIA, auf die wir hier per Zufall gestossen sind. Das letze Mal haben wir einander in den Tuamotus, Franz. Polynesien, getroffen. Gemeinsam fahren wir auch auf Suche nach einheimischen Tieren und Pflanzen, was zu einem besonderen Erlebnis wird.

Nach ein paar Tagen hier in der Marina, nehmen wir Kontakt auf mit einer Brokerin, die Schweizerin ist, was uns schon einmal den Vorteil einer Übersetzung des Juristen-Englisch  bringt. Wir planen mit ihr den Verkauf von MARIPOSA und denken, dass bestimmt etliche Zeit verstreicht, bis ein Käufer „anbeisst“, weil wir rundum hören,  der Schiffsmarkt sei auch hier in Australien monatlich am sinken.  Wir wollen uns mit einer Flugreise Sydney anschauen, dann nach Neuseeland fliegen, zurückkommen und noch ein wenig zu den australischen Inseln raus segeln. Es kommt jedoch ganz anders. MARIPOSA hat als gut unterhaltenes Schiff Erfolg auf dem hiesigen Markt und wird sehr schnell verkauft. Vielleicht war der Preis etwas zu tief angesetzt, vielleicht ist es auch nur Glück. Anfänglich ist uns das auch ganz recht, weil bei Annemaries obligater Krebsnachsorgeuntersuchung wieder etwas Unklares entdeckt wird, was uns in helle Aufregung versetzt. Zum Glück geben genauere Untersuchungen Entwarnung.

 

Sydney

Nach jahrelangem Leben in abgeschiedenen, dünnbesiedelten Gegenden, oft ohne Verkehr noch Elektrizität, sind wir von dieser riesigen, pulsierenden Stadt völlig überwältigt und fast etwas überfordert ob all der Technologie und des ersichtlichen Wohlstandes. Wir sind einerseits von der modernen Architektur begeistert aber andererseits ist uns gar nicht wohl, so isoliert in einem anonymen Hotelzimmer zu leben. Die gehetzten Menschen haben nur noch Zeit für oberflächlichen „small talk“. Natürlich statten wir dem weltberühmten Opera House einen Besuch ab und erfreuen uns eines klassischen Jazz-Konzerts. Da unsere Füsse durch das viele Barfuss laufen in den letzten Jahren wie bei Indianern in die Breite gewachsen sind, zwängen wir uns in die mitgebrachten Lederschuhe. Auch in den schickeren Ausgehkleidern fühlen wir uns ungewohnt unsicher.

Der alte Stadtteil von Sydney: The Rocks

 

Wieder zurück in Scarborough sind wir nun fleissig am Sortieren unseres Hab und Gutes in einem Bungalow des der Marina angeschlossenen Camping-Platzes. Wir bekommen fast „Vögel“, weil wir nicht wissen wohin mit all unseren Sachen. Was sich innert dieser paar Jahre an Ware wieder angesammelt hat, ist ja kaum zu fassen.  Wir können max. 30kg Fluggepäck plus 7kg Handgepäck pro Person mit nach Hause nehmen (bei Emirates). Im Moment ist es gut noch das Doppelte, nachdem wir alles Werkzeug und die Haushaltgegenstände auf dem Schiff gelassen haben und vieles an andere Segler oder Einheimische verschenkt haben. Wir schicken einiges nach Hause zu Freunden (20kg für ca. 200AU$ per Seefracht). Einen Teil, den wir in Australien noch brauchen, können wir hier in der Marina  zwischenlagern. Hoffentlich können wir nach unserem Neuseeland-Aufenthalt  im Februar und März dieses Jahres  auch wieder in Australien einreisen. Bei der Immigration erhält man je nach Person, die gefragt wird, eine andere Antwort. Offenbar wird auch hier das Gesetz unterschiedlich interpretiert. Die Visabestimmungen sind hier absolut kompliziert und undurchsichtig.

 

Mit einem tränenden und einem lachenden Auge haben wir vor wenigen Tagen der MARIPOSA hinterher gewinkt. Traurig und doch erleichtert verabschiedeten wir uns von ihr mit dem Wissen, dass sie in gute Hände von einem sympathischen Aussie-Paar gekommen ist, die auf dem Schiff wohnen und später auch längere Reisen damit machen wollen. Erleichtert sind wir, weil wir wissen, wie viel Energie es braucht für einen ständigen Bootsunterhalt, soll das Schiff nicht innert Kürze vergammeln.

Wir haben es nicht bereut, den Mut für eine solche Reise aufgebracht zu haben. Zu einmalig und unvergesslich sind die Erlebnisse mit den unterschiedlichsten Menschen, die wir unterwegs angetroffen haben. Zu einzigartig und kostbar die Freundschaften, die unter Mitseglern und Einheimischen geschlossen werden konnten.

Freundschaften zu Seglern, die verstehen, was es bedeutet,  Ozeane zu überqueren, gefährliche Klippen zu umschiffen, Wetternavigation zu betreiben und ein Schiff zu unterhalten. Eine Schicksals-Gemeinschaft, eine hilfsbereite Familie!

Eine Weltumseglung wäre sicher möglich gewesen. Über Asien. Doch wegen der Piraterie in Somalia und dem Roten Meer kommt diese Strecke für uns nicht in Frage. Bis Thailand wäre es noch ganz schön gewesen, aber dort ist ein Schiffsverkauf  schwierig oder fast unmöglich.  Die andere Route führte über das Kap der guten Hoffnung. Seglerisch eine grössere Herausforderung wegen dessen langen Strecken im Indik und dem erhöhten Sturm-Risiko.  Deshalb ist auch das für uns keine Alternative.  Wir hören lieber auf dem Höhepunkt unserer Reise auf. So blättern wir nun eine Seite in unserem Leben um und schreiben ein neues Kapitel.

Hier noch ein paar Zahlen für interessierte Statistikleser:

Zurückgelegte Strecke: 16856 sm (30678km).

Auf dem Schiff gelebt: 4Jahre 5Mt. Davon in Fahrt: ca. 4200 Std.

Längster Aufenthalt auf offener See: 33 Tage (Atlantik 2880sm)

Längste gesegelte Strecke auf offener See: 3078 sm (Pacific 25Tage)

Während des Segelns hatten wir nie über 35kn Wind und nie höhere Wellen als 4.5 Meter.

Längste Aufenthalte am selben Ort am Anker: Curaçao und Tahiti (je 3Mt. wegen Hurrikane-Gefahr)

Schnellst gesegelte Durchschnitts-Geschwindigkeit: 10kn (x1.82 = km/h)

Neuseeland

Die MARIPOSA fehlt uns schon ein bisschen. Was wir aber viel mehr vermissen, sind die spontanen und unkomplizierten Kontakte zu den Seglern. Zum Glück sind die noch nicht alle abgebrochen. Obwohl in einer „Villa“ des Campings von Scarborough wohnend, dürfen wir den Marina-Schlüssel immer noch haben, damit wir dort Bekannte besuchen können. Doch trotz Abschiedsschmerz von unserem Schiff – einige Sorgen sind wir los. Die Arbeitsliste bei MARIPOSA wäre wieder sehr lang geworden, hätten wir sie behalten. Wir hätten wieder viel Geld investieren müssen. Somit bleibt uns der Ärger mit unzuverlässigen Marine-Zulieferer und Handwerker erspart.
Um etwas Abstand zu gewinnen und der grossen Hitze zu entfliehen, entschliessen wir uns nach Neuseeland auf die Südinsel zu unseren Freunden (Ex-Seglern aus Namibia, getroffen in Curacao und Panama) zu fliegen.
„Guck mal – Schneeberge!“ Gebannt unser Blick auf die weissen Gipfel, die Nase fast plattgedrückt an die kleine, runde Flugzeugscheibe benehmen wir uns, als hätten wir noch nie zuvor in unserem Leben „verzuckerte“ Berggipfel gesehen. „Dorthin müssen wir hinfahren, wenn wir in Neuseeland sind!“

Überhaupt – schon aus dem Flugzeug gesehen, erinnert uns dieses Land an die Schweiz. Selbst aus dieser Höhe bemerken wir den wohl grössten Unterschied zu unserem Land – Was haben die noch Platz hier! Unglaublich grosse, unbebaute Flächen. Geringe Bevölkerungsdichte.
Herzlich und voller Freude fällt das Wiedersehen mit unseren Freunden aus, die uns am Flughafen von Queenstown abholen und uns dann in zweistündiger Fahrt zügig zu ihrem Haus nach Invercargill, ganz im Süden der Insel, bringen. Sie haben uns eingeladen und uns während Februar und März ein Zimmer zur Verfügung gestellt und grosszügiger weise gleich noch ihr Zweitauto, damit wir auf Entdeckungstouren fahren können.

Das Klima der Südinsel mit durchschnittlich 15°C ist für uns, die wir die Tropen gewohnt sind, sehr rau. Die meisten Häuser von Neuseeland sind nicht isoliert und deswegen kommen wir morgens kaum aus dem Bett. Kalte Nase und «Tau»-beschlagene Fenster! Brrr. Sie haben mit uns „Weicheiern“ erbarmen und stellen für uns ein Elektroofen ins Zimmer. So lieb! Danke. Doch ab und zu erleben wir auch sonnige Tage und dann wird es richtig heiss bei 20 Grad. Die Haut wird sofort rot gegrillt. Das Ozonloch ist gefährlich nahe und ernsthafte Hautprobleme nehmen in diesem Land ein hohes Ausmass an. Es gibt viele Kliniken, die gratis Untersuchungen der Haut anbieten. Die erste Woche strecken wir meist zu Fuss oder per Velo (auch das durften wir von ihnen benützen) die Fühler in und um Invercargill aus. Auffallend sind die wunderschön angelegten und sehr gepflegten Parkanlagen. Einheimische Pflanzen, Bäume und Sträucher sind teilweise auch in unseren Breitengraden wieder zu finden. Übrigens konnten wir keine Kiwis schütteln. Es war gerade keine Saison. Es wurde höchstens von Kiwi gesprochen (Einheimische Leute) oder von den Kiwi Vögeln, die so selten zu Gesicht zu bekommen sind. Die leben ja eher in Erdlöchern. Leider haben wir sie nur im Fernseher gesehen. Das Informationszentrum in der Stadt ist gleichzeitig ein interessantes Museum und dort leben auch noch Tuatara (keine
Echsen!) Diese Reptilien-Art lebte auf der ganzen Erde und starb mit den Dinosauriern vor ca. 65 Mio. Jahren aus, ausser in Neuseeland.

Nach den vielen Jahren in den Tropen müssen wir uns auch wieder an die Zivilisation gewöhnen. Das Leben ist viel hektischer und unpersönlicher. Die Menschen sind freundlich, aber meistens bleibt es bei „small talk“. Der rasende Strassenverkehr flösst uns Angst ein. Der Linksverkehr stellt eine zusätzliche Erschwernis dar. Das Überqueren einer Strasse erfordert immer höchste Konzentration. Stürmische Ozeane empfinden wir rückblickend weniger gefährlich. Im Stadtverkehr herrscht intolerantes Hupen, wenn einer nicht gleich losfährt. Das erinnert uns doch sehr an die Zürcher Heimat. Aber ganz toll – Gratisparkplätze sind zur Genüge vorhanden. In der ganzen Stadt und in den Dörfern ohnehin. Ja, in Erinnerung an die Schweiz fällt uns in NZ auch viel Angenehmes auf: Vielerorts wurden öffentliche Grill- und Camping-Plätze, die vom Staat unterhalten werden, gebaut. Die Leute lassen keine Abfälle liegen und zerstören fast nichts und man muss nicht dauernd alles abschliessen. In den Hotels/Motels muss nicht jeder Tee extra bezahlt werden. Im Gegenteil. Tee-Kocher, Mikrowelle und oft auch Kochherd und Geschirr – alles vorhanden!
Nun also, in der zweiten Woche fahren wir beide los und entdecken ein paar Landesteile der Südinsel. Unglaublich, wie die Landschaften sich abwechseln: Fjordland mit ihren berühmten Doubtful- und Milford-Sound. Steile Felswände bis hinunter ins Wasser. Überall schlängelt sich das geschmolzene Wasser durch die von der Eiszeit gegrabenen Furchen zwischen den Bergen hindurch.

Doubtful-Sound (Captain Cook misstraute der Einfahrt!)                                                         Milford-Sound
Unterwegs zum Milford-Sound müssen wir unser Fahrzeug mehrmals stoppen. Ein paar neuseeländische „Spezialitäten“ in Flora und Fauna halten unseren Blick gefangen.

Dann wieder fahren wir entlang von grünen Weiden mit riesigen Schaf-, Rinder- oder Reh-Herden. Solche Bereiche begleiten uns auf all unseren Reisen. Die Fleischproduktion nimmt ihre Wege bis weit ins Ausland.

Kilometerlange und hügelige Strassen führen uns durch das Inselinnere. Fast wüstenähnliche Landschaften. Berge und Hügel, als wären sie mit einem ocker- oder
olivfarbenem Flausch-Teppich überzogen worden.

Stillgelegte Goldminen an verschiedensten Orten der Insel (noch sind welche aktiv)
mit ausgebaggertem Erd- oder besser Fluss-Reich? Alles erinnert an
Mondlandschaften.

Ein paar Hundert Kilometer durch karges, dünn besiedeltes Land gefahren und wir
erreichen die Ostküste.

Das Meer, wohl auch einer der markantesten Unterschiede zur Schweiz. Wo könnten
wir in unserem Land Pinguine, Tölpel und Seelöwen an einem Meeresstrand finden?
Wo die wohl einzigartigen „Boulders“ – runde, Felsen im Durchmesser von max.
1,5m? Wo könnten wir bei uns abends am Meeresstrand spazieren und dabei
Wasservögel oder Sandstrukturen beobachten?

Der Südosten geprägt von einer wilden, aber auch lieblichen Landschaft – die Catlins. Sandig, felsige Küste mit hohen Grasbüscheln und versteinerten Baumstrünken wechselt sich ab mit blumigen oder sumpfigen Gebieten, mit Mischwäldern, wo wir unter hohen grün leuchtenden Farnbäumen durchwandern und Wasserfälle in verschiedensten Formen und Fallhöhen bestaunen können. Ja, Wandern, dazu haben wir Lust.

Unsere Freunde nehmen uns mit auf ein verlängertes Wochenende in die Mount Cook Nationalpark-Region. Mt. Cook oder AORAKI der maorische Name, der höchste Gipfel mit ca. 3700 m auf der Südinsel. Daneben Mt. Sefton, etwas weniger hoch, doch  genauso imposant. Das Wandern beschränkt sich dann eher an den Bergfüssen. Diese sind umgeben von wunderschönen türkisfarbenen Seen wie Lake Pukaki und Lake Tekapo. Scheint die Sonne, will das Leuchten und Glitzern der Seeoberfläche kein Ende nehmen. Den ersten Abend in der Berghütte verbringen wir mit einem Schneesturm. Dunkle Wolken hängen tief in den Bergen. Anderntags strahlend blau der Himmel, weiss verzuckert die Berge. Verzückt und verzaubert geniessen wir die einmalige Landschaft.

Die Zeit vergeht schnell und wir nehmen Mitte März Abschied von unseren Gastgebern. Eine Carfahrt bringt uns nach Queenstown, wo wir noch eine Woche verweilen. Der Ort ist international bekannt, als der aktivste „Rummelplatz“ für Bungee-Jumpers, für Mountain-Biker, für Speed-Boat-Fahrer, für Gleitschirmflieger, für River-Rafting, für Helikopter-Flüge, für Bergwanderer, für Felskletterer. Bestimmt noch vieles mehr. Fast alles natürlich zu stolzen Preisen. Queenstown ist überfüllt von vor allem deutlich jüngeren Touristen als wir es sind. Menschenmengen schieben sich durch die wenigen Strassen. Laut und pulsierend die Nächte down town. Wir fliehen tagsüber in die Berge und geniessen die Ruhe auf unseren Wanderungen mit prachtvollen Aussichten und frischer Luft. Zum zweiten Mal stossen wir auf unserer Neuseeland-Reise auf Noch-Segler-Freunde aus der Schweiz, die wir das letzte Mal in Bora Bora getroffen haben. Auch sie bereisen die Insel. Welch eine grosse Freude, dieses unverhoffte Wiedersehen. Auch mit ihnen verbringen wir einen gemütlichen Tag in der weiteren Umgebung von Queenstown.
Die Berglandschaft und der grosse See in dieser Gegend sind beeindruckend und bieten wirklich allerlei Freizeitmöglichkeiten. Schon bald wird die Skisaison eröffnet, denn hier, wie auch in Australien ist Herbst und der Winter naht bald.

Wonach wir auf unseren Entdeckungen vergeblich Ausschau hielten, das waren die
Maoris, die Urbevölkerung. Kein Wunder. Hier im Süden sind die meisten schon mit
weissen Menschen vermischt und die dunklerhäutigen leben so selbstverständlich
mit den Weissen zusammen, dass sie kaum auffallen. Wohl hätten wir deren
traditionellen Tänze und Gesänge hören können, aber die kamen dann in „billigen“
und gekünstelten Touristenshows daher.

Unterwegs nach Wanaka sehen wir allerlei Kunstspielereien. An den Zäunen werden Teile von Fahrrädern oder andere ausgediente Gebrauchsgegenstände montiert. Mindestens bei einem davon mussten wir umkehren für ein Foto. In der Südsee wäre so etwas nicht möglich gewesen, denn dort werden solche Stützmassnahmen gerne noch gebraucht.

Australischer Ausdruck dafür: Over Shoulder Bolder Holder

 

23. März – wir sind wieder zurück in Brisbane am Flughafen. Bekommen einen Stempel in den Pass und das heisst für uns – ein weiteres Jahr Australien ist erlaubt. Gleich am zweiten Tag unserer Rückkehr in Scarborough Camping verabschieden wir uns von unseren deutschen Segler-Freunden, die hier auch ihr Schiff verkauften und nun mit ihren beiden Jungs zurück nach Deutschland reisen. Zeit für die beiden Kinder, eine geregelte Schullaufbahn anzutreten.
Wir hingegen wollen jetzt doch noch was erleben in diesem grossen Land. Also bemühen wir uns intensiv, ein geeignetes Fahrzeug, das auch unser „zu Hause“ für
ein Jahr werden soll, zu finden. Jetzt steht es stolz vor unserer Haustür der gemieteten „Villa“ im Camping. Ein Toyota Hilux Campervan, mit Pop Top, Jg. 2009, 4×4. Und wartet, bepackt mit uns fortfahren zu können.

Australien

Von unserem Marinaplatz in Scarborough haben wir ständig zu den pyramidenförmigen Glasshouse Mountains geschaut (der höchste Berg ist um die 600 m) und uns gefragt: wie können die sich so einfach aus diesem Flachland erheben? Auf dem Weg dorthin ziehen satte schwarze Regenwolken auf und kaum auf dem Campingplatz mitten im Wald angekommen, regnet es 2 Tage lang fast ununterbrochen. Schäumende, kleine Bäche ergiessen sich in einen künstlich angelegten Teich, dessen Wasserspiegel stündlich und bedrohlich ansteigt. Hoffentlich hält der rundum aufgeschüttete Damm. Unsere geplante Bergwanderung fällt buchstäblich ins Wasser. Zum Glück müssen wir jetzt nicht im feuchtkalten Zelt hausen, wie unsere Backpacker-Nachbarn aus Italien.

Diese Südländer leben vorübergehend hier zum weit verbreiteten und beliebten „Farming“. So bekommen sie ein Arbeits- und Urlaubs-Visum für ein ganzes Jahr. Morgens um 7 Uhr beginnt ihr eintöniger und harter Arbeitstag. Bis 5 Uhr nachmittags pflanzen sie in gebückter Haltung Erdbeersetzlinge für 20$ die Stunde. Tag für Tag. Auch bei diesem Regenwetter. Abends kommen sie mit der für Australien so typisch roten Erde verkrustet, verschmiert, mit Rücken- und Gliederschmerzen zurück. Wir fragen sie: „Warum macht ihr das?“ „Wir verdienen gutes Geld und können so unsere Reise durch Australien finanzieren. Die meisten unserer Freunde erhalten für dieselbe Tätigkeit nur 15$ die Stunde. Zudem lernen wir etwas englisch“. Die meisten dieser jungen Leute sind zwischen 19 und 25 Jahren.
Kaum hat sich die Wetterlage verbessert, fahren wir in nördlicher Richtung nach Kingaroy, wo wir wegen den Hinterbremsen, die ersetzt werden müssen, ein paar Tage länger als beabsichtigt bleiben.

Dafür wissen wir nun, dass in diesem Ort der grösste Erdnuss-Verarbeitungsbetrieb ganz Australiens sitzt. Entsprechend vielfältig werden unsere Menüs – wen wundert’s – mit gerösteten Erdnüssen angereichert.
Hier auf diesem Camping Platz lernen wir ein freundliches, älteres Aussie-Paar kennen, die sich zu den „Grey Nomads“ zählen. Gemeint sind Pensionierte, die landauf, landab mit ihren Campern unterwegs sind und dem guten Wetter entgegen fahren. Von ihren reichhaltigen Reiseerfahrungen können wir viel lernen und bekommen auch etliche Anregungen, wohin wir fahren könnten und worauf wir achten müssen. Gemeinsam beobachten wir beim Eindunkeln das all-abendliche Schauspiel, wenn hunderte Papageien mit ihrem ohrenbetäubenden Krächzen hoch oben in den Eukalyptus-Bäumen ihren eigenen Schlafplatz über unseren
Schlafplätzen suchen.

Die Bremsen sind nun erneuert, doch die Handbremse funktioniert nicht gut. Der Wagen rollt am Steilhang rückwärts. Deswegen planen wir, irgendwo in Bundaberg wieder einen Zwischenstopp einzulegen, um hoffentlich das Problem beheben lassen zu können. Eigentlich ginge diese Reparatur auf Garantie von Apollo/Talvor, eine der grössten Camper-Vermieter/Händler in Australien, bei denen wir unser Vehikel gekauft haben. Dass bis heute keine Rückerstattung des von uns bezahlten Garantiefalles erfolgt ist, freut uns natürlich weniger.
Der Bunya Mountains Nationalpark (zweitgrösster von Queensland) gefällt uns ausgesprochen gut. Wallabys (kleine Kängurus) hüpfen durch den Campingplatz und die umliegenden Wälder. Das vielfältige Gezwitscher der verschiedenen Vögel ist fantastisch.

In der nächtlichen Stille hören wir in der Ferne Dingos (wilde Hunde) heulen. Ähnlich dem Heulen der Wölfe. Tagsüber streifen wir durch die Misch-Wälder und sammeln Bunya Nüsse, die Früchte der Bunya Pinienbäume (kopfgrosse Tannzapfen aus denen die Kerne fallen), die wir abends auf dem Grill rösten und uns damit eine genussvolle Gaumenfreude bereiten. Diese Nüsse sind vergleichbar in Nährwert und Konsistenz wie unsere Maroni. Vor hunderten von Jahren haben sich Aborigines-Stämme Jahr für Jahr im April in dieser bergigen Gegend (ca. 1100 m) getroffen, gemeinsam diese Nüsse für Vorräte gesammelt, Feste gefeiert, sich Geschichten erzählt, bevor sie sich dann wieder auf den langen Marsch in tiefer gelegene, wärmere Gegenden aufgemacht haben.

Wir harren ca. 6 Nächte bei fast eisiger Kälte (5°C im Auto) zusammen mit einem Nachbar-Camperpaar aus. Es kann ja nicht schaden, frühzeitig auf Schweizer Winterwetter zu trainieren!
Die Weiter-Reise führt uns in ein Scouts Camp (Pfadi) von Cooroy. Versteckt, mitten im dichten Wald und idyllisch an einem kleinen See gelegen, finden wir dank GPS diese grüne Oase. Auf einem Spaziergang in einen Botanischen Garten stehen wir plötzlich direkt 2 m neben einer in der wärmenden Herbst-Sonne sich räkelnden schwarzen Schlange mit rotem Bauch. Jetzt nur die Ruhe bewahren! Trotzdem. Der Puls schnellt merklich in die Höhe, wissen wir inzwischen, dass es sich um eine der giftigsten Art handelt. Doch das Tier verkriecht sich dann gutmütig und langsam ins Gebüsch, nicht ohne von Bernhard vorher noch fotografisch festgehalten zu werden.

Australien hat es in sich mit gefährlichen Gift – und Raubtieren und so langsam begreifen wir, dass wir hier anderen Gefahren als auf hoher See ausgesetzt sind.
Kühl der schon dunkle aber noch frühe Abend, heiss die frisch gekochte Gemüsesuppe sitzen wir gemeinsam mit anderen Campern verschiedener Nationen beisammen. Erlebnisse und Erfahrungen werden gerne ausgetauscht und gute Tipps für die Weiterreise weitergereicht.
Just zu Annemarie‘s rundem Geburtstag beginnt das landesweit bekannte Food and Wine Festival an dem sich Spitzen- und Star-Köche mit ihren kulinarischen Künsten messen. Ein idealer Rahmen, um das Wiegenfest zu feiern. Nicht alle Reisenden kommen aber des guten Essens und Weines wegen nach Noosa Heads. Besonders viele junge Touristen zieht es zu dieser „Schicki-Miki Town“ mit dem riesigen Badestrand, wo viel umschwärmte Wellenreiter sich ein Stelldichein geben.

Uns zieht es natürlich auch in diese Gegend, aber besonders wegen dem weltbekannten Great Barrier Reef, das sich schon fast in greifbarer Nähe befindet.
Zudem ist es temperaturmässig auch Zeit, nördlich zu reisen. Im Süden wird es jetzt im Juni kalt. Es herrscht dort tiefer Winter. Hier im Norden ist die Zyklon-Saison zu Ende und viele Menschen erfreuen sich der angenehm warmen Temperaturen.

In Bundaberg angekommen, lassen wir also noch unsere Handbremse prüfen und irgendwann kommt uns in den Sinn, dass wir eigentlich schon längst die Papiere vom Strassenverkehrsamt für die Überschreibung des Wagens vom Händler auf unseren Namen hätten erhalten sollen. Da wir diesen Wagen ja nicht nur kauften, sondern irgendwann im Januar 2015 auch wieder verkaufen wollen, müssen wir nun genau wissen, wo denn die Papiere stecken. Ein Einheimischer bringt uns gleich zum Strassenverkehrsamt und wird Zeuge, dass dieser Camper nie auf unseren Namen umgeschrieben wurde. Er lautet noch immer auf Apollo. Auch die Strassenzulassung ist nur noch bis Oktober dieses Jahres gültig, obwohl wir für ein ganzes Jahr bezahlt haben. Nun aber nichts wie los zur Kontaktaufnahme mit dem Händler. Nach Abklärung gibt der Chef uns Bescheid, dass irgendjemand die Arbeit nicht richtig gemacht hat und verspricht, dass wir schnellstmöglich wieder von ihnen kontaktiert werden, wie es weiter gehen soll. Im Nachhinein müssen komplizierte Schritte unternommen werden, die so viel einfacher gewesen wären, als wir den Camper frisch kauften. Jetzt „bockt“ das Strassenverkehrsamt und will noch mehr Papierkram von uns erledigt haben. Konkret will das Amt einen Nachweis für einen Garagenplatz haben. Vermutlich weil unser Auto-Händler eine ungenaue Adresse angab. Die Papiere haben wir nachgereicht und wir hoffen nun, dass der Camper endlich überschrieben werden kann. Keine angenehme Erfahrung. An einige Behörden- und Business-Leute können wir wirklich nicht viel Komplimente machen. Schade, denn die meisten Australier sind extrem hilfsbereit, entspannt und unkompliziert. Wir fühlen uns unter ihnen sehr wohl. Viele Schweizer könnten da noch lernen, mit etwas mehr Spontaneität aufeinander zuzugehen.
Trotz dieser ungeregelten Angelegenheit reisen wir weiter nordwärts. Im Zickzack. Mal Küste, mal Inland. Die Tierwelt in diesem riesigen Land ist überwältigend, manchmal überraschend, vielfältig und uns zum Teil völlig neu. So auf Fraser Island. Wilde Dingo-Hunde nähern sich uns am Strand. Jetzt bekommt das früher gehörte nächtliche Heulen dieser Tiere auch noch ein Gesicht. Echt toll. Doch auch hier werden wir gewarnt, dass sie sehr aggressiv gegenüber Menschen sein können, vor allem wenn sie, trotz Bussenandrohung von 40000$, gefüttert werden. Genauer gesagt; an Futter gewöhnte Wild-Tiere werden aggressiv, wenn sie beim Betteln kein Futter bekommen. Sie sind heute aber in guter Laune!

Man darf mit dem eigenen Auto (4 Rad Antrieb) herumfahren, aber einfach ist es nicht im Sand. Am Strand geht’s am besten bei Ebbe. Es gibt viele Autounfälle auf dieser Insel.

Nicht genug der Überraschungen. Kürzlich auf einem Waldspaziergang stehen wir in einer Wolke frisch geschlüpfter Schmetterlinge. MARIPOSA (auf Spanisch Schmetterling, unser Schiffsname) lässt grüssen. Tausende dieser blau-braun getupften Tiere schweben laut- und schwerelos zwischen den Bäumen hindurch und rasten mal kurz hier auf einem Blütenstengel, mal dort auf einem gedörrten Zweig oder sie setzen sich in Gruppen gut getarnt mit geschlossenen Flügeln auf Gestrüpp ab. Auch andere Wanderer bleiben staunend stehen und wir alle lassen uns gerne auf dieses wohl seltene Schauspiel ein.
Weiter nordwärts gefahren, schälen wir uns halb schlaftrunken aus unseren kuschel-warmen Schlafsäcken und beobachten bei Sonnenaufgang die hüpfenden Kängurus und Wallabys, die bei Ebbe am Strand offensichtlich etwas Leckeres zum Fressen finden. Manchmal bieten die Camping-Plätze auch Nischen für allerlei uns unbekannten Tiere.

Mit enormem Tempo hüpfen Kängurus und Wallabies über den Strand. Es scheint als wären Oberschenkel normal jedoch Unterschenkel und Füsse ungeheuer lang

Pioneer Valley

Wir fahren nun wieder von der Küste nordwestwärts durch das Pioneer Valley. Schon von weitem dringt uns ein süsslich gärender Geruch in die Nase. Die Erntezeit beginnt. Die Rohrzucker-Mühle arbeitet auf Hochtouren. Wie ein grüner Teppich überziehen die blühenden Rohrzuckerfelder das ganze Tal. Auf Schienen bewegen sich die gefüllten Waggons durch die Plantagen und werden zur Mühle gefahren, dort wird das Zuckerrohr geschreddert, gepresst zu Zucker und Süsswaren oder Rum verarbeitet. Entsprechend „süss“ hat der Fotograf auch das Bild der eigentlich sehr trist-grauen Zuckerfabrik gestaltet.

Zuhinterst im Tal windet sich unser Camper die steile Bergstrasse empor bis zum Eungella Nationalpark. Da wartet wieder ein weiteres, tierisches Neuland auf uns. Der Platypus – ein Otter ähnliches Tier mit Schnabel. Ca. 40-50 cm. Ein Aussie-Paar nimmt uns abends mit an den Broken River, wo wir uns in Geduld üben und entsprechend belohnt werden. Endlich, kurz vor dem Eindunkeln. Mal hier, mal dort taucht er so alle 2 Minuten zum Luft holen aus dem Wasser auf, wedelt ein paar Mal mit seinem Schwanz, schwimmt wenige Meter, bis er wieder abtaucht. Die Wartezeit, bis er sich wieder zeigt, überbrücken kleine Süsswasser-Schildkröten, die auf Futtersuche sind.

Die Aussicht von da oben über das Tal ist einfach dramatisch und wunderschön. Wir sind so richtig in Ferienstimmung;-) Diese Gegend ist auch sehr berühmt, weil sie eines der grössten, zusammenhängenden Stücke von Tropischem Regenwald aufweist. Entsprechend dicht ist auch sein Blätterdach. Wir atmen die feucht-modrigen und erdigen Gerüche dieses Waldes tief ein.

Diese Ameisen kleben mit dem Stoff, den sie im Hinterteil haben, ihre Kugel förmigen Nester aus Blättern zusammen. Aborigines haben früher diese sauer schmeckenden Hinterteile gegessen oder auch ganze Nester gekocht und die Brühe als Medizin getrunken.

 

Airlie Beach. Nun sind wir auf der Höhe der hochgepriesenen Whitsunday Islands des Great Barrier Reefs. Wir sehen von einem teuren 2tägigen Segeltörn mit 20 anderen Passagieren in die Inselwelt ab und investieren lieber unser Geld in einen Flug über die Inseln und Riffwelt mit dem weltberühmten Heart Reef. Das Flugwetter präsentiert sich ideal und entsprechend begeistert uns diese einmalige Vogelperspektive. Welch ein Kontrast zu der Sicht die wir die letzten Jahre hatten, wenn wir uns mit dem Schiff der Inselwelt näherten!

Wunderschöne Aussichten erwarten Wanderer aber auch oberhalb in den Hügeln und Bergen von Airlie Beach. So begeben wir uns eines frischen Morgens bei Strahlewetter auf eine Tagestour. Bergaufwärts schnaufend – ein markerschütternder Schrei durch den Tropenwald etwas oberhalb von uns! Unsere Schritte beschleunigend, sehen wir bald eine in unserem Alter auf dem Boden liegende Frau mit schmerzverzerrtem Gesicht und völlig verdrehtem Sprunggelenk (und Flipp-Flopp an den Füssen). Ihr Mann steht barfuss ziemlich hilflos neben ihr. Wir leisten mit den mitgeführten Erste-Hilfemitteln etwas Beistand. Bernhard legt wie ein Profi ein Verband um das Gelenk, was angesichts der starken Schmerzen, die diese Frau erleiden muss, gar nicht einfach ist. Die leiseste Berührung lässt die Gestürzte fast aufschreien. Zu dritt versuchen wir die Verunfallte weiter den rutschigen und sich schlängelnden Bergpfad runterzutragen. Nach 100 m mit 2 Pausen ist bei allen die Luft draussen. Die Frau ist einfach zu schwer und zudem wird ihr immer schwindliger und sie will nur noch sitzen oder liegen. Also bietet Annemarie, ihr eines ihrer Beine als Rückenlehne und den Arm als Kopfkissen, während ihr Mann ca. 300 m weiter unten endlich Handy-Empfang bekommt und die Ambulanz anrufen kann. Bernhard macht Wegsicherung mit den Touristen. Glücklicherweise kommen dann drei Samariter und nach einer Stunde kann die Frau auf einer Notliege bis zu einer langen Steiltreppe getragen werden, wo sie in einen Raupenfahrzeug-Stuhl „umparkiert „ wird. Nur so können die ca. 150 steilen Treppenstufen hinunter bewältigt werden, wo das Ambulanzfahrzeugt abgestellt ist. Diese beiden Touristen aus Melbourne tun uns schrecklich leid und noch lange begleiten sie unsere Gedanken. Jetzt aber wird unsere Hilfe nicht mehr benötigt und so kehren wir dann auf den Pfad der begonnenen Bergwanderung zurück und können nach gut zwei Stunden Aufstieg eine wunderbare Panorama-Sicht über Airlie Beach, die Whitsundays und Umgebung geniessen.

Auf dem Abstieg bekommen wir von Einheimischen den Ausflugstipp, im nächsten Ort eine Crocodile-Safari zu buchen.

Dazu werden wir anderntags von einem Touristen-Bus abgeholt. Glücklicherweise. Den versteckten Ort mitten im Bush am Proserpine-River hätten wir nie und nimmer gefunden. Leider brauchen die „Crocs“ eine gewisse Temperatur damit sie sich an Land aufwärmen. Doch dieser Morgen war den meisten zu kalt und so hielten sich diese Tiere lieber im wärmeren trüben, schlammigen Fluss unter der Wasseroberfläche auf. Glücklicherweise zeigen sich dann doch noch ein paar unerschrockene „Salties“, wie die Salzwasserkrokodile genannt werden, am Ufer. Gut getarnt in Schlammfarbe sind sie auf ca. 100 m Distanz kaum zu erkennen. Unser Führer jedoch kann schwimmende Baumstrünke, Äste und blätterlose Zweige gut von den Tieren unterscheiden und macht uns mal da, mal dort aufmerksam, wohin wir unseren Blick wenden sollen.

Papa Croc weilt nicht fern von Frau und Kinder

Verköstigt werden wir ein paar Stunden später mit einheimischen Spezialitäten – keine Krokodilschwänze (die haben wir woanders probiert – wirklich). Zum Nachmittags-Tee haben die Farmer uns extra noch einen „Damper“ (in einem Kessel über dem Feuer gebackenes Rosinenbrot) mit Tee serviert. Tief beeindruckt sind wir von Australiens vielfältiger und besonderen Flora und Fauna.

Schätzen gelernt haben wir hier die tollen Camping-Einrichtungen. Fast überall voll eingerichtete Camp-Küchen, blitzsaubere WC/Duschanlagen – übrigens häufig auch die öffentlichen Toiletten. Für uns kaum zu glauben – ab ca. 21 Uhr herrscht absolute Ruhe auf den Campingplätzen! Bemerkenswert auch die unzähligen öffentlichen Parkanlagen mit Tischen und Gas-Grillstellen, die allen Leuten gratis zur Verfügung stehen. Ebenso ein paar sehr anregende Spielplätze für Kinder jeden Alters. Auch die Touristen-Informationsstellen imponieren mit kompetentem Personal und Gratisbroschüren und Camping-Guides inkl. Strassenkarten. Alles gratis. Welch sinnvolle Investition der Steuergelder! Wild Campieren ist vielerorts erlaubt. Es gibt hier in diesem Land ja genug Platz. Die Weiten dieses Landes sind wirklich eindrucksvoll. Die von uns bisher zurückgelegte Strecke hätte uns in Europa durch verschiedene Länder gebracht, während wir hier in einem einzigen Land Reisende bleiben. Abgesehen von Grossstädten herrscht noch keine Überbevölkerung wie in der Schweiz. Ein Dorf hier in Australien mit vielleicht 500 Einwohnern wird Town genannt. In manchen Teilen dieses Landes sind die Einheimischen sogar überaus glücklich, wenn sie wieder auf jemanden treffen und suchen gerne das Gespräch. Hingegen grüssen auffallend viele sehr junge europäische Touristen nicht mehr. Darüber wundern sich viele Aussies. Wir wundern uns auch! Genau wie beim Seglerleben knüpfen wir nur dort, wo wir etwas länger bleiben Kontakte und umso schwerer fallen die Abschiede. Die Beziehungen gehen zwar nicht so tief und halten weniger lang.

Ob in Cairns, wenn wir das nächste Mal beim Strassenverkehrsamt nachfragen, unsere Wagen-Papiere nun in Ordnung sind? Wir haben deswegen bis zum heutigen Tag Apollo schon bald ein Dutzend Mail geschrieben um den Stein am Rollen zu halten. Oft haben wir nicht einmal eine Antwort bekommen. Wie heisst es doch so schön: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“.

Cairns Juli 2014

Das war knapp! Gerade rechtzeitig erreichen wir die Stadt im Tropengürtel, um die „Indigenous Fair Cairns“ zu besuchen. Nur durch Zufall und durch fragen haben wir in einem Cultural Center of Aboriginal Art von diesem Anlass erfahren. Die weisse Aussie Bevölkerung scheint sich für so etwas nur wenig zu interessieren. Schade, leben sie doch im Land der Aborigines. Schon lange haben wir uns gewundert, ob sich die traditionellen Tänze, Gesänge und Kunsthandwerke der Aborigines von denen der Urbevölkerung in den pazifischen Inseln unterscheiden. Während 3 Tagen stellt hier ein kleiner Teil verschiedener Stämme aus dem Northern Queensland kulturelle Aspekte vor. Didgeridoo-Klänge zum Auftakt. Tatsächlich besteht das Publikum fast nur aus dunkelhäutigen Menschen.

Die Tänze und Kostüme sind sehr einfach gehalten, die Gesänge eher wenig melodiös und monoton im Vergleich zu den kraftvollen Singstimmen der „Südseeaner“, dennoch sind wir fasziniert, wie jedes Volk seine eigene Ausdrucksweise besitzt.

Die liebevoll ausgestellten Kunsthandwerke sind eine Augenweide für Interessierte – Geflochtene Körbe und Tiere, Schnitzereien, Didgeridoos in versch. Formen und mit traditionellen Mustern verziert, aparte Bilder, hervorstechend mit typischen Techniken der Urbevölkerung und wunderbar bedruckte Stoffe in „erdigen“ Farben. Nun aber beginnt eine „Arbeitswoche“. Wir laufen ca. 10 km kreuz und quer durch die Stadt auf der Suche nach passenden Auto-Reifen und Innenfarbe für unser Fahrzeug. Aber vorher müssen wir  unbedingt wissen, ob die Wagenpapiere doch noch auf Bernhards Name umgeschrieben worden sind. Dumm gelaufen! Müde gelaufen! Auf dem Strassenverkehrsamt bekommen wir keine Antwort, denn ohne Pass zur Identifikation gibt’s nix! Alles Insistieren hilft nicht. Also, am nächsten Tag nochmals hin. Wieder stehen wir am Schalter mit Pass. „Ja! Alles um registriert auf Bernhard Etter“, im amtlichen Ton, so dieselbe Dame von gestern. Wir könnten sie umarmen. Oh, das wird gefeiert!

Die Tage vergehen hier in dieser überschaubaren Stadt an der bevölkerten und touristischen Ostküste wie im Flug. Zahnarzttermin, Ausflüge, Reifenwechsel, Administratives erledigen, Wagen putzen und ein paar „Chuchichäschtli“-Türen neu in hellen Farbtönen streichen, Grosseinkauf und schon sind wir wieder unterwegs. Wir fahren noch ein Stück nördlicher der Küste entlang und bevor wir nach Darwin, Northern Territory, abdrehen, machen wir so manch überraschende Entdeckung.

Cassowary (Vogel Strauss ähnlich) – vor dem Aussterben bedroht

Ganz unterschiedliche Straßen werden nun befahren. Ein schmaler Streifen Teer, links und rechts davon roter Sand oder Kies muss genügen. Dann wieder nur „dirt road“ – Naturstrasse, ausgefressen zu einem „Waschbrett“ mit Schlaglöchern versehen, so dass uns die Küchentürchen aus den Angeln gerissen werden, zur Erholung dann breite, neu geteerte Strassen. Interessant, die Behausungen der Strassenarbeiter. Oft sind sie mit ihren Campern auf Campingplätze anzutreffen und je nach Streckenabschnitt ziehen sie wieder ein Stück weiter. Ein weiter Weg bis Darwin liegt vor uns. Dürre liegt über dem Land. Savanne wechselt sich ab mit Steppe. Steppe mit Savanne. Buschland, so endlos und unglaublich weit bis zum Horizont. Das Auge wird durch nichts gebremst. „Flat open wide!“ Keine Behausung weit und breit. Über  tunden ändert sich nichts. Die einzig markante Veränderung ist der Dieselverbrauch und die zurückgelegten Kilometer. Auf der Strasse oder am Strassenrand liegen viele überfahrene Kängurus, Wallabies (kleine Kängurus) und ab und zu aufgedunsene Rinder. Für Raben und Raubvögel ein Festessen. Das wollen sie sich nicht entgehen lassen und so geben sie erst im allerletzen Moment ihre Beute frei. Die überfahrenen Tiere finden vorallem nachts beim Überqueren der Strasse ihren Tod, geblendet durch den Auto- und Lastwagenverkehr. Grund für uns, nie bei Dämmerung oder nachts zu fahren. Die Distanzen hier sind enorm. Ein Aussie legt ohne Probleme 500-600km am Tag zurück um Freunde bei einem feinen Nachtessen auswärts zu treffen. Auch Kurzzeittouristen fegen über Stunden durch die Strassen. Der Verkehr meist spärlich, es sei denn, es gibt Kupfer- oder andere Minen in der Umgebung, wo tonnenweise dieser natürlichen Güter abtransportiert werden. Dann nämlich brausen einem „Road Trains“ von meistens 50 m Länge (Lastwagen plus 3 Anhänger) mit 100 km/h entgegen. Geht’s um eine engere Kurve, „schwänzelt“ der hinterste Anhänger und geratet schnell mal auf deine Fahrspur. Kommen sie von hinten und du wirst von solch einem Ungetüm überholt, hörst du nur ein lautes näher kommendes Brummen, spürst einen starken seitlichen Luftdruck auf dein Fahrzeug, die Fensterscheiben scheppern – und weg sind sie. Das braucht manchmal starke Nerven zum Fahren, denn die Road Trains haben immer Vortritt und weichen keinen Zentimeter von der Fahrspur auch wenn du dabei im „gravel“ (im Kies) neben der Teerspur landest. Oft geht es steil einen Graben neben dem Kiesstreifen runter. Der dient zur Wasserentlastung während der Regenzeit zwischen Dezember und März. Sympathisch im Strassenverkehr, je westlicher wir fahren und je spärlicher der Verkehr wird (manchmal kommt uns nur alle 10-15 Min. ein Fahrzeug entgegen und da fährt sogar Annemarie), dann nämlich winken sich die Verkehrsteilnehmer freundlich zu.

Unterwegs finden wir im Buschland erstaunlich versteckte Campingplätze. Wallabies hüpfen zwischen den Campierenden hin und her und wenige lassen sich sogar streicheln. Doch manchmal erhalten wir auch frechen Besuch. Wunderschöne Honeyeater-Vögel lauern über unserem Camper in den Bäumen. Schwupp. Einer hat gut aufgepasst. Im Flug verschwindet das Frühstücksbrot aus Bernhards Hand. Ein anderer Vogel hockt auf der Markise und wartet auf seine Chance.

Nach diesem amüsanten Frühstück machen wir uns vom Campingplatz zu Fuss auf den Trampelpfad. Der führt uns direkt an eine verborgene warme Quelle, gesäumt von „paper bark trees“, Palmen und Schilf. Verführerisch, glasklar und türkisfarben das Wasser. Diese Einladung zum Schwimmen lassen wir uns nicht entgehen. Wie eine Oase mitten in der Wüste, so kommt uns dieser ruhige, idyllische Ort vor.

Der Schönheit nicht genug. Abends, nach Sonnenuntergang, steht der Busch im Gewand der Flammenfarben, während Hunderte grosse Fledermäuse beim Eindunkeln aktiv werden und auf Futtersuche fliegen. Schon um 21.00 Uhr ist es in den meisten Campingplätzen Mäuschen still und die funkelnden Sterne über uns strahlen Ruhe und Geborgenheit aus.

In Darwin

besuchen wir Freunde, lassen uns per Ausflugsboot zu den nördlich der Stadt gelegenen Tiwi Islands(nördlichster Punkt unserer Aussie-Reise) bringen, wo wir einmal mehr Gelegenheit bekommen, anderen Aborigines Stämme beim Erstellen ihrer Kunsthandwerke über die Schultern zu gucken. Da ist Gregory, der eine ca. 10 Meter lange und 2.50 Meter breite Stoffbahn mit traditionellem Muster seiner Region bedrucken will. „Dürfen wir zuschauen?“ fragen wir ihn. „Aber ja, gerne“. Wir warten gespannt, wie er das bewerkstelligt. Nachdem er sich eine Farbe gemixt hat, legt er eine 2 Meter lange von Hand hergestellte Schablone auf den Anfang der Stoffbahn. Nun giesst er einen Teil der Farbe über die Mitte der Schablone. Jetzt wird’s spannend. Wie will er denn allein die ganze Stoffbreite auf einer Länge von 10 Metern einfärben ohne dass ihm die Farbe zu früh eintrocknet, weil er immer um den langen Tisch herum rennen muss? Allein? Nein, das schafft er tatsächlich nicht. Er braucht auf der anderen Seite des Tisches sein Kollege, der den von ihm zur Mitte geschobenen Holzbalken übernimmt. Hin und her wird geschoben, bis die Farbe regelmässig in den Stoff eingedrungen ist. Ein wahres Kunstwerk ist entstanden.

Obwohl mehrfach von weissen Australiern gewarnt, sich vor den Aborigines in Acht  zu nehmen, weil sie betteln oder besoffen herumliegen, machen wir nur wenig dieser unangenehmen Erfahrungen. Die meisten, mit denen wir bisher in Kontakt gekommen sind, verhalten sich zurückhaltend aber freundlich.

 

Trotz der für uns grossen Hitze von 35+ Grad, lassen wir die mehrfach geschichteten Sandsteinfelsen im Northern Territory auf uns einwirken.

Stausee von Northern Territory ausgewiesen wird, entstanden. Kurz nach 6 Uhr marschieren wir in der kühlen Morgenluft los, denn schon um 8.30 Uhr wird das Wandern zur Qual. Die Felsen speichern schnell die Hitze und geben sie grosszügig an die Wanderer ab.

Im aufgeheizten Kakadu-National Park studieren wir eingehend Felszeichnungen der Aborigines-Generationen.

Etwas später finden wir zum Glück bald einen schattigen Vogelbeobachtungs-Unterstand. Da können wir uns wieder etwas erholen und das Auge richtet sich auf eine völlig andere Landschaft.

Auf unserem Weg von Nordaustralien an die Westküste fliehen wir von den immer höher ansteigenden Temperaturen indem wir in so manch „verzauberte“ steile Schlucht mit ihren verschlungenen Pfaden, erfrischenden Wasserfällen und natürlichen „Schwimmbecken“ hinuntersteigen und erst wieder am späten Nachmittag hochklettern, wenn es kühler wird.

Organisierte Bootsfahrten auf Flüssen, die sich ihren Weg durch schroffe Felslandschaften gefressen haben, sorgen für Abwechslung und wohltuende Abkühlung. Obwohl auch immer wieder in Küstennähe, wollen wir uns nicht im Meer erfrischen. Die nördliche Meeres- und Fluss-Region von Australien beherbergt so manches Salz- und  Süsswasserkrokodil. Diese Tiere zählen nicht wirklich zu unseren Kuscheltieren und lieber betrachten wir sie auf Flussfahrten oder in Krokodilfarmen.

Doch nun, Mitte Oktober geht das Land so langsam dem zyklonträchtigen Sommer entgegen und es wird stetig heisser. Das Barometer erreicht schon fast die 40 Grad und das Atmen wird bald zur Anstrengung. Die züngelnden Flammen der gewollten und ungewollten Buschbrände hinterlassen verbrannte Erde und Rauch geschwängerte Luft. Es „regnet“ schwarze Ascheflocken hunderte Kilometer weiter entfernt von diesen Bränden. All das erleichtert das Atmen auch nicht gerade.

Die durstigen Fliegen fressen uns beinahe. Sie hocken erbarmungslos in die Augen, krabbeln ohne Scheu in alle Gesichtsöffnungen. Genervt fuchteln wir mit unseren Armen, verteilen Rundumschläge mit unseren T-Shirts bis wir endlich das schützende Netz vor das Gesicht ziehen. Kaum dunkelt es abends ein, werden die Fliegen lahm und dafür die Stechmücken aktiv.

Wir müssen dringend diese rote oder schwarze Erde verlassen.

Schade. Denn das Land ist mit tausenden von Termitenstöcken durchsetzt, die faszinierende Baukunstwerke darstellen, ein jedes für sich. Hier im Norden von Australien sind die höchsten Hügel zu finden. Die bis zu 7 Meter hohen rundlichen, werden von den Spinifex Termiten gebaut. Die Tiere sind 3-18 mm gross. Sie werden oft mit weissen Ameisen verwechselt. Organisiert sind sie mit einer Königin, Arbeitern und Soldaten.

Die Magnetic Termiten haben sich auf eine andere Bauweise ihres Königreiches spezialisiert. Ihre Hügel werden Faltenrock artig gebaut und können auch eine beachtliche Höhe von 3-4 Metern erreichen. Diese Bauweise verhindert starke Sonneneinstrahlung. Die ersten Siedler nutzten vereinzelt diese Bauwerke. Zermahlt, pulverisiert und mit Wasser vermischt, bauten sie Fuss-Böden für ihre Hütten. Die ersten Tennisplatzböden und auch Brotöfen wurden aus eben diesem Material gebaut.

Der Norden Australiens sorgt auch so für manche Augenweide wie die riesigen Boab (Flaschenbaum oder Lebensbaum) mit ihren bizarren Formen. Annemarie kann sich kaum satt fotografieren und der Fahrer Bernhard wird ständig wieder um einen Fahrtunterbruch gebeten.

Die Aborigines schätzen diesen Baum heute immer noch sehr. Er dient ihnen bei Dürre als grosses Wasser-Reservoir, der in Konsistenz Merengue artige Inhalt der reifen und trockenen Früchte wird zu Mehl gemahlen oder zu Speisen verarbeitet. Die harten, fein behaarten braunen Nussschalen werden mit kunstvollen
Schnitzereien verziert und an die Touristen verkauft. So läuft barfuss, typisch für die Schwarzen, frühmorgens ein Aborigine in einem Campingplatz auf uns zu. Kurz zuvor haben wir ihn beim Auflesen der Boab-Früchte beobachtet. „Wollt ihr eine geschnitzte Nuss?“ Wir verhandeln den Preis und dann macht er sich mit einem scharfen, spitzen Messer an die Arbeit. Nach einer halben Stunde halten wir sein Kunstwerk in den Händen. „Wie heisst du?“ – „Bob. Da! Ich hab den Namen eingeritzt“. Er zeigt mit seinen dunkelbraunen Fingern auf die Stelle und lacht verschmitzt. „Bob, das kann doch wirklich nicht dein echter Name sein! Hast du auch
einen in deiner Sprache?“ „Natürlich. Ich heisse JAWONDE – ausgesprochen
Dschawondie“. „Würdest du das bitte auch einritzen“. „Geht klar“. Strahlend ritzt er seinen Namen und übergibt uns die Nuss. Wir werden von ihm aufgeklärt, dass der Boab bei Regenzeit wunderschöne weisse und grosse Blüten treibt, die viel Nektar enthalten, was für die unzähligen grossen Fledermäuse ein Festmahl bedeutet.

Inzwischen haben wir den Indischen Ozean an der Westküste erreicht. Die kühle Meeresbrise sorgt für etwas mehr Wohlbefinden und ausgedehntere Spaziergänge. Unfassbar. Seit 1 Monat haben wir täglich strahlendblauer und wolkenloser Himmel. Wir müssen an das Tandem-Radler-Paar aus Deutschland (www.tandem-downunder. de) denken, die das riesige Land umrunden. Auch der einsame Velofahrer aus Österreich geht uns durch den Kopf. Und auch der dick eingepackte Motorradfahrer Pat mit seinem Hund Mat kommt uns in den Sinn. Wenn diese beiden sich zum Schlafen niederlegen, erblickt man nur Pat im „Swag“, einer Art von grossem, wasserfestem Aussen-Schlafsack mit Moskitonetz im Kopfbereich, der innen mit einem warmem zweiten Schlafsack ausgestattet ist. Unter freiem Himmel wird dann so geschlafen. Frühmorgens liegt Pat wach noch im Swag direkt neben unserem Camper. „Sag mal, wo ist denn dein Hund geblieben? Der war doch gestern noch neben deinem Motorrad angeleint.“ „Oh der, der kuschelt sich immer ganz unten an meine Füsse!“ Tatsächlich, kaum hört der Hund seinen Namen, kommt er auch schon an die frische Luft gekrochen. All diese interessanten Leute mit ihren individuellen Geschichten haben wir unterwegs auf Rastplätzen oder Campingplätzen getroffen. Die alle sind bestimmt auch froh, wenn sie die erfrischende Meeresluft einatmen können. Die Sonnenuntergänge an dieser Küste sind einmalig und spannend. Speziell auch, wenn sich wie in Broome zu dieser Abendzeit mehre Kamelkaravanen (natürlich mit Touristen beladen) dem Wassersaum entlang bewegen.

Der endlos weite Horizont am Meer lässt manchmal etwas Sehnsucht nach dem Leben auf dem Boot aufkommen. Wir fühlen auch, wie wir die Freundschaften der Seglergemeinschaft vermissen. Doch Annemarie kann sich bestens von diesen Gefühlen ablenken. Das Sammeln der Muscheln mit ihren vielfältigen Formen und Farben will kein Ende nehmen und der Platz in unserem Camper wird enger und enger.

Die zauberhaften, mit Grasbüschel bewachsenen Dünenlandschaften ziehen uns in ihren Bann und hier an der Westküste gibt es immer Möglichkeiten, inmitten dieser wilden Gegend einen luftigen Übernachtungs-Platz zu ergattern.

Für uns kaum fassbar. Seit wir im November letzten Jahres in Australien angekommen sind, schnorcheln wir hier an der Westküste das erste Mal in glasklarem Wasser des Indischen Ozeans. Doch aufgepasst! Manchmal liegen da am Ufer angespülte Quallen. Fast appetitlich wie Gelierpudding anzusehen. Wir wollen diesen „Dessert“ dann doch lieber nicht kosten.

Jetzt aber weg von Muscheln und Quallen. Wir spazieren zum nahe gelegenen Touristen-Informationszentrum und besorgen uns eine weitere vielfältig und praktisch gestaltete Gratisdokumentation über die nächsten Wegabschnitte. Diese Info-Zentren sind immer ein Besuch wert. Sehr freundliche Menschen, die hier Freiwilligenarbeit leisten, geben gerne ihre Ortskenntnisse und gute Tipps weiter und zupfen mit flinken Fingern auch die nötigen schriftlichen Unterlagen (fast alle gratis) aus dem richtigen Gestell.

Die Zeitdifferenz zu Zürich beträgt jetzt nur noch 6 Stunden. Wir sind eindeutig auf dem Heimweg.

Shark Bay

Steifer Nacken, schmerzendes Gesäß. Jetzt reicht’s! Ist ja Irrsinn, jedes Mal mehrere Hundert Kilometer zu fahren, um von einer Sehenswürdigkeit zur anderen zu gelangen und dazwischen – nur die endlose Weite Australiens. Erlebt muss man sie jedoch haben, denn sie ist für uns Schweizer aus dem kleinen Land etwas ganz Besonderes. Trotzdem. Wir ziehen die „Notbremse“ und trödeln etwas länger an einem Ort, als bisher. Das hat den sympathischen Nebeneffekt, dass wir so wieder etwas vermehrt Kontakte zu Reisenden bekommen. Hier in der Shark Bay stoßen wir auf dasselbe Fahrzeug, wie wir eins haben. Das Auffällige daran sind die Kleber an der Rückscheibe. FCB wird eingeklemmt von 2 Schweizerkreuzen. Tatsächlich geht’s nicht lange, da hören wir breiten Berner Dialekt. Wir kommen schnell ins Gespräch miteinander und vor dem Verabschieden werden wir noch mit einem Schweizerkreuz-Kleber beschenkt. Natürlich findet der gleich seinen Platz an der Heckscheibe. Bestimmt werden wir ab jetzt sehr schnell identifiziert – „Guck, da sind welche vom „Roten Kreuz“! 😉

Die Shark Bay bietet wunderschöne Aussichtspunkte in verschiedene Dünenlandschaften und Buchten. Den Hamelin Pool, eine Bucht Eingangs der Shark Bay müssen wir uns genauer anschauen. Da gibt es eine Rarität zu sehen –

Stromatoliten! Noch nie davon gehört? Wir auch nicht. Mikroorganismen, die schon zur Zeit der Dinosaurier existierten, überlebten hier unter ganz bestimmten Umweltbedingungen und bildeten einen Art dunkle „Steinteppiche“ in unterschiedlichen Grössen und in seichtem, sehr salzhaltigem Wasser. Das Besondere daran ist, dass diese Mikroorganismen nach so vielen Jahrtausenden auf dieser Erde noch vorkommen.

 

Der Rückweg zum Camping-Platz führt uns an die „Shell-Beach“, einem Muschelstrand mit einer ca. 10 Meter dicken Schicht kleinster, weisser Coquina- Muscheln.

Diese wurden über tausende von Jahren ans Ufer geschwemmt und verdichteten sich zu porösem „Stein“. Die ersten Siedler dieser Gegend nutzten dieses Material, indem sie Blöcke daraus sägten und sich ihre ersten Häuser errichteten. Wie trockener Schnee knirscht es beim Gehen unter unseren ausgelatschten Flip Flops. Wir fahren weg vom Parkplatz, aber schon bald werden wir „ausgebremst“. Ein dunkles Geschöpf in Grösse eines Kindes und mit zwei langen Beinen überschreitet weiter vorne gemächlich die Strasse und spaziert neugierig auf uns zu. Wir beobachten es gespannt. Jetzt umrundet es unseren Wagen. Will nur zu gerne ganz neugierig seinen Kopf in die Führerkabine strecken. Ein Emu mit grossen, schwarzen Knopfaugen schaut uns etwas verdutzt an und versteht nicht, warum die Fensterscheiben geschlossen bleiben. Dieses Tier scheint eindeutig auf Futtersuche zu sein.

Leider werden solche Tiere von den Touristen immer wieder gefüttert und wenn sie dann mal nichts  bekommen, können sie ganz schön aggressiv werden und ein Kick mit diesen Klauen – nein danke. Die Emus leben hier in dieser Gegend wild und zahlreich. Nicht selten spazieren sie, gefolgt von ihren Jungen, ins Camping-Gelände. Da bringen sie ihren Nachwuchs auf den Geschmack von „Junk-Food.

Gerade noch zum Ende der Wildblumen-Saison erreichen wir den Kalbarri National Park. Welch verschwenderisch duftende Blüten-Vielfalt, welch leuchtende Farben-Pracht links und rechts vom Straßenrand. Der Wagen angehalten, die Tür kaum geöffnet, springt Annemarie mit Fotoapparat ausgerüstet schnell in die für uns undefinierbar riechende Landschaft. Natürlich für uns alles unbekannte Blumen. Doch sie hinterlassen umso mehr einen bleibenden Eindruck.

Auf dem Weg weiter südlich Richtung Geraldton geht der blaue Himmel plötzlich in ein zartes Rosa über. Was ist denn das? Ach ja. Die Pink Hutt Lagoon, ein fast ausgetrockneter Salzsee. Enthält ein hohes Vorkommen an Beta-Karotin-Algen, die einen rosa Zauber durch die Salzkrustendecke entstehen lässt. Diese Farbe wird so zum Himmel reflektiert. Wo keine Algen, da blinkt und funkelt es wie Hundert-tausende von Silbersternchen aus der weissen Salzkruste. Viel länger als beabsichtigt bestaunen wir einmal mehr dieses Wunder der Natur und steigen mit triefend salzhaltigen Schuhen in die Führerkabine. Auf dem Campingplatz in Geraldton werden wir am Empfangsschalter darauf hingewiesen, dass unser Gefährt mit der „Nase“ zum Zufahrtsweg schauen muss. Dies ist hier Vorschrift wegen evtl. Zyklonen oder Bränden bei grosser anhaltender Hitze. Da müssen die Fahrzeuge schnell aus dem Camping evakuiert werden können. Also manövrieren wir den Wagen in die verlangte Richtung. Dabei merken wir im letzten Moment, dass sehr dicht hinter uns ein anderes Fahrzeug steht, das wir beinahe rammen. Schnell entschuldigen wir uns beim Fahrer. Seine Reaktion: ein breites Grinsen: „macht nüt – mer händ ja grad na chönne rächtzitig in Rückwärtsgang schalte“.

In dieser grösseren Stadt muss Bernhard zum Augenarzt und Optiker und kann sich endlich eine neue Brille bestellen. Die 10 Tage Wartezeit verbringen wir mit vielen Spaziergängen in wunderbarer Küstenlandschaft mit einer uns unbekannten Flora der überwachsenen, gewaltigen Dünen. Staunend untersuchen wir einen Teppich lauter kleiner rot-grüner Blümchen, die wie mit Kristallzucker überzogen sind.

Das Bummeln durch den sonntäglichen Frischmarkt und durch die Stände der Kunsthandwerker ist vor allem für Annemarie eine willkommene Abwechslung und natürlich muss, wie zu Hause, der Kühlschrank und vor allem die Bäuche gefüllt werden. Um diesen Körperteil aber einigermaßen flach zu halten, flanieren wir durch das überschaubare Städtchen und laufen strammen Schrittes zum Stadthügel, der liebevoll mit duftenden Blumen bepflanzt wurde. Oben überblicken wir die grosse Bucht vom Frachthafen Geraldton und sehen uns das Denkmal für die 645 Todesopfer des Kriegsschiffes HMAS Sydney II an. 1941 von einem deutschen Kriegsschiff hier vor der Küste in einen Kampf verwickelt, lässt erschauern. Beide Schiffe sanken am Ende. Während von der Australischen Besatzung niemand lebend aufgefunden wurde, überlebten vom deutschen Kriegsschiff ein kleiner Teil der Menschen. Erst 66 Jahre danach wurde das Wrack der Syney II etwas nördlich vor Geraldtons Küste aufgefunden.

Nun stehen wir also vor diesem Denkmal. Eine silberglänzende Kuppel mit 645 aus Stahl zusammengeschweißten Möwen ist von weit unten in der Stadt sichtbar. Jede Möwe soll ein ertrunkenes Besatzungs-mitglied der Sydney II darstellen. Ein paar Meter weit davon entfernt wurde aus Bronze die Statue einer Frau errichtet, die ihren besorgten

Blick weit aufs Meer hinaus richtet. Ihr Blick spricht Bände und fast körperlich verspüren wir ihre Verzweiflung. Für wen machen solche Kriege Sinn? Nach fast 2 Wochen Geraldon verabschieden wir uns etwas wehmütig von einem süddeutschen Paar, Annie & Olli, die hier in Australien leben. Mit ihnen hat sich eine Freundschaft entwickelt. Wir fahren für ein paar Tage weg in die „Kornkammer“ Australiens nur ca. 100 km östlich von Geraldton. Gelbe Stoppelfelder bis zum blauen Horizont. 360 Grad Rundumblick. Die Erntezeit ist schon fast vorüber. Noch steht der Roggen, wächst aber nur halb so hoch wie bei uns. Wir sehen den Grund in langanhaltender Trockenheit. Die Böden sind eher sandig und hart. Im kleinen Dörfchen Mullewa finden wir, wie fast überall, den Campingplatz etwas abgelegen. Dafür haben wir hier einen Wanderweg direkt ans Gelände angrenzend. Zur Zeit der

„Wildflower-Season“ muss hier ein sattes Blühen von Blumenteppichen und Büschen in verschwenderisch leuchtenden Farben stattfinden. Leider sind wir zu spät in der Jahreszeit. Für uns blühen offenbar doch noch ein paar Pflänzchen. Trotzdem genießen wir das Wandern fernab der Strassen. Unerfreulicher weise werden wir auch hier von den lästigen Fliegen verfolgt. Doch diesmal ziehen wir unsere „attraktiven“ Netzchen schneller übers Gesicht.

Der Ort wirkt auf uns wie ein Schlafdorf. Trotz überraschend vielfältiger Infrastruktur, sind kaum Menschen in den Strassen oder den Geschäften unterwegs. Touristen, vielleicht eine Handvoll. Die Dorfbevölkerung ist gemischt – vorwiegend Weiße und ein paar Aborigines-Familien leben hier. Ungefähr 800 Einwohner, die Familien in den Außen quartieren, meistens Bauernfamilien, miteinbezogen. Als die ersten Weißen sich hier im 19. Jh. niederließen, wanderten viele Familien der Urbevölkerung in den Norden aus. Mullewa ist ein Wort in der Sprache der Aborigines und heißt so viel wie Nebel oder neblig. Tatsächlich unterscheidet sich das Wetter hier von vielen Orten und fast jeden Morgen begrüßen wir den Tag in „schleierhafter“ Umgebung. Wieder zurück auf dem Campingplatz in Geraldton herrscht  egenseitig freudiges Wiedersehen mit unseren deutschen Freunden. Wir geniessen die gemeinsame Zeit und verlängern ein paar Tage. Bernhard holt seine neue Brille beim Optiker ab und ist ganz begeistert, wie klar sich ihm die Welt präsentiert.  Auch wir sind gezwungen uns heute wieder nach dem heissen Wetter zu richten und einmal an unserem nächsten Ziel in Dongara angekommen, setzen wir uns in den Schatten eines gemütlichen Strassen-Cafe´s. Fast die ganze Hauptstrasse wird von 100 jährigen Bäumen, „Moreton Bay Fig Trees“, überschattet. Ihre Äste überspannen 2 komplette Fahrspuren inklusive Gehsteige und „überdachen“ sogar die Eingänge von Restaurants, Läden und Häuser. Der hier am Meer gelegene Campingplatz hat direkten Zugang zum Irwin River und so bekommen wir wieder Gelegenheit, unsere Beine in Bewegung zu bringen. Die Ufer, teilweise einer Wildnis gleich, sind gesäumt von einem grossen Bestand an Casuarina-Bäumen. Hunderte von schwarz/weissen Kormoranen thronen in ihren Kronen. Alles was darunter ist, bleibt schnee-weiss verschissen zurück. In dieser Landschaft erleben wir unser seit Monaten erstes Gewitter. Das Wetter unstabil, geht nun eindeutig dem heissen und feuchten Sommer entgegen. Ein Stück südlicher, im Nambung Nationalpark, stehen wir mitten in einer spektakulären Karst Landschaft umgeben von wandernden Sanddünen. Der „Pinnacles Desert“. Umgeben von Tausenden bizarren Sandsteinsäulen, die aus dem gelben, wandernden Sandteppich bis zu 4 Meter in die Höhe ragen, können wir uns vor lauter Staunen kaum mehr erholen. Dramatisch bewölkt zeigt sich der Himmel und die Abendsonne spielt in dieser Landschaft einmal mehr ihre zentrale Rolle.

Den darauffolgenden Tag haben wir wieder viel zu tun mit Bilder Sichten, Archivieren und Bearbeiten. Das Bildarchiv wächst und wächst. Wer meint, uns würde die Zeit lang einmal zu Hause, müsste sich jetzt eigentlich nicht um uns sorgen. Annemarie braucht nun aber wieder einmal Wellen um sich. Diesmal finden wir die ultimative in Hyden, mitten im Getreidegürtel von Westaustralien. Ein Brecher. Fühlt
sich steinhart an und ist nicht ungefährlich. Gleich werden wir überspült! – Wave Rock!

Dieses Granitgestein soll über 2700 Millionen von Jahren durch Erosion entstanden sein. Tatsächlich ist das ein sehr emotionaler Moment, stellt man sich darunter. Dieses Gebiet birgt neben ein paar kleineren Schwesterwellen auch noch riesige Steinkugeln von ca. 3 Meter Durchmesser, die durch Wind und Wetter in der Mitte teilweise ausgehöhlt wurden. Eine davon hat den Namen „Hyppo´s Mouth“ bekommen, weil sie aussieht, als würde ein Flusspferd seinen Mund öffnen. Eindrücklich, einmalig, unvergesslich, was die Natur zu bieten hat. Tragen wir ihr Sorge, ein jeder, so gut er kann! Der Camper-Verkauf rückt  näher. Wir wollen genügend Zeit dafür haben. In einem größeren Bogen über Süd-West, West fahren wir nach Perth, wo wir wahrscheinlich die besseren Chancen haben, einen Abnehmer zu finden.

Unterwegs machen wir Halt im „Valley of the Giants“. Riesige Bäume ragen mehr als 40 Meter in die Höhe. Annemarie lässt sich diese einzigartige Aussicht in die umgebenden Baumkronen nicht entgehen. Langsam aber stetig erklimmt sie am frei schwingenden Seil die 40 Meter, wird unterwegs bei Atempausen belohnt durch eine aussergewöhnliche Sicht in die Nachbarbäume und zum Schluss mit einem Diplom.

Auch die Besichtigung der „Elefant Rocks“ an der Australischen Südwestküste wurde uns empfohlen. Schon der Name lässt uns neugierig werden. Tatsächlich finden wir eine kleine Herde im seichten Salzwasser stehen.

Busselton: ein Städtchen an der Westküste. Den Holzsteg, der 1 sm (1,82 km) weit ins Meer hinein ragt, müssen wir unbedingt besichtigen, haben wir doch eine Ahnung, wie weit eine Seemeile ist!

Jetzt aber ab nach Perth. Nicht mehr trödeln. Wir haben da ja noch einen Camper zu verkaufen. Doch einen Blick in die Stadt erlauben wir uns trotzdem.

Unerwartet schnell, aber besser zu früh als zu spät, meldet sich ein holländisches Paar, das genau dieses Vehikel suchte und es nach Cairns und somit in den Staat Queensland zurück führt, was uns extrem viel Papierkrieg erspart, weil es dort immatrikuliert ist. Somit ist eine große Last von uns genommen und wir können nun unsere verbleibenden Wochen noch als Feriengäste in Fremantle (südl. von Perth) verbringen. Anregend das Städtchen, das gefundene Studio bei einem Künstler- Paar, die Besitzer selber. Er, ein international anerkannter Kunstmaler www.iandesouzsa.com.au hat uns schon vor ein paar Tagen eingeladen, sein kleines Grüppchen im Aktzeichnen zu vergrössern. Hingegangen, ausprobiert Etwas stressig, fehlen doch Grundkenntnisse im figürlichen Zeichnen. Doch das Aktmodell war geduldig. Nur 6x in 1 ½ Stunden hat sie die Position verändert. Annemarie wird sich nun 1x die Woche bis zu unserem Abflug am 8. März dem Zeichnungsgrüppchen anschliessen. Es bleibt auch Zeit für viel Administration und Planung, die einmal mehr wieder anfällt. Gebucht sind die Flüge. Je ein 1-wöchiger Zwischenhalt in Singapur und Dubai. Am 21.3. landen wir in Zürich, wo wir gleich zu Freunden in der Stadt weiterfahren, um dort bis Ende April auf ihr Haus aufzupassen. Und dann, Anfangs Mai wird wieder umgezogen in unsere Wohnung in Mönchaltorf, die wir vor fast sechs Jahren verlassen haben. Unser Fazit von Australien: Uns haben vor allem die unverbauten Weiten, wo man sich frei bewegen und naturverbunden fühlen kann, sehr gut gefallen. Auch die zum Teil nicht ungefährliche und grossartige Tierwelt hat uns tief beindruckt und oft völlig verblüfft. Wir haben uns sehr wohl und sicher in diesem riesigen Land bewegt und gefühlt, denn die meisten Australier sind sehr freundlich, locker, interessiert und hilfsbereit. Hingegen braucht es meist ziemlich Nerven, wenn man es mit Ämtern und Händlern zu tun hat. APOLLO, einer der grössten Camper-Vermieter und auch Verkäufer können wir wirklich nicht weiter empfehlen. Unterwegs haben wir vorwiegend Mieter mit schlechten Erfahrungen getroffen. Die Fahrzeuge sind sehr teuer und schlecht gewartet. Hatten sie unterwegs Probleme, reagierte vorerst einmal gar niemand oder sie gerieten in eine telefonische, endlos lange Warteschlaufe. Dies war, wie schon früher beschrieben, auch bei uns so, nachdem wir bei APOLLO unseren Camper gekauft hatten.

Schade, dass wir mit der Urbevölkerung wenig Kontakt bekommen haben. In allen besuchten Ländern hatten wir mit Ureinwohnern keine Berührungsängste. Jene Aborigines, die wir kennenlernen durften, haben wir als warmherzig aber gegenüber Weißen sehr zurückhaltend erlebt, was uns nicht überrascht.

Sie haben sich wohl von der historischen Gewalt und der Verachtung durch die weissen Eindringlinge bis heute nicht erholt. Manche dämmern nun gebrochen und alkoholverseucht in den öffentlichen Parks dahin, was wiederum bei den Weißen zu Unverständnis und Ablehnung führt. Ein Teufelskreis. Das Klima war Bernhard zu heiss. Er freut sich wieder auf eher kühlere Gefilde, während Annemarie der Abschied von den warmen, doch manchmal auch ihr zu heissen Gegenden schwerer fällt. Doch wie alles im Leben, gibt es überall und immer beide Seiten der Medaille. Und so freuen wir uns nun auch riesig, wieder in die schöne Schweiz heimzukehren und unsere Lieben wieder einmal persönlich zu treffen. Eine einmalige Reise nimmt ein Ende, doch die Reise reist in unseren Herzen noch lange weiter!

DIE LANGE HEIMKEHR

Eigentlich hat unsere Heimreise von der Weltumrundung schon in Samoa (Süd-Pazifik) im Jahr 2013 begonnen. Das ist seit unserem Start in Mönchaltorf 2009 genau die Hälfte des Erdballs. Erst danach kommt die Datumsgrenze mit dem 180. Längengrad in Fiji, wo die West-Wegpunkte plötzlich wieder zu östlichen von Greenwich 0º werden. Mit unserem Schiff SY MARIPOSA segelten wir bis an die Ostküste von Australien. Von dort setzten wir die Reise per Camper fort mit Umwegen über Nord an die Südwestküste von Australien (siehe letzte Reiseberichte)
Ein letztes Paket wird nach Hause geschickt, denn ein definitiver Abschied von Fremantle, unserer letzten Station in „Down Under“ und liebgewonnenen Freunden naht. Tröstend ist doch, dass wahre Freundschaften auch grosse geografische Distanzen überwinden.

Fremantel

Die lange Flugstrecke in die Schweiz durchbrechen wir mit je einer Woche Singapore und Dubai. In Singapore gibt’s ein Wiedersehen zwischen Bernhard und Werner, einem ehemaligen Arbeitskollegen, der etwas später und in entgegengesetzter Richtung auf Weltreise gestartet ist. Allerdings mit einem selbst umgebauten kleinen Lastauto. Er scheut weder Flug noch Kosten und kommt zu diesem Zweck gleich mit seiner Lebenspartnerin und deren Kind von Indonesien angereist.

Singapore

Singapore, mit seinem fantastisch grosszügig gestalteten Botanischen Garten, dem vielfältigen Zoo, ein paar wirklich raffiniert angelegten Parks und einzelnen architektonisch sehr beeeindruckenden Gebäuden lädt uns zum Verweilen ein.

Dubai

Hingegen verbringen wir die Dubai-Woche eher etwas „geplagt“. Zu künstlich ist uns diese Wüstenstadt. Obschon. Auch hier stehen wir staunend vor einigen schillernden, verglasten Wolkenkratzern. Immer höher, immer noch höher. So misst das höchste Gebäude der Welt „schlichte“ 828 Meter! In Form einer Rakete zu bewundern. Seit 2012 eröffnet unter dem Namen „Burj Khalifa“.

Zürich

Endlich ist es dann soweit, dass wir bei kalt-windigem Grauwetter am 21. März in Zürich landen. Alles andere als grau fällt der herzliche Empfang in Kloten aus. Kaum richtig aus dem Flugzeug ausgestiegen, erreichen uns erste Willkommens-Grüsse per sms. Ein paar Freunde aus der Heimat begrüssen uns persönlich in der Ankunftshalle mit einem Umtrunk und wir werden wie Prominenz nach Zürich chauffiert, wo wir unseren Haus- und Katz-Hütedienst übernehmen. Die Wohnlage ist traumhaft, überblicken wir doch fast die ganze Stadt und die dahinterliegende Bergkette.

Erste Organisation für Abos des öffentlichen Verkehrs lassen uns ein wenig wie Touristen fühlen. Wie gewohnt in den letzten Jahren, fragen wir uns durch. Es hat sich inzwischen erstaunlich viel verändert. Der Verkehr ist dichter und hektischer geworden. Einzelne Stadtteile erkennen wir nicht wieder. Kein Wunder. Die Schweiz ist unterdessen um fast eine halbe Million gewachsen. Das entspricht etwa 100 mittelgroßen Dörfern!
Gefühlsmässig ist die Schweiz für uns nach so langer Abwesenheit wie eine unserer vielen Zwischenstationen geworden, in der wir uns neu orientieren müssen. Wir beobachten unsere Umgebung mit offenen Sinnen und nehmen viel intensiver Land und Leute wahr. Natürlich erfreuen wir uns speziell der noch erhalten gebliebenen Natur und aller Infrastrukturen, die gut funktionieren.
Nun sind wir wieder in unserer Wohnung in Mönchaltorf. Unseren Mietern, die mittlerweile etwas Geeignetes für sich gefunden haben, können wir ein Riesenkränzchen winden. Sie haben zu unserem Glück extrem Sorge zu unserer Wohnung getragen.
Schön, dass uns ein Grossteil der lieben Nachbarn erhalten geblieben und wir auch schon von etlichen sehr herzlich begrüsst worden sind. Wir freuen uns aber auch, dass mit den Neuzuzügern eine Verjüngung stattgefunden hat. Ein Gefühl wie „nach Hause kommen“ macht sich breit.
Unser wunderschönes Land hat sich auch Wetter mässig seit unserer Rückkehr zu unserem grossen Erstaunen von einer guten Seite gezeigt und wir geniessen den Frühling in vollen Zügen.
Unser Fazit der langen Weltreise:
Wir sind glücklich und vorallem stolz, hatten wir damals den Mut, dieses Wagnis trotz extremem Sicherheitsbedürfnis einzugehen. Die beste Entscheidung in unserem Leben! Reich bepackt an unvergesslichen Erlebnissen, jederzeit auf Wunsch abrufbar, sind wir zurückgekehrt. Zu stark geprägt von all dem Erlebten sind wir überzeugt, dass wir im Leben nicht mehr an dem Punkt anknüpfen können, als wir 2009 aus der Schweiz ausreisten.
„Wo hat es euch nun am besten gefallen?“ – eine der meistgestellten Fragen. Da, wo wir lange an einem Ort geblieben sind und dadurch Kontakte zu Einheimischen knüpfen konnten. Ihr Alltagsleben, ihre Denk- und Lebensweise hat uns interessiert.“ Die Pazifik Inseln mit ihren freundlichen und gelassenen Menschen haben es uns am meisten angetan. Aber auch die entspannten Tage auf hoher See, wenn wir einen Ozean überquerten, wecken durchaus schöne Erinnerungen. Denn nach ca. 2 Wochen hat sich nämlich eine unglaubliche Ruhe spürbar in uns breit gemacht. Eine Ruhe, wie wir sie an Land mit den zu vielen Reizquellen für die Sinne nie erlebt haben. Natürlich wurde die Ruhe manchmal durch stürmischeres Wetter durchbrochen und gestört. Es hat uns auch Spass gemacht, mit den knappen Ressourcen wie zum Beispiel Strom und Frisch-Wasser auf dem Schiff umzugehen, um möglichst lange autark zu Leben.
Nun werden wir uns ganz gemächlich neu organisieren und orientieren und ganz bestimmt wollen wir unsere vielen Geschichten und unzähligen Bilder von unterwegs auf irgendeine Weise „verwerten“.
Wohnung und Garten warten auf Umgestaltung und natürlich werden wir wieder all unsere Lieben treffen.
Obwohl wir manchmal schon ein wenig „Heimweh“ nach dem Seglerleben haben, sind wir sicher, dass bei uns kaum Langeweile aufkommt. Das Leben ist so vielfältig. Hat so viel zu bieten!

Hier noch ein paar Statistik-Zahlen für Interessierte:
Total zurückgelegte Seemeilen mit dem Schiff:                   16´856 = 30´762 km
Total zurückgelegte Kilometer mit dem Camper:                                 14´134 km
Total zurückgelegte Kilometer mit Flugzeug AU-CH ca.                      15´000 km
Retourflug nach Sidney und nach Neuseeland nicht mitgerechnet
Gesamt =                                                                                                  59´896 km
Erdumfang am Aequator =                                                                       40´075 km
Wenn auch nicht allein mit dem Schiff, so haben wir in diesen knapp 6 Jahren die Erde umrundet.
Total Diesel-Verbrauch mit dem Segel-Schiff in Liter in 4 ½ Jahren:2´060 l
Total Diesel-Verbrauch mit dem Camper in 10 Monaten:                  1´696 l
Durchschnittliche Monatsausgaben für
-Schiff (Unterhalt, Reparaturen, Diesel, Liegplätze in Marinas,
Einreisegelder, Behörden, Versicherung) ca. =                                    2´500 SFr.
-persönliche Ausgaben 2 Personen (Krankenkasse,
Steuern, Essen, Kleider, Ausflüge, Souvenirs) ca. =                             2´500 SFr.
Jetzt bleibt uns nur noch, uns bei all den über die Jahre treuen Reisebericht-Lesern herzlich zu bedanken für das Interesse. Manch motivierende und anregende Rückmeldungen sind in unsere Schreiberei eingeflossen. Selbstverständlich werden wir auch Fragen zu dieser Reise gerne beantworten.

PS: Vor kurzem bekamen wir eine Anfrage vom Schweizerischen Seeschifffahrts-Amt, ob wir den Schiffsnamen wieder freigeben können. Als wir den Namen beantragten, mussten auch wir zuerst auf Zustimmung warten, Alle Segelschiffe unter Schweizer-Flagge, die auf den Weltmeeren unterwegs sind, haben denselben Heimathafen. Nämlich Basel. Schiffsnamen dürfen pro Heimathafen nur einmal vorkommen. Unser ehemaliges Schiff segelt jedoch mit Australischer Flagge als SY Mariposa munter weiter.